https://rotary.de/gesundheit/revolutionaere-methode-a-22610.html
Kampf gegen Polio

Revolutionäre Methode

Kampf gegen Polio - Revolutionäre Methode
Elizabeth Kenny machte ihre Behandlungsmethode selbst weltweit bekannt und hielt viele Vorträge. © Wikipedia

Wie eine australische Krankenschwester Millionen Kindern half

01.10.2023

Hört er ihren Namen, kommen John Nanni die Tränen. Es werden Erinnerungen beim US-Amerikaner geweckt. Erinnerungen an seine Kindheit. So war es auch, als die australische Premierministerin Julia Gillard bei der Sondersitzung der UN-Generalversammlung zum Thema „Vereint gegen Polio“ über die Krankenschwester Elizabeth Kenny, eine Australierin, und ihre Methoden zur Behandlung von Polio-Opfern mit Physiotherapie sprach. Das war am 27. September 2012, und John Nanni, Mitglied im Rotary Club Middletown-Odessa-Townsend, war als Betroffener dabei.

An Kinderlähmung erkrankt

Er erkrankte im Alter von zehn Monaten selbst an Kinderlähmung und war sechs Monate vom Hals abwärts gelähmt. „Ich war etwa eine Woche im Krankenhaus, als meine Großtante zu Besuch kam. Sie war Nonne und hatte die meiste Zeit ihres Erwachsenenlebens als Krankenschwester auf einer Polio-Station gearbeitet“, erinnert sich Nanni. Die Großtante warf sofort einen Blick in die Krankenakte und war schockiert. John Nanni sollten Gipse angelegt werden und dies, da war sich seine Großtante sicher, war das Schlimmste, was man tun konnte. Werden gelähmte Gliedmaßen nicht bewegt, schrumpfen die Muskeln weiter, das hatte sie gelernt.

Seine Großtante glaubte an eine Therapiemethode, die von einer australischen Krankenschwester namens Elizabeth Kenny entwickelt wurde. Dabei handelt es sich um ein Physiotherapieprogramm für Polio-Patienten, bei dem die gelähmten Muskeln gedehnt werden. Genau diese Methode war es, die dazu führte, dass John Nanni später Baseball und Basketball spielen konnte. Seine Mutter, die von der Großtante überzeugt wurde, trainierte seine Gliedmaßen sechs Monate lang. Mit Erfolg. Doch wer ist diese Elizabeth Kenny, die die Heilmethoden für Polio-Erkrankte revolutionierte?

Elizabeth Kenny, geboren 1880, wuchs im ländlichen Australien auf. Ihre schulische Ausbildung war gering und dennoch entwickelte sie früh ein großes Interesse für Medizin und den menschlichen Körper. Sie las, was auch immer sie an Büchern zu dem Thema in die Hände bekommen konnte. Mit 17 begann sie freiwillig in einem Krankenhaus in der Stadt Guyra zu arbeiten und eröffnete mit 30 Jahren ein eigenes Landkrankenhaus.

Rasch waren Erfolge sichtbar

Dort wurde sie auch mit Kinderlähmung konfrontiert. Die damals üblichen Behandlungsmethoden waren ihr jedoch unbekannt, weshalb sie Wärmeund Bewegungstherapien entwickelte, die rasch Erfolge zeigten. Es kam nicht nur zu Linderungen, sondern in nicht wenigen Fällen gar zum Verschwinden der Symptome. Wenngleich ihre Behandlungsmethoden von der medizinischen Fachwelt als unwirksam kritisiert wurden, ließ sich die Australierin nicht entmutigen. „Ich habe der Welt eine Botschaft zu übermitteln, und ich lasse mich nicht entmutigen“, sagte sie selbstbewusst. Sie verbreitete ab 1934 ihre Therapieansätze in ganz Australien und ab den 1940er Jahren weltweit. Wenngleich Rotary erst 1988 die Ausrottung von Polio zur Hauptaufgabe erklärte, hielt sie bereits 1944 einen Vortrag beim Rotary Club Los Angeles.

Elizabeth Kenny erlangte so viel Berühmtheit, dass 1946 sogar ein Film über ihr Leben gedreht wurde. Anders als ihre Behandlungsmethoden, die noch heute fester Bestandteil der Therapie von Polio-Patienten sind, floppte der Film jedoch an den Kinokassen.