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100 Jahre Rotary Österreich

Übrigens, ich bin eine Frau

100 Jahre Rotary Österreich - Übrigens, ich bin eine Frau
Barbara Kamler-Wild und Uli Kiesswetter © Klaus Prokop

Bei Kaffee und Kuchen erinnern sich die beiden Pionierinnen, Uli Kiesswetter vom RC Wien-Gloriette und Past-Gov. Barbara Kamler-Wild vom RC Wien-Graben.

01.01.2025

Es war kein leichter Weg, anfangs gab es durchaus Widerstand von Rotariern, die sich ein rotarisches Leben mit Frauen nicht vorstellen konnten. Rotarische Freundschaft mit Frauen zu haben, musste erst erlernt werden, so manchen Widerstand gab es auch von Ehefrauen von Rotariern. Zitat: „Meine Frau würde mir nicht erlauben, zu Rotary zu gehen, wenn dort auch Frauen sind.“ Die Bezeichnung „rotarische Freundin“ war fremd und wurde eher noch mit einer außerehelichen Beziehung in Verbindung gebracht.

Da es undenkbar schien, Damen in bestehende (Herren-)Clubs aufzunehmen, arbeiteten die „alten weißen Männer“ im Distrikt 1910 intensiv an der Gründung eines ersten gemischten Clubs. Die Entwicklung war nicht mehr aufzuhalten, doch wollten sie den Fortgang steuern.

Als Gründungsmitglieder wurden vorzugsweise Töchter und Söhne von Rotariern ausgewählt, die idealerweise schon Erfahrung in Rotaract Clubs gesammelt haben sollten. Zusätzlich wurde ein Zeichen gesetzt, indem eine Frau Gründungspräsidentin wurde, die Medizinerin Uli Kiesswetter. Ihr Stellvertreter und Nachfolger war Christian Seidler. Beide sind Kinder von früheren Governorn. Uli Kiesswetter erinnert sich an die ersten Jahre: „Nicht nur ein Mal wurden wir beide als ‚Präsident Seidler und Gattin‘ vorgestellt.“ Viele Briefe aus der rotarischen Welt, in denen sie als Herr Doktor Kiesswetter angesprochen wurde, beantwortete sie mit dem Postskriptum: „Übrigens, ich bin eine Frau.“

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Barbara Kamler-Wild musste gegen Widerstände kämpfen © Klaus Prokop

13 Jahre später haben sich wieder die „alten weißen Männer“ im Distrikt 1910 zusammengefunden, um festzustellen, die Zeit sei reif für eine Governorin. Aber nicht alle dachten so. Im Vorfeld wurde die Kandidatin Barbara Kamler-Wild, Doktorin der Kunstgeschichte, von einem ihrer Vorgänger zu einem Mittagessen geladen, bei dem ihr versichert wurde, sie sei sehr sympathisch, aber er sei fix gegen einen weiblichen Governor. Nach Ablauf ihres Jahres erhielt sie vom selben PDG einen berührenden Lobesbrief. Er hatte den gesellschaftlichen Wandel dann doch akzeptiert. In Deutschland hat es schon einige Governorinnen gegeben, beispielsweise Angela Fürstin Fugger, sie trug 2003 noch den Titel „Distrikt-Governor“. Barbara Kamler-Wild hat dann 2010 für sich den Titel „Governorin“ erfunden. Sie wollte damit der Bezeichnung „Gouvernante“ oder dem englischen „Governess“ zuvorkommen. Sie erzählt: „Wenn ich einen Raum betreten habe, dann wollte ich nicht als Frau Governor angesprochen werden, sondern als Governorin, auch wenn die anderen dafür ein bisschen üben mussten.“

Die neue Normalität hat nicht nur das Berufsleben und die Gesellschaft erreicht, sondern auch Rotary, und das ist gar nicht so lange her.

Claus Bruckmann


Rotary in Österreich und die Frauen

1987 entscheidet der Oberste Gerichtshof der USA, dass Rotary Clubs Frauen nicht länger ausschließen dürfen.

1989 fügt sich RI, und auf der ganzen Welt dürfen nun Frauen Rotary Clubs beitreten.

1997 wird der erste gemischte Club in Österreich, der RC Wien-Gloriette, gechartert.

2010 gibt es in Österreich erstmals eine Governorin.