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Karlsruhe

Hören und fühlen, was andere sehen

Karlsruhe - Hören und fühlen, was andere sehen
Gerhard Jaworek, Informatiker am Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) der Universität Karlsruhe (KIT) mit ertastbarem Zooplan am Seelöwengehege. © Jörg Donecker/JoDo (zwei Fotos)

Der Zoo Karlsruhe wird attraktiv für Menschen mit Blindheit und hochgradiger Sehbehinderung.

01.09.2019

„Das ist einmalig, das hat kein Zoo in Deutschland oder Europa“, so der sichtlich gut aufgelegte Zoodirektor Matthias Reinschmidt bei der Pressekonferenz vor dem Seelöwengehege im Karlsruher Zoo.

Vorbildhaft für jeden Zoo

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Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt beim Interview: Hofft, dass bald mehr Zoologische Gärten dem Karlsruher Beispiel folgen und damit den Zoobesuch für Sehgeschädigte zu einem größeren Erlebnis machen werden. © Jörg Donecker/JoDo

Vorgestellt wurde zur Saisoneröffnung das Sozialprojekt des Rotary Clubs Karlsruhe. Dessen Präsident, Hans Ott, hatte die Idee entwickelt. Ott war lange Jahre im Bereich Medizintechnik für das Auge weltweit tätig und kennt aus familiärer Erfahrungen die Probleme von Menschen mit Sehbehinderung. Doch wie kann man als Nicht-Betroffener ein solches Projekt sinnvoll umsetzen? Ein rotarischer Freund stellte den Kontakt zum Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) der Universität Karlsruhe (KIT)her, das die Idee begeistert aufgriff und in die richtigen Bahnen lenkte: Gerhard Jaworek, ein dort arbeitender vollblinder Informatiker, setzte sich nachdrücklich für einen ertastbaren Zooplan mit Erklärungen in Blindenschrift ein, den das Team des SZS dann umsetzte. Damit hat jeder Sehgeschädigte die Möglichkeit, vor und während seines Zoobesuchs, der erfahrungsgemäß immer in Begleitung eines Sehenden stattfindet, sich zu orientieren. Neben dem Plan, der für eine geringe Schutzgebühr an den Kassen erhältlich ist, werden in der zweiten Phase an den Gehegen selbst Reliefs von Tierspuren in Originalgröße der Zootiere wie Elefant, Löwe, Giraffe, Schimpanse usw. als Abgüsse aus witterungsbeständigen und Vandalismus-resistenten Materialien ertastbar angebracht.

Akustischer Rundgang durch den Zoo

In einem weiteren Schritt entsteht dann eine Smartphone-App auf IOS-Basis, die mit dem eigenen Smartphone der Blinden einen akustischen Rundgang durch den Zoo ermöglicht. Die Steuerung erfolgt dann durch GPS, Beacons und QR-Codes mit Sprachausgabe: „Nicht alle Blinden beherrschen Brailleschrift“, so Jaworek. Das Projekt wurde im Club, vom Zoo und lokalen Medien begeistert aufgenommen, auch vom Badischen Blinden- und Sehbehindertenverein, der wie andere Verbände die Interessen der insgesamt mehr als 160.000 Blinden und etwa einer halbe Million sehbehinderter Menschen vertritt. Der Rotary-Club Karlsruhe finanziert über seinen Hilfeverein das Projekt in einer Größenordnung von rund 20.000 Euro vollständig aus eigenen Mitteln sowie aus Zusagen seiner Mitglieder langfristig über drei Jahre.

Jürgen Bauder
RC Karlsruhe