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Rotary Aktuell

Freundlichste Stadt der Welt

Rotary Aktuell - Freundlichste Stadt der Welt
Die Peace Bridge ist eine Brücke über den Bow River in Calgary, Alberta, Kanada. Sie wurde vom spanischen Architekten Santiago Calatrava entworfen und am 24. März 2012 eröffnet. © Adobe Stock

Seit Jahrhunderten versammeln sich Menschen in Calgary am Zusammenfluss von Bow und Elbow River. Im Juni ist nun Rotary mit der RI Convention 2025 an der Reihe

01.03.2025

Ich komme mit der Erwartung an, Berge zu sehen. Was ich sehe, ist Himmel, viel, viel Himmel mit muskulösen weißen Wolken, die über diese riesige blaue Fläche ziehen wie eine Herde wilder Pferde, die über das offene Gelände galoppieren, ungezügelt und ungebrochen.

Vor drei Jahrhunderten war Calgary ein traditioneller Versammlungs ort der Siksika-, Kainai- und Piikani-Völker, die zusammen als Siksikaitsitapi oder Schwarzfuß-Konföderation bekannt sind. Sie nannten diesen Ort Moh’kinstsis, was „Ellenbogen“ bedeutet und sich auf die große Biegung bezieht, an der der heutige Bow River kurz nach seinem Zusammenfluss mit dem Elbow River abrupt seinen Lauf von Osten nach Süden ändert. „In der alten Blackfoot-Zeichensprache bedeutete das Klopfen auf den Ellbogen, dass man nach Moh’kinstsis ging“, erklärt der Piikani-Gelehrte und Geschichtenerzähler Eldon Yellowhorn. Auch heute noch „bedeutet das gleiche Zeichen eine Reise nach Calgary“.


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Als europäische Siedler in den Südwesten Albertas vordrangen, machten auch sie diesen Ort zu ihrer Heimat. Es entstand eine große Stadt, und heute ist Calgary mit 1,6 Millionen Einwohnern der viertgrößte Ballungsraum Kanadas, der sich jedoch einen spürbaren Sinn für seinen Ort und seine Vergangenheit bewahrt hat. Und nun bin ich hier und schaue mir die Stadt an, die im Juni 2025 die RI Convention ausrichten wird. Im Jahr 1996 reisten schon einmal 25.000 Rotary-Mitglieder aus 126 Ländern und geografischen Gebieten nach Calgary, um an dem 87. Jahreskongress teilzunehmen, der unter dem Motto „Rotary Family Roundup“ stand. Nun bin ich hier.

Calgary Tower

2025, freundlichste stadt der welt, calgary
Der Calgary Tower ist ein 190,8 Meter hoher Aussichtsturm. Den Autor der Geschichte beeindruckte der Himmel über Calgary nachhaltig. Er spricht vom kristallklaren Himmelszelt. © Adobe Stock 

Mein erster Halt: ein Aufstieg in das kristallklare Himmelszelt – dieser Ort provoziert rhetorische Exzesse –, auch bekannt als der Himmel. Und die Berge? Seien Sie beruhigt. Es wird Berge geben. Als der Calgary Tower 1968 eröffnet wurde, war er nicht nur das höchste Gebäude in Calgary, sondern das höchste in ganz Westkanada. Seitdem wurde er allein in dieser Stadt sechsmal übertroffen. Dennoch ist der Turm nach wie vor das erhabene Symbol von Calgary und der Leitstern, an dem sich Besucher bei der Erkundung der Stadt orientieren können. Er ist auch ihre Treppe zum Himmel.

Mit dem Aufzug fahre ich zur Aussichtsplattform, die sich in der Nähe der gut 190 Meter hohen Turmspitze befindet. Auf dem Rundgang um die Aussichtsplattform gibt es kurze Beschreibungen zu allem, was man von oben betrachtet und später vielleicht aus der Nähe sehen möchte. Dazu gehört auch der Scotiabank Saddle dome mit seinem konkaven Dach, die Arena im Zentrum des Stampede Parks, dem Veranstaltungsort der RI Convention 2025. Für Wagemutige gibt es eine Plattform mit Glasboden, von der aus man direkt auf die weit entfernte 9th Avenue blicken kann. Und schließlich winkt im Westen eine schroffe Erscheinung: die Rocky Mountains, die sich wie ein graues Gespenst am westlichen Rand der Great Plains erheben.

Wie der Blick vom Turm zeigt, hat Calgary viel zu bieten. „Jeder, der hier aufgewachsen ist, wird Ihnen sagen, dass Calgary alle Annehmlichkeiten einer Großstadt bietet, ohne die Probleme einer Großstadt zu haben“, sagt Craig Stokke, der Co-Vorsitzende des Organisationskomitees (HOC). „Und obwohl wir zu einer Großstadt herangewachsen sind, haben wir immer noch die Mentalität einer Kleinstadt“ – was im vergangenen Jahr dadurch bewiesen wurde, dass die Leser des Condé Nast Traveller Calgary zur freundlichsten Stadt der Welt wählten. Calgary zieht mich in seinen Bann, und ich möchte mehr erfahren, vor allem über die Historie.

Geschichte der Stadt

Die Geschichte der Stadt Calgary begann 1875, als die North-West Mounted Police einen Außenposten an einem Ort errichtete, der jahrhundertelang ein traditioneller Versammlungsort der Ureinwohner gewesen war. Der vorgesetzte Offizier des Kommandanten, Oberstleutnant James Farquharson Macleod, nannte die Stadt schließlich Fort Calgary, nach einer Burg in Schottland. Heute ist das Fort Calgary ein 40 Hektar großer Campus, der den Ursprüngen der Stadt gewidmet ist, und heißt mittlerweile Confluence Historic Site and Parkland – in der Blackfoot-Sprache I’táámito’táaattsiiyio’pi („harmonischer Treffpunkt“) –, um einer umfassenderen Darstellung der Geschichte dieser Region gerecht werden zu können.

Bevor Sie die Confluence-Stätte verlassen, sollten Sie das Gelände erkunden. Auf dem Weg zum Fort kam ich an einem Theater vorbei, dessen Außenwand mit grünem Kunstgrasbedeckt war. Aus ihr waren Worte herausgeschnitten worden: „Das fühlt sich echt an“. Ganz genau.

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Rotarier Craig Stokke, Corinne Wilkinson und Luanne Whitmarsh besuchen den Zoo. © Monika Lozinska

Im Herzen von Calgarys wiederbelebtem East Village bietet das Studio Bell unwiderstehliche Angebote in Sachen Musik. Wo es nur geht, werden Besucher einbezogen und eingeladen zu lernen oder zu probieren. Das Studio Bell beherbergt das National Music Centre und die Canadian Music Hall of Fame. Nehmen Sie sich mehrere Stunden Zeit dafür.

Das Gleiche gilt für den Zoo von Calgary. Zu den Attraktionen gehört eine neue Ausstellung mit dem Namen Wildes Kanada, die sich mit grauen Wölfen, Eisbären und anderen Wildtieren in den ungezähmten Regionen des Landes befasst.

Kostenloser Transfer

Nach der Wildnis möchte ich zurück in die Zivilisation. Für den Rückweg ins Stadtzentrum nehme ich die Stadtbahn CTrain – Teil des umfangreichen öffentlichen Nahverkehrssystems von Calgary, das für alle Teilnehmer der RI Convention kostenlos sein wird. Ich bin zurück in meinem Hotel, dem ehrwürdigen Fairmont Palliser, und habe noch genügend Zeit, mich auf mein Abendessen vorzubereiten. Calgary ist eine Rinderstadt, und die Einwohner sind stolz auf ihr Rindfleisch, dessen reichhaltiger Geschmack auf die auf Gerste basierende Ernährung der Kühe in Alberta zurückzuführen ist. Und so finde ich mich heute Abend im Vintage Chophouse & Tavern wieder, wo ich ein 680-Gramm-New-York-Strip mit Knochen genieße, das mithilfe eines Messers, oder vielmehr eines kleinen Säbels, zubereitet wird. Nach dem Essen bin ich gut gestärkt für das, was am nächsten Tag vor mir liegt. Nachts hatte es dann stundenlang geschneit, und der Verkehr war ein einziges Chaos. „Wenn Sie heute nicht fahren müssen“, rät die strenge Stimme im Radio, „bleiben Sie zu Hause.“

Lake Louise

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Der Lake Louise © Adobe Stock

Ich ignoriere die Stimme. Ich muss fahren. Schuld daran ist Cindy Walker, das Mädchen aus Zentral-Texas, das 1950 einen typischen Text über den kanadischen Westen schrieb. Er beginnt so:

In den blauen kanadischen Rockies
seufzt der Frühling durch die Bäume.
Und die goldenen Mohnblumen blühen
rund um die Ufer des Lake Louise.

Wegen dieses klagenden Liedes wollte ich schon immer den Lake Louise besuchen, und jetzt war er nur noch 185 Kilometer entfernt. Es brauchte schon mehr als einen Schneesturm, um mein Vorhaben zu vereiteln. Ich finde den Weg zum Trans-Canada Highway und steuere das Auto in Richtung Banff, wo ich die Nacht verbringen will. Es ist eine charmante, kleine Stadt mit niedrigen Häusern, die im Sommer wie im Winter einen Besuch wert ist. Im Chuck’s stürze ich mich auf ein 220-Gramm-Tenderloin und schwinge das kleine Messer, das der zweite Eintrag in meinem demnächst erscheinenden Werk The Steak Knives of Alberta sein wird.

Am nächsten Tag, kurz vor Sonnenaufgang, öffne ich die Vorhänge an meinem Fenster im ersten Stock und entdecke zwei hoch aufragende Lodgepole- Kiefern, die einen azurblauen Himmel in die Höhe halten. Bald bin ich wieder auf der Trans-Canada, und in weniger als einer Stunde finde ich mich unter den Bäumen am Rande des Lake Louise wieder. Ein Ort, der Menschen seit 1882 magisch anzieht. Warum 1882? Im Sommer jenes Jahres folgte Thomas Edmonds Wilson, ein erfahrener 23-jähriger Pionier aus Alberta, seinem Nakoda-Führer Edwin Hunter durch die dichten, unberührten Wälder der Rocky Mountains, bis sie auf ein unberührtes Gewässer stießen. Wilson war verblüfft. „Gott ist mein Richter, ich habe bei all meinen Erkundungen nie eine so unvergleichliche Szene gesehen“, erinnerte er sich später. „Rechts und links reichten Wälder, die noch nie mit der Axt bearbeitet worden waren, bis an die Ufer heran und schienen aus dem blauen und grünen Wasser zu wachsen. Der Hintergrund, anderthalb Meilen entfernt, war in drei Weiß-, Opal- und Brauntöne unterteilt, wo der Gletscher aufhörte und mit dem glänzenden Wasser verschmolz.“

Magnet für Prominente und Touristen

Die Nakoda nannten diesen Ort Horâ Juthin Îmne, den „See der kleinen Fische“. Wilson änderte den Namen in Emerald Lake, und 1884 wurde er erneut geändert, diesmal zu Ehren von Prinzessin Louise Caroline Alberta, der Frau des vierten Generalgouverneurs von Kanada, der vierten Tochter von Königin Victoria und der Frau, die dieser Provinz ihren Namen gab. Ungefähr zu dieser Zeit kam die Canadian Pacific Railway, und das heutige Chateau Lake Louise mit seinen 539 Zimmern, ein Magnet für Politiker, Filmstars und Touristen aus aller Welt, hatte seinen Ursprung in einem einstöckigen Gebäude aus dem Jahr 1894.

Ich beende den Tag mit einem Bad im mineralhaltigen Wasser der Banff Upper Hot Springs. Das Panorama ist unübertroffen: ein Wald aus schneebedeckten Tannen, der dem Gipfel des Mount Rundle weicht, dessen zerklüftete Spitzen von den Strahlen der untergehenden Sonne erhellt werden. Wenn es an diesem Abend Seufzer gibt, dann sind es nur Seufzer der Zufriedenheit.

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Mark Starratt aus dem RC Calgary ist Co-Vorsitzender des Host Organization Committee der Convention © Monika Lozinska

Mein letzter voller Tag in Calgary ist ein Tag der Begrüßung. Die erste findet beim Mittagsmeeting des Rotary Clubs Calgary im Stampede Park statt, wo ich Gast von Craig Stokke bin. Es war vor allem Stokke, der dafür sorgte, dass Calgary die zweite RI Convention ausrichten konnte. Gemeinsam mit Mark Starratt, dem anderen Co-Vorsitzenden des HOC und Mitglied des RC Calgary, machte sich Stokke an die Arbeit, um die RI Convention in seine Heimatstadt zu holen. Unterstützt wurden sie dabei von zahlreichen enthusiastischen Rotary-Mitgliedern, den Verantwortlichen der Stadt und dem bekanntesten Aushängeschild der Stadt: der Stampede, dem jährlichen Rodeo, der Parade und dem zehntägigen Festival, das jedes Jahr mehr als eine Million Besucher nach Calgary lockt.

Willkommenszeremonie

Nach dem Treffen im Stampede Park eile ich zum Mittagessen mit den Leuten von Tourism Calgary. Meine drei Gastgeber – Aviva Kohen, Shelley Zucht-Shorter und Fraser Abbott – laden mich zu einem köstlichen Essen im Deane House ein (mein nächster kulinarischer Tipp). Höhepunkt ist die überraschende Zeremonie vor dem Essen, bei der mich Abbott offiziell in Calgary willkommen heißt. „Es ist nicht wichtig, woher du kommst, wie du aussiehst, wie du betest oder wen du liebst“, zitiert Abbott einen ehemaligen Bürgermeister. „Was wirklich zählt, ist, dass du hier willkommen bist, dass du hierher gehörst und dass du an einen Ort gekommen sind, an dem du dein Bestes geben kannst.“

Abbott überreicht mir einen der für die Stadt typischen weißen Cowboyhüte mit roten Bändern von Smithbilt. Wie angewiesen setze ich den Hut auf und stimme mit Abbott in den traditionellen Schwur der Gastfreundschaft ein, der mit einem lauten „Yeehaw!“ endet. Damit schlendere ich in den Speisesaal. Jetzt fehlt nur noch ein Pferd.

Geoffrey Johnson


Aufsatteln

Die RI Convention findet statt vom 21. bis zum 25. Juni. Bleiben Sie doch dann noch bis zur weltberühmten Calgary Stampede, die am 4. Juli beginnt. Die dazwischenliegenden Tage sind die perfekte Gelegenheit, um einige der sechs Unesco-Welterbestätten in Alberta zu besuchen.

1. Die Canadian Rocky Mountain Parks bestehen aus sieben zusammenhängenden National- und Provinzparks. Einer von ihnen, Banff, ist zu Recht berühmt, aber auch die anderen Parks mit ihren Wasserfällen und Seen, ihren schneebedeckten Bergen und sternenklaren Nächten sind einen Besuch wert.

2. Im Laufe der Jahre haben die grenzenlosen Badlands von Alberta einen Schatz an Juwelen aus der Kreidezeit hervorgebracht. Überzeugen Sie sich selbst im Dinosaur Provincial Park, und besuchen Sie anschließend das Royal Tyrrell Museum of Palaeontology in Drumheller.

3. Der Head-Smashed-In Buffalo Jump bietet einen lebendigen Einblick in die Kultur der Plains und ist mehr als nur die gut zehn Meter hohe Klippe, an der die Ureinwohner schon vor rund 6000 Jahren Bisons jagten und erlegten.

4. Der Waterton-Glacier International Peace Park liegt an der Grenze zwischen Alberta und Montana und umfasst den kanadischen Waterton-Lakes-Nationalpark und den US-amerikanischen Glacier-Nationalpark.

5. Die heilige Blackfoot-Stätte Áísíai’pi (was so viel wie „es steht geschrieben“ oder „es ist abgebildet“ bedeutet), auch bekannt als Writing-on-Stone Provincial Park, ist eine der größten Ansammlungen von Felszeichnungen in Nordamerika.

6. Eine 14-stündige Fahrt von Calgary entfernt befindet sich der riesige Wood Buffalo National Park, in dem neben Bären, Elchen, Wölfen, Eulen und Schreikranichen auch etwa 3000 freilaufende Bisons leben. Sterngucker aufgepasst: Der Park ist auch das weltweit größte Schutzgebiet für den dunklen Himmel.

Anmeldungen: convention.rotary.org