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Neues vom RC Bröckedde - Folge 25

Der proaktive Lösungswertansatz

Alexander Hoffmann08.08.2008

Wie jedes Jahr war der Besuch des Governors beim R.C. Bröckedde fällig. Präsident Pröpcke erbleichte, als er las, wer kommen würde – eine Governesse. Es war Dr. Dr. Franziska von der Maien, 33 Jahre alt, neun Kinder, Chefin einer erfolgreichen Großkanzlei. Nebenher
hatte sie die väterliche Schraubenfirma saniert, war „Unternehmerin des Jahres“ und auf striktem Kurs Richtung Rotary-Weltpräsidentschaft.

„Eine Frau zum Fürchten“, sagte Kassierer Knödler und empfahl sich zur Kur nach Abano Terme. Weitere Vorstandsmitglieder riefen Pröpcke an und sprachen von unabweisbaren Verpflichtungen an jenem Tag X. Der Präsident geriet in Panik. Die Präsenzen waren unterirdisch, der Club stagnierte, die sozialen Projekte dümpelten. Dr. Dr. Franziska von der Maien würde ihn schon vor dem Mittagessen verspeisen.

Da fiel ihm Freund Müntewelle ein, der erst jüngst in den Club gekommen war. Müntewelle war Jungmanager und Nachwuchspolitiker zugleich. Keiner beherrschte so virtuos wie er jene Mischung aus Management-Blabla und Politikschwall, mit der er schon beim ersten Vortrag im Club geglänzt hatte. „Völlig sinnfrei, aber sehr gekonnt“, hatte Freund Dr. Krümelein gemeint.

Der junge Freund wurde zum 2. Sekretär ernannt und am Tag X wartete er gemeinsam mit Pröpcke auf Freundin von der Maien. Sie fegte in den Salon Hindenburg herein, blätterte in ihren Papieren und fragte streng, wie es denn so mit den Präsenzen stehe. Müntewelle
erwiderte: „Den Rückgang haben wir strukturell verlangsamt, saisonbereinigt ergibt sich sogar ein Nullwachstum.“ Und wie es mit
der Altersstruktur aussehe? „Hier greift unser morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich.“

Die Miene der Governesse hellte sich auf. Schon viel freundlicher wollte sie wissen: „Und wie sieht es mit Social Responsibility aus?“ Müntewelle meinte lässig: „Nach einem Benchmarking generieren wir gerade einen Cluster, damit der R.C. Bröckedde ein Center of Excellence wird.“

Freudig fragte Frau Doktor Doktor nach der Jugendarbeit.„Es gibt keine“, wollte Pröpcke sagen, doch Müntewelle fiel ihm ins Wort: „Als Focal Point Younger Bröckedde folge ich dem Handlungsbedarf im Rahmen unseres Masterplans.“ Die Governesse strahlte, als sie beiden die Hand schüttelte: „Toll, wie Ihr Club seine Tools nutzt. Das sind hochperformante Visionen, die Sie hier ganzheitlich und integriert implementieren.“

Als Präsident Pröpcke nach dem Meeting ins Städtchen ging, rief ihn seine Frau an: „Weißt Du noch, was Du fürs Essen einkaufen sollst?“
Pröpcke hatte dazugelernt: „Sicher. Einkaufen ist meine Kernkompetenz, ich habe dazu einen proaktiven Lösungswertansatz. Jetzt muss ich noch ein kompatibles Zeitfenster identifizieren.“
Alexander Hoffmann
Alexander Hoffmann (RC Frankfurt/Main-Römer) ist korrespondierendes Mitglied des RC Bröckedde. Nach langen Jahren als politischer Redakteur bei namhaften Tageszeitungen (zuletzt "Süddeutsche Zeitung") ist Hoffmann heute als Unternehmensberater tätig. Daneben zahlreiche Sachbuchveröffentlichungen zu den Themen Zeitgeschichte und Medizin sowie satirische Beiträge für den Rundfunk. Dem satirischen Düsseldorf-Roman "Der Wolkenschieber" folgten 2019 der Krimi "Hopfen, Malz & Blut" und 2020 der Krimi "Phantom im Wiehengebirge". 2021 erschienen der Krimi "Bommfördes Erbe" und der Roman "Brillanter Abgang". 2022 folgte der Wirtschaftskrimi "Mainopoly". 2023 erschienen der Krimi "Tödliche Eisernte" und die Katzennovelle "Der Chef bin ich".
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