Neues vom RC Bröckedde - Folge 31
Der Clubdichter
Der RC Bröckedde hatte auch einen Dichter und war mächtig stolz darauf. Martin Wälzer hieß er und produzierte Jahr um Jahr ein 500-Seiten-Opus.
Er war kein Großdichter, eher ein Mitteldichter. Immerhin hatte ihn die „Zeit“ jüngst mit einem 22-Zeilen-Verriss geehrt und Wälzer sah sich schon ein wenig in der Nachfolge von Thomas Mann, im Gedenken an glanzvolle Zeiten beim Rotary-Club München.
Außerdem war Wälzer jung und sah gut aus. Patrizia, die Tochter von Präsident Pröpcke, war ihm einen Sommer lang verfallen gewesen. Pröpcke war dann aber heilfroh, als sich Patrizia für einen Wirtschaftsanwalt entschied. Dafür förderte er den Dichter, wo er konnte. Oft las der Dichter aus seinen Werken im Salon Hindenburg. Auch mit seinem jüngsten Roman Ich bin dann mal im Feuchtgebiet schonte er weder sich noch seine Leser.
Ehrfürchtig lauschten ihm die Freunde im Salon Hindenburg. Die Sätze waren etwas verwirrend und das Verschwinden des Haupthelden im Feuchtgebiet gab Rätsel auf - aber bei E-Literatur musste man sich eben anstrengen.
Weniger Sinn für E-Literatur hatte der Wirt des Bröckedder Hofs. Nach der Lesung nahm er Pröpcke beiseite und präsentierte ihm einen Deckel von Wälzer aus der letzten Woche. 133 Glas Krombacher Pils sowie 66 Fläschchen Kümmerling harrten noch der Begleichung. Seufzend zahlte Pröpcke und setzte das Thema Wälzer auf die Agenda der nächsten Vorstandssitzung.
„Freund Wälzer ist pleite. Was tun?“, fragte er dort in die Runde.
„Er könnte Stadtschreiber von Bröckedde werden“, schlug Freund Munzinger vor.
„Das war er schon dreimal.“
Dr. Krümelein hatte die rettende Idee. Im Gedenken an seine musische Großtante Adele gründete er die Adele-Krümelein-Stiftung. Sie lobte einen mit 5000 Euro dotierten Literaturpreis aus und erster Preisträger wurde Martin Wälzer.
Ein halbes Jahr später musste Pröpcke im Vorstand berichten: „ Freund Wälzer ist erneut pleite.“
Per Vorstandsbeschluss wurde jedes Clubmitglied verpflichtet, jeweils ein Exemplar von Ich bin dann mal im Feuchtgebiet zu erwerben.
„Das hält aber nicht lange an, schon weil das Krombacher immer teurer wird“, sagte Pröpcke nach dem Meeting sorgenvoll zu Kassierer Knödler.
Der las lieber Mark Twain und meinte frei nach ebendiesem: „Freund Wälzer macht etwas falsch. Wie kann man nur ein Jahr lang an einem Roman arbeiten, wenn man für zehn Euro einen im Laden kaufen kann?“
Er war kein Großdichter, eher ein Mitteldichter. Immerhin hatte ihn die „Zeit“ jüngst mit einem 22-Zeilen-Verriss geehrt und Wälzer sah sich schon ein wenig in der Nachfolge von Thomas Mann, im Gedenken an glanzvolle Zeiten beim Rotary-Club München.
Außerdem war Wälzer jung und sah gut aus. Patrizia, die Tochter von Präsident Pröpcke, war ihm einen Sommer lang verfallen gewesen. Pröpcke war dann aber heilfroh, als sich Patrizia für einen Wirtschaftsanwalt entschied. Dafür förderte er den Dichter, wo er konnte. Oft las der Dichter aus seinen Werken im Salon Hindenburg. Auch mit seinem jüngsten Roman Ich bin dann mal im Feuchtgebiet schonte er weder sich noch seine Leser.
Ehrfürchtig lauschten ihm die Freunde im Salon Hindenburg. Die Sätze waren etwas verwirrend und das Verschwinden des Haupthelden im Feuchtgebiet gab Rätsel auf - aber bei E-Literatur musste man sich eben anstrengen.
Weniger Sinn für E-Literatur hatte der Wirt des Bröckedder Hofs. Nach der Lesung nahm er Pröpcke beiseite und präsentierte ihm einen Deckel von Wälzer aus der letzten Woche. 133 Glas Krombacher Pils sowie 66 Fläschchen Kümmerling harrten noch der Begleichung. Seufzend zahlte Pröpcke und setzte das Thema Wälzer auf die Agenda der nächsten Vorstandssitzung.
„Freund Wälzer ist pleite. Was tun?“, fragte er dort in die Runde.
„Er könnte Stadtschreiber von Bröckedde werden“, schlug Freund Munzinger vor.
„Das war er schon dreimal.“
Dr. Krümelein hatte die rettende Idee. Im Gedenken an seine musische Großtante Adele gründete er die Adele-Krümelein-Stiftung. Sie lobte einen mit 5000 Euro dotierten Literaturpreis aus und erster Preisträger wurde Martin Wälzer.
Ein halbes Jahr später musste Pröpcke im Vorstand berichten: „ Freund Wälzer ist erneut pleite.“
Per Vorstandsbeschluss wurde jedes Clubmitglied verpflichtet, jeweils ein Exemplar von Ich bin dann mal im Feuchtgebiet zu erwerben.
„Das hält aber nicht lange an, schon weil das Krombacher immer teurer wird“, sagte Pröpcke nach dem Meeting sorgenvoll zu Kassierer Knödler.
Der las lieber Mark Twain und meinte frei nach ebendiesem: „Freund Wälzer macht etwas falsch. Wie kann man nur ein Jahr lang an einem Roman arbeiten, wenn man für zehn Euro einen im Laden kaufen kann?“
Alexander Hoffmann (RC Frankfurt/Main-Römer) ist korrespondierendes Mitglied des RC Bröckedde. Nach langen Jahren als politischer Redakteur bei namhaften Tageszeitungen (zuletzt "Süddeutsche Zeitung") ist Hoffmann heute als Unternehmensberater tätig. Daneben zahlreiche Sachbuchveröffentlichungen zu den Themen Zeitgeschichte und Medizin sowie satirische Beiträge für den Rundfunk. Dem satirischen Düsseldorf-Roman "Der Wolkenschieber" folgten 2019 der Krimi "Hopfen, Malz & Blut" und 2020 der Krimi "Phantom im Wiehengebirge". 2021 erschienen der Krimi "Bommfördes Erbe" und der Roman "Brillanter Abgang". 2022 folgte der Wirtschaftskrimi "Mainopoly". 2023 erschienen der Krimi "Tödliche Eisernte" und die Katzennovelle "Der Chef bin ich".
Copyright: privat www.hoffmannschreibt.de
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