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Frankfurt am Main

Lebhafte Diskussion zur Finanzkrise

02.04.2012

Mehr gemeinsam gestalten – das verabredeten die Frankfurter Clubs, die deshalb gleich zu Jahresbeginn zu einer Gemeinschaftsveranstaltung einluden.

Auf dem Programm stand die Disputation zwischen den rotarischen Freunden Jürgen Stark, ehemaliger Chefvolkswirt der EZB, und Robert von Heusinger, stellvertretender Chefredakteur der DuMont-Redaktionsgemeinschaft, über ihre sehr unterschiedlichen Standpunkte zur Finanzkrise und der Rolle der EZB.

Präsident Klaus Wächter (RC Frankfurt), dessen Club diesen Abend federführend organisiert hatte, eröffnete die Debatte in der voll ausgebuchten Villa Bonn mit einer Einführung der Freunde Stark und Heusinger. Die Themen des Streitgesprächs und der angeregten Fragerunde drehten sich um die institutionelle Verfassung des europäischen Währungsraums, die Implementierung von Regeln und die Zukunft des Euroraumes.

Ob denn nicht die Wurzeln der aktuellen Krisensituation auch in einer unzureichenden Ausgestaltung des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu suchen seien, fragte zum Beispiel von Heusinger und verwies dabei auf Starks Beteiligung an der Ausarbeitung dieses Regelwerks. Stark widersprach, dass neben einer ausreichenden Anzahl klarer Indikatoren, wie zum Beispiel der Staatsschuldenquote, auch mittelfristige Anforderungen an die europäischen Staaten im Pakt verankert worden seien. Diese auf Reform zielenden Anforderungen seien von den Nationalstaaten zum Teil nicht umgesetzt worden. Nur so konnte ein Land wie Irland trotz einer niedrigen Staatsverschuldung bankrottgehen.

Einig waren sich die Debattanten dagegen bei der Frage der Durchsetzung von Disziplinierungsmaßnahmen gegenüber solchen Nationalstaaten, die ihre Stabilitätsziele nicht erfüllten. Generell vertraten sowohl Freund Stark als auch Freund von Heusinger die Ansicht, dass eine ausschließlich auf nationale Interessen gerichtete Geldpolitik keinen Erfolg haben könne.

 

Zukunft der Geldpolitik

Wie denn die Zukunft der europäischen Geldpolitik zu bewältigen sei, fragte aus dem Publikum Freund Helmut Schlesinger, dem man ganz besonderes Gewicht bei jedem seiner Worte gab. Er verwies damit indirekt auf die hohen und langfristigen Aktiva der EZB, die eine schnelle Reaktion der EZB auf Marktveränderungen potenziell erschwerten. Jürgen Stark äußerte seine Besorgnis über diese Entwicklung, und mit Blick auf die Ankäufe von Staatsanleihen unterstrich er im gleichen Atemzug die Notwendigkeit einer unabhängigen Europäischen Zentralbank. Kritisch blickte dagegen Freund von Heusinger auf eine solche ausschließlich an Stabilität orientierte Zentralbankpolitik und äußerte Zweifel an ihrer Fähigkeit, die aktuelle Finanzkrise zu überwinden.

 

In einer auch durch Zwischenrufe gewürzten Diskussion wurden die gegensätzlichen Positionen zur Wirtschafts- und Geldpolitik der beiden Debattanten deutlich. Gerade diese spannende, aber stets faire Diskussion trug neben den gegensätzlichen Positionen im Diskurs zum Gelingen bei. Das weckt Neugierde auf mehr – gemeinsam in Frankfurt.