Neues vom RC Bröckedde - Folge 30
Die Nadel
Das Gespräch mit dem mürrischen Kunden im Sauerland schleppte sich dahin. Freund Warrenstein, der den Verkaufsabschluss dringend brauchte, resignierte.
Nie wieder Sauerland, dachte er. Doch am nächsten Tag unternahm er einen letzten Versuch. Er hatte zufällig das andere Jackett an, das mit der Rotary-Nadel im Revers. Der Kunde erblickte die Nadel, holte strahlend die eigene aus dem Schreibtisch und Minuten später war der beste Abschluss des Quartals perfekt.
Danach hegte und pflegte Warrenstein seine Nadel, legte sich gar eine ganze Kollektion zu. Nebenbei studierte er die Nadelkultur im RC Bröckedde. Das war ein Kosmos für sich. An Freund Munzinger sah die Nadel besonders edel aus, von ihm ging die Fama, er lasse sich seine Maßanzüge immer um die Nadel herum bauen. Ehrenpräsident Papke dagegen trug die Sonderform mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten.
Freund Mühsam trug nicht nur die Nadel, sondern hatte auch in der Heckablage seines Opel neben der Klorolle und dem Wackelhund ein Rotary-Kissen platziert. Als Graf Wolkenklau-Oderbruch das sah, ließ er ein feines, kleines Rotary-Rad in die Motorhaube seines Aston Martin brennen.
Übertroffen wurden alle von Freund Wuttke, dem Rundum-Rotarier. Jeden Morgen hisste er vor dem Haus eine riesige Rotary-Flagge und grüßte sie andächtig. Dann fuhr er ins Büro, wie immer mit dem Rotary-Schirm, der Rotary-Aktentasche und dem Rotary-Füller. Zum Abendessen versammelte er die Familie rund um den Rotary-Hauswimpel.
Es gab aber auch die Fraktion der Nichtnadelträger. Chefarzt Prof. Schnarrer erzählte dazu gerne Schreckensgeschichten aus seiner Ambulanz – lauter Notfallrotarier, die sich beim Anlegen der Nadel den Daumen durchstochen hatten. Auch Dr. Krümelein, der Clubexzentriker, trug demonstrativ keine Nadel. Er meinte frei nach St. Exupéry: „Das Herz sieht es schon, dass ich Rotarier bin.“
Als Warrenstein in einem Meeting die Geschichte aus dem Sauerland erzählte, kriegte Freund Boppinger, der führende Bäcker von Bröckedde, große Ohren. Seine Schwarzwälder Torte verkaufte sich schleppend. Also stand er fortan mit der Nadel im weißen Kittel hinter der Verkaufstheke. Doch nach einem Monat schloss er sich wieder den Nichtnadelträgern an. Warrenstein gegenüber meinte er vorwurfsvoll: „Meine Schwarzwälder Torte liegt immer noch wie Blei im Regal!“
Nie wieder Sauerland, dachte er. Doch am nächsten Tag unternahm er einen letzten Versuch. Er hatte zufällig das andere Jackett an, das mit der Rotary-Nadel im Revers. Der Kunde erblickte die Nadel, holte strahlend die eigene aus dem Schreibtisch und Minuten später war der beste Abschluss des Quartals perfekt.
Danach hegte und pflegte Warrenstein seine Nadel, legte sich gar eine ganze Kollektion zu. Nebenbei studierte er die Nadelkultur im RC Bröckedde. Das war ein Kosmos für sich. An Freund Munzinger sah die Nadel besonders edel aus, von ihm ging die Fama, er lasse sich seine Maßanzüge immer um die Nadel herum bauen. Ehrenpräsident Papke dagegen trug die Sonderform mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten.
Freund Mühsam trug nicht nur die Nadel, sondern hatte auch in der Heckablage seines Opel neben der Klorolle und dem Wackelhund ein Rotary-Kissen platziert. Als Graf Wolkenklau-Oderbruch das sah, ließ er ein feines, kleines Rotary-Rad in die Motorhaube seines Aston Martin brennen.
Übertroffen wurden alle von Freund Wuttke, dem Rundum-Rotarier. Jeden Morgen hisste er vor dem Haus eine riesige Rotary-Flagge und grüßte sie andächtig. Dann fuhr er ins Büro, wie immer mit dem Rotary-Schirm, der Rotary-Aktentasche und dem Rotary-Füller. Zum Abendessen versammelte er die Familie rund um den Rotary-Hauswimpel.
Es gab aber auch die Fraktion der Nichtnadelträger. Chefarzt Prof. Schnarrer erzählte dazu gerne Schreckensgeschichten aus seiner Ambulanz – lauter Notfallrotarier, die sich beim Anlegen der Nadel den Daumen durchstochen hatten. Auch Dr. Krümelein, der Clubexzentriker, trug demonstrativ keine Nadel. Er meinte frei nach St. Exupéry: „Das Herz sieht es schon, dass ich Rotarier bin.“
Als Warrenstein in einem Meeting die Geschichte aus dem Sauerland erzählte, kriegte Freund Boppinger, der führende Bäcker von Bröckedde, große Ohren. Seine Schwarzwälder Torte verkaufte sich schleppend. Also stand er fortan mit der Nadel im weißen Kittel hinter der Verkaufstheke. Doch nach einem Monat schloss er sich wieder den Nichtnadelträgern an. Warrenstein gegenüber meinte er vorwurfsvoll: „Meine Schwarzwälder Torte liegt immer noch wie Blei im Regal!“
Alexander Hoffmann (RC Frankfurt/Main-Römer) ist korrespondierendes Mitglied des RC Bröckedde. Nach langen Jahren als politischer Redakteur bei namhaften Tageszeitungen (zuletzt "Süddeutsche Zeitung") ist Hoffmann heute als Unternehmensberater tätig. Daneben zahlreiche Sachbuchveröffentlichungen zu den Themen Zeitgeschichte und Medizin sowie satirische Beiträge für den Rundfunk. Dem satirischen Düsseldorf-Roman "Der Wolkenschieber" folgten 2019 der Krimi "Hopfen, Malz & Blut" und 2020 der Krimi "Phantom im Wiehengebirge". 2021 erschienen der Krimi "Bommfördes Erbe" und der Roman "Brillanter Abgang". 2022 folgte der Wirtschaftskrimi "Mainopoly". 2023 erschienen der Krimi "Tödliche Eisernte" und die Katzennovelle "Der Chef bin ich".
Copyright: privat www.hoffmannschreibt.de
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