Zurück Rotary Magazin MAGAZIN

Im Herbst findet im Altai-Gebirge jedes Jahr ein Adlerjagd-Festival statt. Die Tradition der Jagd mit dem großen Raubvogel wird bis heute von Kasachen bewahrt. In dem bis zu 4000 Meter hohen mongolischen Teil des Gebirges säumen Zedern und Lärchen die Jagdgründe.

An anderer Stelle wirken die Gebirgszüge karg und felsig. Das Gebiet ist reich an Bodenschätzen wie Blei, Zink und Kohle, aber auch an Edelmetallen und Eisenerz. Im Winter liegen jedoch häufig zwei bis drei Meter Schnee, das Klima ist rauh.
Eine 30 Meter hohe Dschingis-Khan-Statue mitten in der Landschaft erinnert an den großen Herrscher der Mongolen. Er soll kurz vor dem Gebirge eine goldene Gerte gefunden haben, die ihm das Regieren erleichterte. Der Kopf des Pferdes ist heute eine Aussichtsplattform und erlaubt weite Ausblicke in die Landschaft und auf die Statue.
Weiter im Norden, an den Hängen des Altai kann man - mit etwas Glück - asiatische Steinböcke und Riesenwildschafe beobachten. Die Provinz Ulgii - wo das Adler-Fest stattfindet - ist wie der Rest des Landes nur wenig besiedelt. Hier leben vorwiegend Kasachen (etwa 103.000 im gesamten Land).
Ihren Bräuchen und Traditionen gehen die Kasachen auch in freier Natur nach - ein Baumstamm und Tücher reichen. Kasache bedeutet übrigens "Unabhängiger" oder "Steppenreiter". Bis heute leben viele Kasachen in der Mongolei als Steppennomaden.
Buddhistische Tempel oder Schreine findet man überall. Die Kasachen sind jedoch zumeist sunnitische Muslime. Sie schreiben mit arabischen Buchstaben und entwickelten im 19. Jahrhundert eine kasachische Schriftsprache.
Vom buddhistischen Kloster Gandan ist es nicht mehr weit bis zum Nationalpark Bogd-Uul, in dem Schneeleoparden, Wildschafe, Steinböcke, Maral-Hirsch, mongolische Gazellen, Antilopen, wilde Kamele und wilde Esel leben sollen. Kultur plus Natur - eine gute Mischung.
Beeindruckend ist an jedem Morgen die unglaubliche Weite und Stille der Landschaft, die zum großen Teil tatsächlich noch unberührt ist. Die Berge des Altai reichen bis auf 4500 Meter, Hochtäler liegen bis zu 3000 Meter hoch.
Das rauhe Klima und der oft heftige Wind gerbt die Haut der hier lebenden kasachischen Nomaden. Dennoch halten viele am traditionellen Leben fest - und an den typischen Kalendermarken wie im Herbst das berühmte Adler-Festival zum Auftakt der Jagdsaison.
Der Berkutschi - der Adlerjäger - muss sein Leben genau nach dem Adler ausrichten. Meist kommen die Tiere als junge Vögel in die Familie und werden trainiert. Für die Jagd werden übrigens nur weibliche Adler abgerichtet - sie sind aggressiver und zuverlässiger.
Zu Beginn des Festes treffen sich die Adlerjäger und reiten in langer Reihe zum Festival-Gelände. Die Tiere können bis zu 35 Jahre alt werden, bleiben  aber üblicherweise nur 16 Jahre bei ihren Herrchen - dann werden sie freigelassen.
Vor dem Wettkampf trägt der Adler eine Haube, damit er sich beruhigen kann und durch die vielen Konkurrenten nicht abgelenkt oder aggressiv gemacht wird. Ein Steinadler hat etwa zwei Meter Spannweite und messerscharfe Krallen - kein Beutetier überlebt den Angriff.
Im Winter tragen die Adler in den Familien dazu bei, den Kochtopf zu füllen. Die Kasachen jagen mit ihnen Kaninchen, Füchse und - wenn mehrere erfahrene Jäger und ihre Tiere zusammenarbeiten - sogar Wölfe.
Während des Festes werden die Kategorien Geschwindigkeit, Beweglichkeit und Genauigkeit bewertet. Jeder Adlerjäger versucht hier, das beste aus seinem Jagdgefährten herauszuholen, denn es gilt als große Ehre, in Ulgii zu siegen.
In den Höhen des Altai und auf den Hochweiden des Gebirges ist vor allem das scharfe Auge der Adler gefragt. Kleinere Tiere können dem eindrucksvollen Vogel kaum entkommen, denn er fliegt die Beute oft sehr flach an - und ist pfeilschnell da.
Beim Adlerfest gibt es natürlich auch manche Fachsimpelei, denn die Aderjagd lebt von jahrtausendealten Erfahrungen der Kasachen. Vieles über diese Form der Jagd wird bis heute ganz selbstverständlich an die Jüngsten weitergegeben.
Das Handwerk der Adler-Aufzucht und der Jagd lernt der Nachwuchs direkt in der Familie. Die Trophäen der Jagd trägt man in den kalten Wintern allerdings nicht nur, um die Fähigkeiten des Adlers zu zeigen, sondern auch, weil die Pelze bestens wärmen.
Selbst die Jüngsten probieren schon ihr Glück mit dem Adler. Stolz präsentiert dieser kleine Steppke das zur Familie gehörende Tier beim Festival in Ulgii. Die bis zu fünf Kilogramm des Adlers kann er jedoch nicht tragen - er braucht noch eine Stütze für den Anfang.
Geprägt wird das Fest von den Weiten der umliegenden Jagdgründe im Altai. Die Teilnehmer nehmen eine längere Anreise auf ihren Pferden jedoch gern in Kauf, denn die Teilnahme am Adler-Fest gilt schon als Auszeichnung und Anerkennung ihrer Arbeit mit dem Raubvogel.
Stimmungsvolle Momente am Rande des großen Adlerfestes...
Das Altai-Gebirge zieht sich durch die Grenzregionen der Mongolei, Kasachstans, Russlands und Chinas.
Der Rotarier und Fotograf Dr. Jörg M. Winkhaus starb auf dieser Reise zum Adlerfest im Nordwesten der Mongolei. Diese Bilderserie gehört zu seinen letzten Aufnahmen. Weitere eindrucksvolle Aufnahmen von Winkhaus-Reisen finden Sie HIER (Mongolei und Wüste Gobi) und HIER (Bushmen in der Kalahari) und HIER (Myanmar) und HIER (Papua-Neuginea) und HIER (Äthiopien).