Standpunkt

Das geht noch besser!

by Thomas Spruth |
| Reading-time: 4 Minutes

Die rotarische Hilfestellung zur Bewältigung der Flutkatastrophe war großartig, hat aber auch diverse Defizite unseres Krisenmanagements offenbart.

 

 

 

Die Bilder der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands werden noch lange im Gedächtnis bleiben–nicht nur bei den unmittelbar Betroffenen. Bäche und Flüsse schwollen an und meterhoch stürzten Schlamm, Geröll und Steine die Berge herab und vernichteten vieles, was ihnen im Wege war. Keller sowie ganze Häuser und Produktionshallen hielten dem Wasser nicht stand, riesige materielle Schäden entstanden. Ganz zu schweigen von den Todesopfern. Naturgewalten sind in ihrer unmittelbaren Zerstörungswut einfach erbarmungslos.

 

 

 

Sofort war deshalb der rotarischen Gemeinschaft klar: Wir müssen helfen. Dabei kann auf ein breites Spektrum an Know-how zurückgegriffen werden, was ein enormer Pluspunkt ist. Auf den ersten Blick. Denn es fehlt Rotary die Möglichkeit, dieses Know-how schnell zu identifizieren und reibungslos zu koordinieren

 

 

 

Hilfe für die von der Flut Getroffenen

Am Beispiel des RC Hagen möchte ich die angelaufene Soforthilfe skizzieren: Zuerst haben wir innerhalb kürzester Zeit ein Kernteam für das Krisenmanagement aufgestellt und Aufgaben verteilt. An erster Stelle stand für uns die tatkräftige Unterstützung der von der Flut Getroffenen bei Aufräumungsarbeiten, Entrümpelungen und Entsorgung von Schutt. Im zweiten Schritt galt es, zu Spenden für die Betroffenen aufzurufen, damit Heizungen, Elektroinstallationen, Möbel und Weißwaren schnellstmöglich ersetzt werden können.

Die aktuelle Krise hat dabei schonungslos offengelegt, wo unsere ehrenamtliche Unterstützung wesentliche Lücken hat. Wir sind bei der Koordinierung der Hilfsmaßnahmen auf wi derkehrende Problematiken gestoßen, die den reibungslosen Ablauf schneller rotarischer Hilfsaktionen behindern.

Es fehlt an der Standardisierung in der Aufnahme und Bewertung der einzelnen Bedarfsfälle. Wie kann schnell erfasst werden, wer wirklich Hilfe braucht? Wir haben eine unzureichende Übersicht des Know-hows der Mitglieder. Welcher rotarischer Freund kann wie helfen? Zudem gab es leider Schwierigkeiten in der Einsatzplanung. Es fehlt an Erfahrungen und Vorwissen. Nach welchem Plan ist vorzugehen? All diese Fragen führen zu einer übergeordneten, weitreichenderen Frage: Welche Rolle will Rotary in Zukunft bei solchen Katastrophen spielen?

 

 

 

Die einfachste Lösung wäre eine klare Beschränkung des rotarischen Aufgabenfeldes. Rotary sucht sich vor Ort in den Katastrophengebieten passende Partner wie das THW oder die DLRG. Der klare Fokus von Rotary liegt auf dem Sammeln von Spenden. Der Arbeitsaufwand bleibt abschätzbar, was ein klarer Vorteil dieses passiven Ansatzes ist.

Doch es gibt auch Nachteile: Wir nehmen in Kauf, keine direkte Kontrolle mehr über die Mittelverwendung zu haben. Auf andere Organisationen angewiesen zu sein, funktioniert nur, wenn es eine gute vertrauensvolle Zusammenarbeit gibt. Wir wollen ja, dass unsere Hilfsgelder wirklich dort ankommen, wo sie benötigt werden. Selbst wenn all dies gewährleistet ist, bleiben Nachteile. Wir verzichteten auf die direkte zwischenmenschliche Beziehung zu all jenen, die ebenfalls halfen, und vor allem zu jenen, die Hilfe brauchten. Zu guter Letzt treten wir in der medialen Wahrnehmung ins Abseits. Eine Folge von alldem wäre wohl ein Rückgang der allgemeinen Spendenbereitschaft.

 

 

 

In vielen Gesprächen habe ich immer wieder erlebt, wie sehr unserer rotarischen Gemeinschaft eben genau diese Menschlichkeit am Herzen liegt. Deshalb plädiere ich für eine aktive Form der Hilfe, wie wir sie derzeit leisten. So kommen die Spendengelder vollständig bei den bedürftigen Opfern an. Zweifel ausgeschlossen! Das ist unsere rotarische Selbstverpflichtung.

Um dieser bei künftigen Katastrophen nachzukommen, brauchen wir intern effiziente Funktionen zur Verwaltung der vereinnahmten Mittel (Spendengelder und Sachspenden), Projektbudgets, Maßnahmenpakete, Mittelreservierungen und abrufbare Statistiken, in denen unser Handeln dokumentiert wird. Es bedarf zudem einer clubübergreifenden Abstimmung von Hilfsprojekten zur Vermeidung von Spendenüberschneidungen.

Nach außen hin brauchen wir eine öffentliche Plattform zur Meldung von Unterstützungsbedarf durch Betroffene oder durch Helfer und dazu integriert die Möglichkeit, Unterstützungsbedarf und Hilfsangebote zusammenzubringen.

Wir sind unendlich dankbar für all die finanziellen Hilfen, die uns aus der Region, dem In- und sogar aus dem Ausland erreichen. Die Spendenbereitschaft ist wirklich enorm, das erleben wir derzeit nicht nur beim RC Hagen. Aber wenn sich Rotary in Deutschland nicht zukunftsfähig und strukturiert für zukünftige Hilfen bei Naturkatastrophen und anderen krisenhaften Großereignissen aufstellt, werden wir den a stehenden Aufgaben nicht gewachsen sein. Denn jenseits unserer Stärke als Spendensammler sollten wir uns auch direkt vor Ort den Opfern zuwenden. Lasst uns Mutmacher sein! Wir können das.

Diskutieren Sie mit und beteiligen Sie sich an unserer Meinungsumfrage zu diesem Standpunkt: rotary.de/#umfrage

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Thomas Spruth

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