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Rotary Aktuell

Rotaract – Zukunft Rotarys?

Rotary Aktuell - Rotaract – Zukunft Rotarys?
Hand in Hand zum Schutz von Bienen: Gemeinsames Anpacken von Rotaract- und Rotary-Mitgliedern bei Rotaracts Bundessozialaktion 2018/19 BeeAlive © Rotary International

Eine Umfrage unter Rotaract-Mitgliedern gibt Aufschluss darüber, wie es um den Übergang von Rotaract zu Rotary steht.

Julius Theodor Schölkopf, Lisa Pusch und Henrik Thiele01.03.2021

Wie nehmen Rotaract-Mitglieder Rotary wahr?“ oder „Wann und wie wollen Rotaract-Mitglieder Teil eines Rotary Clubs werden?“ Diese Fragen begegnen den rund 4000 Rotaract-Mitgliedern in Deutschland regelmäßig in Gesprächen mit Rotary-Mitgliedern. Aus der eigenen Perspektive ist es dabei recht einfach, eine Antwort zu geben. Nur ist Rotaract als Gemeinschaft zu divers, diese Fragen generell zu beantworten. Spätestens seitdem Rotaract mit dem Jahreswechsel im Juli 2020 nun eine Form der Mitgliedschaft und kein Programm von Rotary mehr ist, sollten sich die Organisationen die Frage stellen, wie Rotaract-Mitglieder Rotary Clubs wahrnehmen und ob sie Interesse an einer Zukunft in einem Rotary Club haben.

So hat Rotaract Deutschland 2020 seine Mitglieder frei nach Goethe gefragt: „Nun sag, wie hast du’s mit Rotary?“ Auf diese und andere Fragen haben mehr als 450 aktive Rotaract-Mitglieder und 638 Personen insgesamt geantwortet.

Sowohl Rotaract als auch Rotary können von einer intensiven Zusammenarbeit profitieren. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch, sich gut zu kennen und zu wissen, wie die andere Seite eingestellt ist. Mit den erhobenen Ergebnissen soll an dieser Stelle eine zukunftsgerichtete Diskussion angestoßen werden, um so die Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu vertiefen, zu stärken und Vorurteile abzubauen.

Wo fängt die Zusammenarbeit an?

Für die befragten Rotaract-Mitglieder beginnt der Kontakt mit Rotary oftmals schon vor ihrer Mitgliedschaft bei Rotaract. Mehr als 80 Prozent der befragten Rotaract-Mitglieder hatten schon früher Kontakt mit einem rotarischen Programm oder anderen Mitgliedern. So finden die meisten Neumitglieder den Weg über ihren Freundeskreis zu Rotaract, aber auch Rotary-Mitglieder als Eltern, Rotary Youth Leadership Seminare (RYLA), der Rotary Youth Exchange und Interact bilden für viele einen Erstkontakt. Über

Mitgliederwerbung kam hingegen nur jede zehnte Person zu einem Rotaract Club. Für viele Rotaract-Mitglieder ist Rotaract somit in die rotarische Familie eingebettet: Sie setzen ihre rotarische Reise bei Rotaract fort oder haben vorher schon von Rotary gehört.

Ist es also die logische Konsequenz, dass Rotaract-Mitglieder diesen Weg mit einer Mitgliedschaft bei Rotary weiterführen wollen?

„Rotaracter haben doch gar kein Interesse an Rotary“

Zuerst einmal Entwarnung: eine Rotary-Müdigkeit unter Rotaract-Mitglieder gibt es nicht. Drei von vier der befragten Rotaract-Mitglieder möchten Mitglied in einem Rotary Club werden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Freundschaft, das verbundene Netzwerk und die daraus resultierenden neuen Kontakte sowie die Programmgestaltung durch Vorträge und Hands-on-Sozialaktionen zählen zu den beliebtesten Gründen für eine Mitgliedschaft in einem Rotary Club. Allerdings findet nur ein Drittel der Personen, die als Rotaract-Mitglied angesprochen worden sind, am Ende zu einem Rotary Club. Was hält Rotaract-Mitglieder davon ab?

Ein besonders häufig genannter Grund gegen eine Mitgliedschaft in einem Rotary Club sind Mittagsmeetings, an denen kaum jemand der Befragten teilnehmen würde. Zudem sind die Geschlechts- und Altersstrukturen eines Rotary Clubs Gründe, die gegen eine Mitgliedschaft sprechen. „Unausgewogene Geschlechterverteilungen in Rotary Clubs sowie ein zu großer Generationsunterschied, wenn es um einen ‚persönlichen Draht‘ zu interessierten Rotaract-Mitgliedern geht“, sind laut Nadia von Oesterreich, aktuell Vorsitzende von Rotaract Deutschland, Herausforderungen für einen Übergang von Rotaract zu Rotary.

Inwiefern stimmen die aktuellen Strukturen von Rotary mit den Erwartungen der Rotaract-Mitglieder überein? Gegen Rotary sprechen nicht der Mangel an Alternativen zum klassischen Präsenzclub, wobei fortwährend viele neue Clubmodelle durch Rotary International eingeführt werden, wie E-Clubs, Hybrid-Clubs, aber auch Passport oder Corporate-Clubs. Hier bilden die Vorstellungen der Rotaract-Mitglieder genau die reale Situation der Clubs ab. Ein Großteil der Rotaract-Mitglieder findet den traditionellen Präsenzclub das interessanteste Clubmodell, gefolgt vom Hybrid-Club.

Wie Rotaract-Mitglieder für einen Club interessieren?

Wenn Rotary Clubs bei den Rotaract-Mitgliedern beliebt sind, stellt sich die Frage, wie Rotary Clubs Interesse wecken können. Die Teilnahme an Rotary Meetings durch Rotaract-Mitglieder ist das zentrale Element für deren Bereitschaft, Rotary-Mitglied zu werden. Die Möglichkeit und Wahrnehmung der Meeting-Einladungen erhöhen den Wunsch einer Rotary-Mitgliedschaft der Befragten signifikant. Auch hinsichtlich der Wahrnehmung von Herrenclubs hilft der persönliche Kontakt. Obwohl jeder dritte männliche Rotaracter nicht Mitglied in einem reinen Herrenclub werden würde, sagt fast die Hälfte dieser, dass es individuell auf den Club ankommt.

Die klassische Idee für ein gemeinsames Kennenlernen ist eine dauerhafte Einladung, gegenseitig an Vorträgen und Meetings teilzunehmen – eine Idee, die sich für einige Clubs bereits gut bewährt hat. Dennoch öffnen sich die Türen zu Rotary Meetings nicht von selbst. Auch Jan Mittelstaedt, aktuell Vorsitzender des Deutschen Governorrates (DGR), weiß darum. „Die größte Herausforderung und zugleich Chance sehe ich im Bereich der Kommunikation. Wenn wir nicht miteinander reden, können wir nichts voneinander wissen. Und dann entstehen Vorurteile. Umgekehrt bereitet eine systematische proaktive Kommunikation beste Voraussetzungen sowohl für die Zeit vor als auch nach dem Übergang zu Rotary.“ Begegnungen auf Augenhöhe bei Clubmeetings und gemeinsamen Aktionen können hier erste Schritte für eine andauernde Zusammenarbeit sein.

Zusammenarbeit nachhaltig stärken

Neue Ideen und Best Practices gibt es viele: Ein generationenübergreifendes Mentoring erweitert nicht nur berufliche und persönliche Kompetenzen der beteiligten Rotary-, Rotaract- und Interact-Mitglieder, sondern es stärkt auch das Band zwischen den Mitgliedern der rotarischen Familie in Bochum. So erklärt Anouk Ludwig vom RAC Bochum: „Durch den vereinten Einsatz für die rotarische Idee kann diese weiter multipliziert werden – und dient damit dazu, Gutes in und für unsere Gesellschaft umzusetzen.“

In Ludwigsburg hat es sich bewährt, dass Rotaract gemeinsam mit Rotary RYLA-Seminare durchführt und dabei nicht nur die Kontakte zwischen Rotary und Rotaract gestärkt werden, sondern auch neue Mitglieder für Rotaract gewonnen werden können.

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Weltpolio-Tag 2020 in Bochum: Gemeinsame Aktion des RAC und IAC Bochum mit den Rotary Clubs Bochum, Bochum-Mark, Bochum-Constantin, Bochum-Hellweg, Bochum-Rechen und Bochum-Renaissance © Rotarische Familie Bochum

Auch im Bereich der Hands-on-Projekte gibt es immer neue Ideen. Um Rotary in die Öffentlichkeit zu bringen und auf Polio aufmerksam zu machen, haben die Dortmunder Rotary Clubs zusammen mit den Rotaract-Mitgliedern aus Dortmund und Hagen ein riesiges Tulpenfeld in Form des Rotary-Logos gepflanzt. Dadurch wird Rotary in diesem Frühjahr nicht nur farbenfroh im Botanischen Garten in Dortmund sichtbar, sondern alle Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, neue Kontakte und Freundschaften zu knüpfen.

Übergang zu Rotary flexibel gestalten

Wann ist ein guter Zeitpunkt, Rotaract-Mitglieder für einen Wechsel zu Rotary anzusprechen? Vielleicht liegt die geringe Quote an Rotaract-Mitgliedern, die zu Rotary-Mitgliedern werden, auch daran, dass sie zu einem falschen Zeitpunkt angesprochen wurden. Eine Vielzahl der Rotaract-Mitglieder wünscht sich, zwischen 30 und 35 Jahren von einem Rotary Club auf eine Mitgliedschaft angesprochen zu werden. Da im vergangenen Jahr die Altersgrenze von 31 Jahren für Rotaract Clubs abgeschafft wurde und eine Doppelmitgliedschaft bei Rotary und Rotaract möglich ist, wurden hier durch Rotary International die Möglichkeiten geschaffen, Rotaract-Mitglieder fließend zum besten Zeitpunkt anzusprechen. Und: Die Möglichkeit einer Doppelmitgliedschaft in beiden Organisationen wird von mehr als drei Viertel der befragten Rotaract-Mitglieder befürwortet.

Für Susanne Jork, die Rotaract- und Interact-Beauftragte des Deutschen Governorrats (RIB-DGR), liegt ein Kernproblem ebenso in der hohen Erwartungshaltung an den jeweils Anderen. Für das Rotaract-Mitglied ist der Eintritt in einen Rotary Club auch der Wechsel in ein anderes Clubmodell und dafür muss Zeit gegeben werden, sich daran zu gewöhnen.

„Ich bin zu meinem Rotary Club durch regelmäßigen Kontakt und persönliche Gespräche gekommen. Die Doppelmitgliedschaft war dabei eine große Bereicherung. Herausforderungen gab es fast nie. Das einzig Schwierige und Unangenehme war, wenn ich mich entscheiden musste, auf welche Weihnachtsfeier und welche Ämterübergabe ich gehe,“ berichtet Marlene Köhne, Mitglied im RC Bochum-Mark.

Damit geht es nun final ans Eingemachte – ans Geld. Hierüber wird oft zu spät und ungern gesprochen. Im Median sind Rotaract-Mitglieder bereit, rund 500 Euro pro Clubjahr an Beiträgen zu bezahlen, wobei nur eine von zehn Personen einen Mitgliedsbeitrag von mehr als 1000 Euro als akzeptabel ansieht. Da dies oft nicht der Wirklichkeit der Beitragsstruktur entspricht, haben viele Clubs eigene Wege gefunden. Auch Rotary International hat hierfür bereits den Rahmen geschaffen, dass Rotary Clubs Mitgliedern unter 35 Mitglieds- und Aufnahmegebühren erlassen können und Distrikte die Pro-Kopf-Beiträge ebenfalls reduzieren können – Maßnahmen, die von der Hälfte der befragten Rotaract-Mitglieder in Anspruch genommen werden würden.

Wo können Rotaract-Mitglieder gefunden werden?

Neben gemeinsamen Meetings und Aktionen gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, den Kontakt zu Rotaract herzustellen. Neben Rotaract-Beauftragten im Club helfen auch die Rotaract-Distrikt-Beauftragten (RDB) gerne weiter. Auch die Membership-Beauftragen im Distrikt haben Rotaract-Mitglieder als potenzielle Rotary-Mitglieder im Blick. Von Rotaract Deutschland gibt es außerdem die Datenbank „Rotary Nachwuchs Rotarac“ (RNR). Dort können sich Rotaract-Mitglieder eintragen, die keinen persönlichen Kontakt zu Rotary-Mitgliedern in ihrer Region haben, zum Beispiel durch einen Umzug. Rotary Clubs können über das Rotaract-Distriktteam oder den Rotaract-Distrikt-Beauftragten auf die Interessierten in der Datenbank zugreifen und den Kontakt herstellen.

Gemeinsam mehr erreichen

Die Ergebnisse aus der Umfrage bestätigen viele häufig genannte Phänomene rund um das Thema Übergang zu Rotary, aber dennoch sollen hier zusammenfassend die folgenden Handlungsempfehlungen und Erkenntnisse abgeleitet werden:

  • Kaum jemand kommt fremd zu Rotaract. Daher ist die persönliche Ansprache von potenziellen neuen Mitgliedern das A und O. Dies können Freunde, Bekannte, aber auch die eigenen Kinder oder junge Führungs- kräfte im Unternehmen sein.
  • Durch die Teilnahme an Rotary Meetings gelangen die meisten Rotaract-Mitglieder zu Rotary. Beidseitige Einladungen und insbesondere Besuche bei Meetings sowie gemeinsame Aktionen auf Augenhöhe und zum Kennenlernen sollen die Regel sein.
  • Zwischen 30 und 35 Jahren ist für die Vielzahl der Rotaract-Mitglieder das optimale Alter, von einem Rotary Club auf eine Mitgliedschaft angesprochen zu werden. Hier können die Doppelmitgliedschaft und die RNR-Datenbank genutzt werden. Die traditionelle Clubstruktur wird von einer Mehrzahl der Rotaract-Mitglieder bevorzugt. Allerdings können fast alle Rotaract-Mitglieder nur an Abendmeetings teilnehmen. Das Clubformat E-Club spricht fast die Hälfte aller Rotaract-Mitglieder an.
2021, qr-code

Da jetzt erstmal nur die Seite Rotaract betrachtet wurde, laden wir Sie ganz herzlich ein, bei der zweiten Runde unserer Umfrage teilzunehmen. Denn uns interessiert, ob die Vorstellungen der Rotaract-Mitglieder auch mit der Realität in den Rotary Clubs übereinstimmen. Ergebnisse der Umfrage: rotaract.de/umfrage/

Für Rückfragen: surveys@rotaract.de


Wissenswert: Was ist RNR?

„Rotary Nachwuchs Rotaract“ (RNR) ist eine Datenbank von Rotaract Deutschland mit dem Ziel, den Kontakt von interessierten Rotaract-Mitgliedern zu Rotary Clubs herzustellen. Die Datenbank wird vom Ressort Interne Kommunikation betreut. Rotaract-Distriktteams, Rotaract-Distrikt-Beauftragte und Governors können die Liste der RNR-Teilnehmenden regelmäßig nach interessierten Rotaract-Mitgliedern für Rotary Clubs in ihrem Distrikt durchsuchen – Rotary Clubs können die obigen Personen einfach ansprechen und nach interessierten Rotaract-Mitgliedern in ihrer Region fragen. Hat der Rotary Club nun die Informationen über ein potenzielles Rotaract-Mitglied erhalten, kann er Kontakt zu diesem aufnehmen.

Ressort Interne Kommunikation: kommunikation@rotaract.de,  Informationen für Rotarier: rotaract.de/rnr

Julius Theodor Schölkopf, Lisa Pusch und Henrik Thiele

Julius Theodor Schölkopf (oben rechts) studiert Volkswirtschaftslehre im Master und ist seit 2016 Mitglied bei Rotaract, wo er sich seit drei Jahren bei Rotaract Deutschland unter anderem im Ressort Öffentlichkeitsarbeit und im Bereich Organisationsentwicklung engagiert. Über ein RYLA-Seminar wurde er Mitglied im RAC Ludwigsburg.

Lisa Pusch (links) seit 2009 über ein RYLA bei Rotaract aktiv, erst in Bochum und Köln, mittlerweile in Paderborn. In den Ressorts Redaktion und Interne Kommunikation seit 2018 bei Rotaract Deutschland dabei. Freiberuflich ist sie in den Bereichen Innenarchitektur, Kommunikation und Design Research tätig.

Henrik Thiele Über sein langjähriges Engagement bei Rotex fand er 2013 den Weg zu Rotaract in Paderborn. Seit fünf Jahren bei Rotaract Deutschland in den Ressorts Öffentlich- keitsarbeit und Soziales, zuletzt als RDK-Vorsitz und DeuKo-Beisitzer. Aktuell ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Produktentstehung der Universität Paderborn.