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Quito/Lauterbach

Taskforce „Holt Lene heim“ - mit dem letzten Flieger nach Hause

Quito/Lauterbach - Taskforce „Holt Lene heim“ - mit dem letzten Flieger nach Hause
Lenes Gastfamilie in Ecuador hatte sich auf die Schülerin gefreut und sie herzlich bei sich aufgenommen. © Lene Kahabka (alle Fotos)

Outbound Lene Karhabka schrieb regelmäßig an Freunde und Familie sowie die rotarischen Freunde des entsendenden Rotary Clubs. Doch Corona-bedingt musste sie ihr Austauschjahr vorzeitig beenden – hier Auszüge aus ihrem Bericht.

Christian Kaiser11.05.2020

"Hallo aus Frischborn! Ihr wundert euch sicherlich, warum ich heute aus meinem Heimatort Frischborn schreibe. Seit meinem letzten Bericht vor zwei Wochen über die Galapagos-Inseln ist viel passiert. Ich bin aufgrund der momentanen Situation wieder zurück in Deutschland. Doch bis ich es erstmal in ein Flugzeug geschafft hatte, war ein langer Weg.

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Die Schülerin (Mitte) bei einer Sammelaktion für End Polio Now in Ecuador

Als ich von den Galapagos-Inseln zurückgekommen bin, ging es für mich direkt weiter in das Strandhaus einer Freundin. Dort haben wir noch nicht wirklich viel über dieses neue Virus mitbekommen. Was zu diesem Zeitpunkt in Europa und Asien vor sich ging, schien mir wirklich surreal und noch weit, weit weg.

Ausgangssperre

Doch eines Morgens wurden wir durch einen Anruf von Rotary Ecuador geweckt. Wir mussten uns direkt auf den Weg zurück zu unseren Gastfamilien in Portoviejo machen, da eine Ausgangssperre verhängt wurde. Ich konnte nicht mal mehr mit den Hunden spazieren gehen und war somit in meinem Haus gefangen.

Rotary Deutschland hatte empfohlen zurückzukommen, aber auch den Weg zum Flughafen und den Aufenthalt im Flughafen als sehr gefährlich angesehen, da dort die Möglichkeit bestand, sich leichter zu infizieren.

Die deutsche Botschaft in Quito hatte uns durchgehend mit Neuigkeiten versorgt, damit wir immer über Flüge Bescheid wussten. Als dann die Mail kam, dass es am 27. März einen letzten Rückholflug der deutschen Bundesregierung geben wird, musste auch ich mich entscheiden.

Und da war ich nicht alleine. Ich und 20 andere deutsche Austauschschüler verschiedener Organisationen entschieden, unser Glück zu versuchen, einen Platz im Rückholflieger zu bekommen.

Doch der Weg dorthin war sehr anstrengend und kompliziert. Ich konnte viele Nächte nicht schlafen und lag wach da und habe über alles nachgedacht. Auch meine Gastfamilie war sehr angespannt, da ihre Tochter derzeit in Frankreich ihr Auslandsjahr machte und Ecuador die Grenzen geschlossen hatte.

In der Zeit habe ich über 60 Mails geschrieben und unzählige Dokumente beantragt. Da ich minderjährig bin, standen meine Chancen gut, einen Platz im Flugzeug zu bekommen. Dennoch waren diese zwei Tage die stressigste Zeit meines ganzen Auslandsjahres. Geschlafen habe ich so gut wie nicht mehr, da ich aufgrund der Zeitverschiebung immer bereit sein musste, Nachrichten aus Deutschland zu bekommen.

Von Rotary Deutschland sind besonders Martin Heß vom Rotary Club Lauterbach-Schlitz und Kurt Wengenroth sowie Mariele Becker vom Rotary Distrikt 1820 hervorzuheben. Denn ohne ihre Hilfe und Kontakte über das Rotary Netzwerk, säße ich heute immer noch in Ecuador. Die Taskforce "Holt Lene heim" arbeitete Tag und Nacht, um mich sicher zurück nach Deutschland zu bringen. Die ganze Situation war unglaublich chaotisch, nervenraubend und ungewiss. Ich stand stündlich in Kontakt mit der Konsulin von Deutschland in Quito.

Da der Flug von Quito aus ging, was sieben Stunden Autofahrt von Portoviejo entfernt lag, war dies auch noch ein großes Hindernis für mich, diesen Flug zu erreichen. Da ich zusammen mit einem Freund aus meiner Nachbarstadt war, waren wir zusammen Tag und Nacht am telefonieren und planen.

Wir brauchten einen Passagierschein, der uns überhaupt erlaubte, unser Haus zu verlassen und nach Quito zu fahren. Dann brauchten wir ein Auto und einen Chauffeur. Dies war schwerer als gedacht, da sich keiner, auch nicht meine Gastfamilie, in so einer Situation auf so eine lange und mühsame Reise ans andere Ende des Landes machen wollte.

Fahrt zum Flughafen

Nachdem wir nach langem Suchen nun endlich einen Bekannten meiner Gastmutter überreden konnten, uns nach Quito zu bringen, war das Problem, dass das Auto meiner Gastmutter nur mittwochs und freitags fahren konnte und unser Flug Freitag früh fliegen sollte.

Deshalb mussten wir uns bereits Mittwoch morgens um 5 Uhr auf den Weg machen. Nach vielem hin- und hermailen, haben wir Dienstagnacht endlich die Bestätigung bekommen, dass wir einen Platz im Flugzeug haben. Da konnten ich, meine Eltern und Rotary Deutschland schon mal aufatmen, bevor wir uns am nächsten Morgen in das nächste Abenteuer stürzten.

Wir sind in aller Frühe losgefahren. Ich konnte mich nur noch von meiner Gastfamilie verabschieden. Es war ein sehr komisches Gefühl und ich konnte die ganze Situation nicht realisieren.

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Einmaliges Erlebnis: Der Trip auf die Galapagos-Inseln...

Auf unserem Weg in die Hauptstadt wurden wir acht Mal von Polizei oder Militär angehalten, damit sie unsere Pässe und Passagierscheine überprüfen konnten. Kurz vor Quito mussten wir alle das Auto verlassen, da unsere Temperatur gemessen wurde und wir sowie das Auto desinfiziert wurden.

Da wir Mittwochmittag bereits in Quito ankamen und unser Flug erst Freitag ging, hatte Rotary Deutschland sich um einen Schlafplatz für uns gekümmert. Wir konnten zum Glück bei einer Familie bleiben, deren Tochter letztes Jahr selber Austauschschülerin in Hessen war.

Freitag früh machten wir uns dann auf den Weg zum nahegelegenen Flughafen. Dort angekommen, ging alles sehr schnell. Wir wurden direkt von deutschen Botschaftsmitarbeitern empfangen, die sofort alle möglichen Dokumente von uns haben wollten.

Am Flughafen in Quito habe ich auch endlich einige meiner engsten Freunde wiedergetroffen, die ich seit Oktober nicht mehr gesehen hatte. Das Wiedersehen war sehr schön und wir hatten ja beim bevorstehenden Flug viel Zeit zum Reden.

Zurück in der Heimat

Nach 15 Stunden Flug, auf dem wir aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen kein richtiges Essen bekommen haben, sind wir endlich wieder in Deutschland gelandet. Die Passagiere haben gejubelt und geklatscht vor Freude, endlich angekommen zu sein, nach dieser unglaublich nervenaufreibenden Reise.

Dann waren wir nicht mehr weit davon entfernt, unsere Familien nach sieben Monaten wiederzusehen. Mit unserem Gepäck sind wir dann fast als Letzte durch die Tür gegangen, da wir drinnen am Gepäckband noch so lange wie möglich an unserem Auslandsjahr festhalten wollten, bevor alles vorbei war.

Als wir unsere Familien dann wiedergesehen haben, habe ich immer noch nicht realisiert, dass ich wieder in Deutschland bin. Es war eine unglaublich komische, aber dennoch schöne Situation, dennoch ich war sehr überrumpelt. Ich war überglücklich, als ich meine Eltern und meine kleine Schwester Anni endlich wieder in die Arme schließen konnte - nach sieben Monaten am anderen Ende der Welt.

Ich bin vor allem meinen Eltern, Martin Heß sowie Kurt Wengenroth und seinem Team unglaublich dankbar für Ihre Hilfe. Eure Lene Kahabka"

Christian Kaiser

Christian Kaiser wurde 1942 in Hessen geboren, machte Abitur in Hanau. Studium der Agrarwissenschaften in Göttingen und Bonn mit Promotion. Pächter der Hessischen Staatsdomäne Kinzigheimerhof bis 2004. Öbuv. Sachverständiger. Verheiratet, zwei Kinder. Seit 1981 im RC Hanau. Präsident 1999/2000, PHF+3. 2011 bis 2021 war er Distriktberichterstatter für D 1820.