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Wien, Graz

Eine rotarische Wiedergeburt

Fünfundzwanzig Jahre Ende des Ostblocks – RI-Präsident Gary Huang bedankte sich bei den Österreichern für die rotarische Aufbauarbeit in den östlichen Nachbarländern

Heinrich Marchetti-Venier15.06.2015

Ein Vierteljahrhundert ist seit dem Fall des Eisernen Vorhanges vergangen. Es gehört zur Aufgabe von Rotary gestern und heute, das Miteinander von Menschen im Westen und Osten zu bewahren, damit es nichts Trennendes mehr gibt. Die Europäische Union kam später als Rotary International, das mutig voranschritt und den Distrikten 1910 und 1920 dort sofort die Aufbauarbeit neuer Strukturen anvertraut hat. Inzwischen sind nach einer Sisyphusarbeit RI in fünf Ländern vier Distrikte mit heute 212 Clubs und 4600 Mitgliedern überantwortet worden, die länger, wie in der Tschechischen Republik und der Slowakei (1999) oder Ungarn (2007), oder kürzer wie in Slowenien und Kroatien (2011) ihre eigenen Pflichten wahrnehmen und für ihre Weiterentwicklung sorgen. Bosnien- Herzegowina verbleibt im Distrikt 1910. RI würdigt mit einem sechstägigen Besuch seines Präsidenten Gary Huang (Taipeh) die enorme Aufbauarbeit in diesen Nachbarländern. Past-RI-Direktor Peter Krön (Salzburg) kennt Gary bestens, seit man im Board mitsammen gearbeitet hat, und entspricht seinem Wunsch, Österreich zu sehen und für diese Arbeit für Rotary zu danken. Es bietet sich speziell Graz als Konferenzstandort an, um an die 400 Mitglieder aus elf Ländern zu versammeln, an deren Spitze als Gastgeber Gov. Wolfgang Stalzer (1910) und Christoph Plawenn-Salvini (1920) stehen. Auch Wien wird nicht vergessen, um das kulturelle Erbe des alten, völkerverbindenden k. u. k. Staates zu besichtigen, das sehr wohl mit der Aufbauarbeit in historischem Einklang steht.

Eine Konferenz mit Antworten

Graz empfängt Gary und Gattin Corinne mit allen Ehren. Landeshauptmann Franz Voves und Bürgermeister Siegfried Nagl nehmen sich Zeit. Rot. Elfriede Ederer (Graz-Burg) hat mit Past-Gov. Herbert Ederer (Weiz) die Organisation vor Ort übernommen. Am Vorabend der Tagung lädt das Land Steiermark zu einem noblen Empfang auf die Burg. Die Konferenz gehört ganz der „Rotary Renaissance“ und weist mehrere Höhepunkte auf. Rektorin Christa Neuper stellt die Aula der Grazer Alma Mater zur Verfügung. Von Past-Gov. Franz Harnoncourt (Graz) moderiert, sind zum Kernthema „Fünf Dienste“ bewusst Damen ausgewählt worden. Sie liefern mit zwei Herren Berichte aus der Sicht ihrer Distrikte und zu Polio. Die Begegnung mit der 90-köpfigen Austauschjugend aus 25 Ländern und Walter Weidenholzer (Haag/Hausruck) sowie mit Rotaract und Interact durch Jürgen Menedetter (Wien) ist das Sinnerlebnis schlechthin: Die Jugend singt und tanzt in österreichischer Tracht. In den Pausen finden die wichtigen Begegnungen statt. Es werden ein neues Miteinander aus der Taufe gehoben und Plakate mit der Arbeit aller Distrikte anschaulich präsentiert.

Diskussion erwünscht

Wann ist es möglich, dem RI-Präsidenten Fragen zu stellen? Weil es demokratische Spielregeln gibt, dürfen an einem Frage- und Antwortspiel sowohl die Leader am Podium als das Publikum im Saal teilnehmen. Gary Huang, von zwei RI-Direktoren und sechs Governors flankiert, kann die unterschiedlichen Nöte diplomatisch, aber ehrlich beantworten. Gibt es eine schnellere Katastrophenhilfe, werden wir uns um Flüchtlinge aus Syrien oder der Ukraine kümmern oder wie steht es um Arbeitslose? Einen Katastrophenfonds kann es bei Rotary nicht geben, und wenn Flüchtlinge Sorgen machen, soll Hilfe durch den Einsatz von Clubs und Vernetzung von Distrikten möglich sein. In der den Abschluss bildenden Rede weiß Gary allen herzlichen Dank zu sagen, aber auch das Wachstum von Rotary in der ihm eigenen Anschauung zu betonen: die Familie als Reservoir für Mitglieder nutzen und die neue Berufswelt berücksichtigen, wobei seine Worte „no wrong age for Rotary“ ganz im Sinne recht junger Mitglieder auszulegen sind. Den Ausklang der Konferenz bildet eine liebenswürdige Operetten-Performance mit „Sissi“ unter der Statue des alten Kaisers, um damit Poliospenden zu lukrieren.

Das Rundum

Das Fahren übernehmen Anton (Wien) und Ingrid Hilscher, die Betreuung als Aids ist Jörg (Wien-Albertina) und Lindy Nairz anvertraut. In Wien, wo Peter Birkmayer (Wien- West) organisiert, stehen zu Beginn neben der Visite von Spanischer Hofreitschule und Oper die „I Dance Company“ als Projekt auf dem Besucherplan. Die Hingabe der Behinderten rührt Gary Huang und Gattin Corinne. Den Abschied von Graz verschönt ein interreligiöses Treffen mit Rot. Philipp Harnoncourt (Graz- Schlossberg) in der Leechkirche, gefolgt von einem Ausflug in die alpinen Höhen der Steiermark. Nun übernehmen Gov. elect Gerhard (Bruck/ Mur) und Silda Hellmann mit großer Herzlichkeit die Regie. Hier positioniert sich Österreich noch einmal im kleineren Kreise. Ansprachen und die Gegenrede des Präsidenten gehören dazu, wie beidseitig Geschenke und Ehrungen auszutauschen. Dabei verleiht Gary auch Peter Krön die Ehre eines „Major Donor.“ Ein Heurigenbesuch in Wien beschließt den Besuch. Peter Krön als Convener und seiner Frau Magda Krön gebühren Anerkennung und Dank, den er selbst später an alle Mitwirkenden in berührender Weise erwidert. Die gewachsene Freundschaft unter Menschen und Ländern zu erneuern und sie vermehrt zu leben, ist aber unser aller künftige Aufgabe.

Heinrich Marchetti-Venier

DDr. Heinrich Marchetti-Venier wurde in Oberösterreich geboren. Nach dem Abitur nahm er ein Studium des Lehramtes sowie der Geistes- und Naturwissenschaften an den Universitäten Salzburg auf, es folgten die Stationen, Wien, München, Bochum, Turin, Strasbourg und Washington. Anfangs Tätigkeit in der Raumordnung, später als Historiker und Privat-Gutachter sowie Autor. Er hatte lange Zeit das Amt des Distriktberichters für die österreichischen Distrikte D 1910 und 1920 inne. Heinrich Marchetti-Venier starb im November 2015.