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Rotary Magazin

Neue Ausgabe erscheint Anfang Dezember

27.11.2015

Es ist lange her, dass der Orient für Verheißung stand. Stattdessen sorgt der Nahe und Mittlere Osten seit Jahrzehnten zumeist für ein Gefühl der Bedrohung und der Angst, prägen Terrorpaten und Despoten in Staatsämtern den schlechten Ruf einer ganzen Region. Dabei bildeten die Reiche vom Nil bis nach Persien über Jahrhunderte hinweg das geistige, kulturelle und ökonomische Zentrum der Welt, kannten die Levante, Vorder- und Mittelasien, das Zweistromland und die Arabische Halbinsel schon blühende Hochkulturen, als hierzulande die Germanen noch in Wäldern hausten. Die Grundlagen unserer modernen Wissensgesellschaft wurden ebenso in jenem Orient geschaff en wie die unserer heutigen Ernährung – vom einfachen Landbau bis zu den exotischen Zutaten in der Küche.

Zugegeben: Es fällt schwer, an all dies zu erinnern, nachdem nur wenige Tage zuvor in Paris mehrere Terrorkommandos über 130 Menschen getötet haben. Und doch sollte gerade dann, wenn ein paar entwurzelte Fanatiker im Namen ihrer Religion wahllos auf Menschen schießen, oder wenn sie – wie oft geschehen in den letzten Jahren – antike Tempel in die Luft sprengen, nicht vergessen werden, dass ihr Glaube die gleichen Wurzeln hat wie das Christentum und das Judentum.

Die Beiträge des Dezember-Titelthemas des Rotary Magazins sind alle vor den Anschlägen von Paris angefragt und bis auf wenige Einschübe auch davor geschrieben worden. Und doch haben sie nichts von ihrer Aktualität verloren, im Gegenteil. Sie erinnern an jene großen Zeiten, als das Wissen der Welt aus dem Orient in den Okzident kam. Sie fragen aber auch, wie es dazu kam, dass eine blühende Hochkultur solch (selbst-)zerstörische Züge annehmen konnte. Einige Texte widmen sich der Geschichte von den Heiligen Drei Königen, die zwar nur an einer einzigen Stelle der Bibel erzählt wird, gleichwohl eine der prägnantesten Begebenheiten von der Geburt Jesu ist. Diese „Weisen aus dem Morgenland“ stehen symbolisch für die Bekehrung der Heiden; heute erinnern sie uns auch daran, dass das in jüngster Zeit wieder häufig gebrauchte Wort vom „Abendland“ nur in Verbindung mit seinem Gegenbegriff einen Sinn ergibt. Die Zeiten, in denen „Abendland“ und „Morgenland“ eine gedankliche Einheit gebildet haben, mögen lange vorbei sein. Schicksalhaft verbunden bleiben sie allemal.