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100 Jahre Rotary Österreich

Pionier der Osterweiterung

100 Jahre Rotary Österreich - Pionier der Osterweiterung
Kurt Seidler hat maßgeblich am Aufbau von Rotary in Osteuropa nach dem Zusammenbruch des Ostblocks mitgewirkt. © Klaus Prokop

Kurt Seidler erinnert sich an rotarische Aufbauarbeit in Osteuropa

01.01.2025

Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa war es der erklärte Wille von Rotary International, rotarisches Leben auch in diesen Ländern aufzubauen. Immerhin waren gleichzeitig mit Wien im Jahr 1925 auch in Prag und Budapest Rotary Clubs gechartert worden.

Der Distrikt 1920 sollte Rotary in Tschechien und der Slowakei aufbauen, dem Distrikt 1910 fielen Ungarn, Slowenien und Kroatien zu. Governor 1994/95 war der Unternehmer Kurt Seidler vom RC Wien-Nordost. Er ist Jahrgang 1933 und erinnert sich genau an die Vorgänge vor 30 Jahren.

In seinem Governorjahr fuhr er 40.000 Kilometer auf schlechten Straßen. Zur besseren Administrierbarkeit erfand er das Amt des Assistant Governors, denn die Vertretung des Governors in den drei Staaten sollten Einheimische übernehmen, damit der Export rotarischen Gedankenguts nicht nach Kolonialismus aussieht.

Sein Motto war: „Aus Nachbarn werden Freunde“.

Er wollte die Menschen mit dem Geist Rotarys erfüllen. Doch die potenziellen Mitglieder hatten auch die Möglichkeit, Lions oder Freimaurer zu werden. Sie trafen ihre Auswahl danach, wo sie am meisten profitieren. Es galt, diese Einstellung zu ändern in: Wo kann ich am meisten dienen? Das ist im Laufe der Jahre auch gelungen.

Es gab gleich von Anfang an gemischte Clubs, denn im Ostblock war es üblich, dass auch Frauen verantwortungsvolle Positionen bekleideten, und diese Damen wurden begeisterte Rotarierinnen.

Kurt Seidler erinnert sich: „Wir wurden vom RC Dubrovnik gebeten, Dachziegel für die vielen von serbischen Granaten durchlöcherten Dächer zu spenden. Die Form dieser alten Dachziegel war einzigartig, sie wurden aber nicht mehr erzeugt. Über rotarische Verbindungen konnte eine Firma in Italien ausfindig gemacht werden, von der Tausende Dachziegel bezogen werden konnten.“ Doch beim Auspacken durchFoto: fuhr alle ein großer Schreck: diese Ziegel waren glasiert und passten überhaupt nicht in das Stadtbild von Dubrovnik. Sollte man die Ziegel zurückschicken? Schließlich kam die rettende Idee. Die neuen Ziegel wurden in die umliegenden Dörfer geliefert, den Bauern kostenlos zur Verfügung gestellt, und mit den alten Ziegeln der Bauernhäuser konnten Dubrovniks Gebäude denkmalschutzkonform gedeckt werden.

Nicht so fein fand Kurt Seidler fernen Kanonendonner während der Charter des RC Karlovac, das erinnerte ihn zu sehr an seine eigenen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg.

Es war noch viel Aufbauarbeit nötig, bis Ungarn 2007 sowie Slowenien und Kroatien 2011 in eigene Distrikte entlassen werden konnten.

Claus Bruckmann