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Aktuell

Polio-Event in Oberhausen

Aktuell - Polio-Event in Oberhausen
© Rotary Magazin (alle Fotos)

Der Distrikt 1870 richtete in diesem Jahr das Polio-Event der deutschsprachigen Distrikte in Oberhausen aus. Ein Motivationsschub für alle, die den Kampf gegen Polio weiter befeuern wollen.

27.10.2024

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Besuchte die Poliobeaufttragten und den Polio-Tag in Oberhausen: Past-RI-Präsident Holger Knaack.

Im Vorfeld hatten sich bereits die Poliobeauftragten der deutschen Distrikte in Oberhausen darüber verständigt, wie sie in den kommenden Monaten zusammenarbeiten werden, welche Informationen im Fokus stehen sollten und wie der aktuelle Stand bei der Bekämpfung der Kinderlähmung ist.

Im Fokus der Diskussion stand auch der letzte Polio-Ausbruch und die internationale Reaktion darauf – trotz schwieriger politischer Situation in Gaza war eine große Impfaktion möglich geworden.

Dennoch bleiben einige Polio-Fälle in Pakistan und Afghanistan sowie zusätzlich impfinduzierte Fälle in verschiedenen Ländern der Erde. Gerade am Hindukusch sei durch die Taliban die Situation wieder schwieriger: Weibliche Impfhelfer werden dort nicht mehr akzeptiert. Jedoch seien Aktionen weiter möglich. Und durch schnelle Spendenaktionen könne Rotary auch weltweit wieder sichtbarer werden, so der Tenor. End Polio Now sei an vielen Ecken der Erde auch ein Friedensprojekt. Insgesamt zähle Durchhaltevermögen.

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Der Polio-Zonenbeauftragte Christian Schleuss gab einen Überblick.

Mit Experten diskutieren

Zur deutschsprachigen Polioveranstaltung trafen sich im Kaisergarten knapp 100 Gäste aus allen Distrikten. Begrüßt wurden sie vom Oberbürgermeister der Stadt Daniel Schranz und Governor elect Elke Bartels sowie dem Präsidenten des ausrichtenden Clubs RC Oberhausen Antony-Hütte, Holger Rücken. Schon bei der Anreise hatte ein riesiger Polio-Truck die Aufmerksamkeit der Gäste und der Oberhausener auf sich gezogen. Erstes Highlight: Der Bericht von Past-RI-Präsident Holger Knaack, wie die rotarischen Anstrengungen sich entwickelt haben. "End Polio Now gehört inzwischen zu unserer DNA", sagte er und verwies auf das Versprechen, das Rotary den Kindern der Welt einst gegeben hat. "Auch wenn wir uns in schwierigen Zeiten befinden: Wir müssen durchhalten und weitermachen!"

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War natürlich in besonderer Größe auch dabei: der Polio-Bär.

Weltweit hatten im vergangenen Jahr mehrere Ausbrüche, darunter im Gaza-Streifen, wieder auf das Thema Polio aufmerksam gemacht. Der Poliobeauftragte der Zone 15-16, Christian Schleuss, nahm darauf Bezug und berichtete über den Erfolg des aktuellen Poliokampfes und dass weiterhin in die Entwicklung von Impfstoffen investiert wird. Schleuss warb auch intensiv für die Mitgliedschaft in der PolioPlus-Society.

Dr. Rudolf Tangermann von er WHO versorgte die Zuhörer in seinem Fachvortrag zusätzlich mit Argumenten. Er beschrieb die Bedeutung der Zertifizierung als polio-frei im derzeitigen Kontext der globalen Polio-Initiative. Er gab ein Bild des globalen Labornetzwerkes und berichtete von den Möglichkeiten, auch gegen andere Krankheiten zu impfen und so eine höhere Impfakzeptanz zu erzielen. Außerdem seien in Entwicklungsländern oder auch in Gaza deutlich häufigere Wiederholungen der Impfungen nötig, da viele Kinder angesichts von zahllosen Durchfallerkrankungen nicht sofort einen Schutz aufbauen könnten. Dennoch stehe das Ziel: End Polio Now! Ein Ende des Auftretens des Polio-Wildvirus' sei Ende 2027 denkbar.

Gewinnerprojekte

Herausragende Projekte, die erfolgreich die Clubkassen auffüllen, um die Polio-Kampagne zu unterstützen, wurden beim Polio-Event prämiert. So heimste der Distrikt 1842 mit seiner distriktweiten Stern-Radel-Tour zum Action Day Anerkennung und Lob ein. Mit dem zusätzlichen Engagement rund um die Polio-Tour von Bashar Asfour 2023 konnte der Distrikt zudem über 30 Clubs zu einem Engagement für Polio bewegen.

Der RC Bocholt gewann die Ausschreibung um die beste Polio-Aktion.

Schon längerfristig für Aufmerksamkeit sorgt der RC Herford-Widukind (D1900) mit seinen EPN-Schokoladen. Auch im Weihnachtsgeschäft soll die Präsentbox, die dem Club in den letzten zehn Jahren schon 25.000 Euro Spenden einbrachte, wieder ein Verkaufsschlager werden. Den ersten Platz unter den Projekten errang der RC Bocholt (D1870), der die bekannte Aktion "Deckel gegen Polio" im regionalen Rahmen weiterführt – erfolgreich. Ein Image-Bonus, wie der Club zugab. Den schönsten aller Teddys – den Poliobären – konnten die Vertreter als Preis mit nach Hause nehmen.

Professor Dr. Dirk Busch von der TU München informierte die Teilnehmer des Polio-Tages über den Stand der Impfstoffentwicklung. Ein Blick in die Geschichte offenbarte, was bereits geschafft wurde im Kampf gegen die Krankheit. Und: Mehr als 20 Millionen Kinder konnten bisher vor einer Lähmung bewahrt werden. Dennoch: Der ursprüngliche Plan der Polio-Allianz GPEI, die Kinderlähmung bis zum Jahr 2000 auszurotten, ging nicht auf. Es brauche weiterhin gute Strategien, das Problem zu lösen, sagte der Fachmann. In Gaza sei bereits ein neuer Impfstoff zum Einsatz gekommen. Doch die Gefahr der Einschleppung des Polio-Virus' und neuer Erkrankungen sei angesichts steigender Impfmüdigkeit auch bei uns dramatisch gewachsen.

Einblicke gaben Experten von Universitäten und Polio-Instituten, hier: Prof. Dirk Busch

Eindrücklicher Bericht eines Betroffenen

Was eine Eiserne Lunge ist und was eine Polio-Erkrankung bereits im Kindesalter bedeutet, davon konnte Hans-Joachim Wöbbeking berichten. In seinem dritten Lebensjahr erkrankte er an Kinderlähmung – und schaffte es, ein weitgehend normales Leben zu führen: im Bergbau. Nichtsdestotrotz holte ihn Polio irgendwann ein und zwang ihn letztlich in den Rollstuhl. Sein Leben meistert er dennoch meisterhaft und lässt im Bundesverband Polio e.V. seine Erfahrungen einfließen bzw. setzt Beratung zur Barrierefreiheit in verschiedenen Arbeitskreisen ein.

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Berichtete als Betroffener: Hans-Joachim Wöbbeking.

Ihm sei viel ermöglicht worden – trotz der Krankheit, gab Wöbbeking zu. Vielen Kindern anderswo in der Welt ginge das nicht so. Aber auch hierzulande gebe es noch viele Post-Polio-Fälle, die nicht vergessen werden dürften. Wöbbeking persönlich möchte sich nun um eine Patenschaft für den polio-erkrankten Abdul Rachman in Gaza bemühen. Denn in der Kriegsregion im Nahen Osten sei eine Behandlung wohl kaum möglich.

Das unterstützte auch Dr. Axel Ruetz vom deutschen Poliozentrum in Koblenz, der den Schlusspunkt setzte. Er hat  die Behandlung der hiesigen Post-Polio-Fälle im Blick. Da es bisher keine spezifische Therapie gebe, gelte es die Methoden zu verbessern, die helfen, alle Einschränkungen zu begrenzen. Angesichts der neuen Poliofälle – impfinduziert oder nicht – sei es wichtig, nicht nur an die Ausrottung, sondern auch an die Behandlung zu denken, sagte er.

  • Den Teilnehmern des Polio-Tages bot sich ein umfassendes, informatives Bild rund um die Erkrankung. Auf jeden Fall Gesprächsstoff für die nächsten Meetings und Ideen für Aktionen. Der nächste Polio-Tag im deutschsprachigen Raum wird am 25./26. Oktober 2025 in Luzern ausgerichtet.