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Ewiger Herzschlag

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Cover des Albums „ The Dark Side of the Moon“ © mauritius images/cbw/alamy

Der Mythos Pink Floyd ist intakt. Bis heute fasziniert die Musik der Band die Massen, und selbst nachwachsende Generationen verfallen ihr.

Christoph Dallach01.03.2023

Am 26. Januar 1968 hätten Pink Floyd ihren Namen ändern müssen. An jenem Wintertag beschloss die Band auf der Fahrt zu einem Auftritt, ihren Freund und Kollegen Syd Barrett nicht abzuholen: „Sollen wir wirklich bei Syd vorbeifahren?“ fragte einer. „Eher nicht“, antwortete ein anderer. Dass es so ablief, bestätigen alle, aber keiner will sich erinnern, wer damals eigentlich gefragt und wer geantwortet hat. Fest steht nur, dass Barrett danach nie wieder abgeholt wurde, er war zum Problem für Pink Floyd geworden, seitdem er auf einem LSD-Trip falsch abgebogen war. Dummerweise war der wuschelköpfige Sänger, Songwriter und Gitarrist bis dahin der Hauptdarsteller der Band, die er 1965 mitgegründet hatte. Wie macht eine Band weiter, wenn ihr das kreative Herz abhandenkommt?

Joy Division setzte da gut zehn Jahre später Maßstäbe. Nachdem deren Sänger, Songwriter und Hauptdarsteller Ian Curtis aus dem Leben geschieden war, beförderten sie den Gitarristen zum Sänger und änderten den Sound und den Namen: Aus Joy Division wurde New Order, eine andere Band. Ein radikaler Schnitt; eine Geschichte war zu Ende gegangen, eine neue hatte begonnen. Auch bei Pink Floyd änderte sich nach Syd Barrett eigentlich alles, nur eben nicht der Name: Barretts Schulfreund David Gilmour kam als Ersatz an Bord. Und ins Zentrum der Band rückte Roger Waters, mit einem Sack verkopfter Konzepte. Die flirrenden Popsongs, die Barrett gezaubert hatte, waren Geschichte.

Die Aura des Geheimnisvollen

Puristen behaupten gerne, dass sich mit Syd Barrett bei Pink Floyd auch die Magie verabschiedet hätte. Und, klar, es ist leicht, sich über Roger Waters, David Gilmour, Nick Mason und Richard Wright lustig zu machen, die Pink Floyd zu einer der erfolgreichsten Bands der Musikgeschichte machten: Ihr Größenwahn und die Selbstverliebtheit bieten ausreichend Munition für Spott und Verachtung. Trotzdem ist diese Band immer so viel mehr gewesen, auch nach Barrett.

Als Beleg dafür dienen schon allein ihre surrealen, nahezu radikalen Plattenhüllen. So wie Atom Heart Mother, ein Album, auf dessen Cover nur eine Kuh abgebildet ist. Sonst nichts! Nicht einmal der Name der Band, die sich so als Gang von Phantomen präsentierte. Vermutlich dachten die Verantwortlichen der zuständigen Plattenfirma, dass bei Pink Floyd nun endgültig alle auf LSD sind. Weil die Platte aber erfolgreich war, dürften sich alle schnell wieder beruhigt haben. Und Pink Floyd legten nach bei der Mythenbildung: Ein brennender Mann (Wish You Were Here), ein fliegendes Gummischwein mit Kraftwerk (Animals) oder einfach nur ein Dreieck, aus dem das Regenbogenlicht bricht (The Dark Side of the Moon). Dazu passt, dass die Musiker sich auf der Bühne hinter immer bombastischeren Lightshows versteckten und dadurch letztlich unsichtbar wurden. Alles geniale Kunstgriffe, die der Band eine Aura des Geheimnisvollen verliehen, die bis in dieses Jahrtausend anhält, woran auch die Regalmeter an Büchern, die über sie geschrieben worden sind, nichts ändern. Das Internet ist voller absurder Theorien, was die Songs von Pink Floyd alles bedeuten mögen und welche geheimen Botschaften darin versteckt sein könnten.

Eine unentschlüsselbare Magie

Tatsache ist, dass The Dark Side of the Moon die Band ein weiteres Mal auf den Kopf stellte, denn diese Songs trafen einen Nerv beim Publikum, wie es nur wenigen Platten davor und danach gelungen ist. Zeitweilig gab es in den USA Presswerke, die nichts anderes herstellten. Kein Wunder, dass die vier Briten danach steinreich waren, sich abgelegene Paläste im Grünen zulegten und sich noch mehr abschotteten.

Das letzte würdevolle Pink-Floyd-Werk ist Animals aus dem Jahr 1977, denn The Wall (1979) ist eigentlich eine Waters-Soloplatte, bei der ihm die anderen assistierten. Bombastisch war auch der Zank innerhalb der Band. Insbesondere der Egomane Waters, der sich zunehmend als Chef aufspielte und 1985 grimmig kündigte, fällt bis heute durch seine Streitlust auf. Aber als Beleg für die letztlich unentschlüsselbare Magie dieser Band dient auch, dass keiner der Beteiligten jemals ein relevantes Soloalbum zustande gebracht hat.

Der Mythos von Pink Floyd ist dagegen intakt geblieben. Bis heute sind ihre Platten Bestseller und faszinieren auch nachgewachsene Generationen. Zuletzt brachte Pink-Floyd-Schlagzeuger Nick Mason übrigens die Syd-Barrett-Songs noch mal auf die Bühne. Allerdings dachte er sich dafür einen neuen Bandnamen aus: Nick Mason’s Saucerful of Secrets. Danke!


Zum Nachhören

Atom Heart Mother: https://www.youtube.com/watch?v=rR0y06jvJhU

Wish Yor Were Here: https://www.youtube.com/watch?v=hjpF8ukSrvk

Animals: https://www.youtube.com/watch?v=dd1y-DDpASk&list=PLHTo__bpnlYVrog7mExJ_e_h9WfH9FYzB

Dark Side of the Moon: https://www.youtube.com/watch?v=ImlFp6QOZRU

The Wall: https://www.youtube.com/watch?v=HrxX9TBj2zY

Christoph Dallach
Christoph Dallach schreibt als freier Autor unter anderem für Die Zeit, Spiegel Online und Mare. Zuletzt ist bei Suhrkamp sein Sachbuch Future Sounds erschienen.

© Stefanie Dallach

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