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Wendezeit oder Zeitenwende?

Rotary Aktuell - Wendezeit oder Zeitenwende?
Das Ensemble Coexist sorgte für musikalische Untermalung © Wilhelm Dietl

Die Rotary Action Group for Peace hat ein Peace Forum in Dresden veranstaltet. Im Zentrum der Konferenz stand der Nahostkonflikt 2024

01.05.2024

Wendezeit im Nahen Osten oder Zeitenwende ins Ungewisse?“ lautete die Frage in der Überschrift beim Rotary Peace Forum 2024 in Dresden. Rasch mussten die Teilnehmer erkennen, dass die aktuellen Großkonflikte derart ineinander verzahnt sind, dass man sie nicht mehr in verschiedene Schubfächer verstauen kann. Eine Erkenntnis, die auch für die Rotary Action Group for Peace neu war.

Eröffnet wurde der lange Nachmittag in der Fachhochschule Dresden durch Karl Gertler (RC Magdeburg), ein ausgewiesener Kenner der christlichen Kirchen im Nahen Osten. Er schilderte mit erschreckenden Zahlen, wie sehr die Gläubigen unter existenziellen Druck geraten und ihren Exodus nicht mehr stoppen können.

Die historische und politische Situation seiner eigenen, ebenfalls bedrohten Volksgruppe zeichnete der gebürtige Kurde Younes Bahram (RC Dresden-Blaues Wunder). Auch die Kurden wurden von den Kolonialmächten betrogen und leben deshalb in vier verschiedenen Staaten. Seit einem Jahrhundert ringen 60 Millionen Menschen um ihre Selbstständigkeit – eine permanente Quelle von Unfrieden und Feindschaft.

Für Putin nur ein Zwischenschritt

Past-Gov. Wilhelm Dietl (RC Cham), Journalist und Autor mit jahrzehntelanger Erfahrung im Nahen Osten, schilderte die aktuelle Situation im „Epizentrum des Konflikts“. Ein intensives Bild der schier ausweglosen Feindschaft zwischen Israelis und Palästinensern – besonders nach dem barbarischen Hamas-Überfall vom 7. Oktober. Ob Konföderationoder Zweistaatenlösung, am Ende blieben Fragezeichen.

2024, wendezeit oder zeitenwende?
Die Mitwirkenden des Peace Forums stellten eine erfolgreiche Veranstaltung auf die Beine © Wilhelm Dietl

Der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (RC Dresden-Goldener Reiter) zeigte mit geschickt eingestreuten persönlichen Erinnerungen, wie eng weit voneinander entfernte Krisen und Kriege verbunden sind. Europa, so sagte er, habe seine führende Rolle verloren und sei der Situation nicht gewachsen. Alte Kolonialmächte seien von anderen abgelöst worden. Auch von Russland. „Wir müssen unsere Position in Europa und der Welt neu definieren und uns viel stärker im Nahen Osten engagieren. (…) Wenn du den Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor“, sagte Ex-Ministerpräsident Milbradt.

In der abschließenden, sehr lebhaften Diskussion hielt der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für die Ukraine sein Publikum in Atem, als er befand, Kiew sei „für Putin nur ein Zwischenschritt“. Deutschland habe lediglich fünf bis sechs Jahre Zeit, um „kriegstüchtig“ zu werden. Auch Atomwaffen seien als Drohszenario akzeptabel.

Zunehmende Islamisierung

Der Soziologe Günter Seufert (zuletzt Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin) hat viele Jahre in der Türkei gelebt und kennt sich dort besonders gut aus. Er informierte die Gäste des Dresdner Rotary Forums über die zunehmende Islamisierung des NatoPartners Türkei. Das beeinträchtige keineswegs die wachsende Korruption, ganz im Gegenteil. Was den Hamas-Überfall auf Israel betreffe, gebe es zwar keine Verurteilung durch die arabischen Nachbarn, aber auch keinen Ruf nach Sanktionen gegen das brutale Vorgehen der Israelis.

Ein Vortragsreigen, der viele zum Nachdenken und Weiterdenken anregte.