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Deutschland braucht attraktives Einwanderungsprogramm

Rotary Aktuell - Deutschland braucht attraktives Einwanderungsprogramm
Jacopo Zamboni © Henley Partners

Nachfrage nach europäischen Staatsbürgerschaften steigt

15.06.2025

In den Monaten seit Beginn der zweiten Präsidentschaft von US-Präsident Donald Trump hat sich das Bild der internationalen Investmentmigration schlagartig verändert. Viele hochqualifizierte und berufserfahrene Menschen, darunter zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer aus den USA, suchen mit ihren Familien neue Perspektiven in Europa. So ist die Nachfrage nach europäischen Staatsbürgerschaften und Aufenthaltsgenehmigungen bei US-Bürgern, von denen viele prominente Positionen in Wirtschaft oder Wissenschaft innehaben, um rund 150 Prozent gestiegen.

Deshalb stellt sich die Frage, wie insbesondere Deutschland von dieser Entwicklung profitieren kann. Interessanterweise entscheiden sich viele globale Investoren, darunter auch US-Bürger, derzeit nicht für Deutschland, sondern für Länder wie Portugal, Italien oder Griechenland. Der Grund dafür ist einfach: Diese EU-Mitgliedsstaaten bieten klar strukturierte Einwanderungsprogramme, die sich speziell an erfolgreiche Unternehmer und Selbstständige richten. Sie bieten wohlhabenden Einzelpersonen und Familien eine echte Chance, in einem neuen Land Wurzeln zu schlagen, sich unternehmerisch zu betätigen, die doppelte Staatsbürgerschaft zu erwerben und von Vorteilen wie dem visafreien Reisen zu profitieren.

Und in Deutschland? Ein einfaches Beispiel wäre ein US-Investor, der in ein Biotech-Start-up in Deutschland investiert und eine Partnerschaft mit ihm eingeht. Möglicherweise möchte er das lokale Managementteam in den ersten Monaten betreuen und begleiten – mit seinem US-Pass darf er sich jedoch nur 90 Tage im gesamten Schengen-Raum aufhalten, was das Engagement des Investors stark einschränkt. Nach den derzeitigen Vorschriften könnte der Investor dieses Problem lösen, indem er eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt, die einen längeren Aufenthalt ermöglicht, aber dies ist in der Regel mit erheblichen Hürden sowohl für den Investor als auch für das Empfängerland verbunden. In der Regel wird es für den Investor einfacher sein, Europa einfach für drei Monate zu verlassen und erneut in den Schengen-Raum einzureisen. Eine neue Lösung, die bereits von anderen Ländern erfolgreich angewandt wird, könnte ein Visaprogramm für Investoren sein, dass ein straffes und äußerst strenges Verfahren mit einem flexiblen Ergebnis für diejenigen erlaubt, die einen Beitrag für das angestrebte Zielland leisten wollen. Das würde es diesem Land zudem ermöglichen, einen klaren Überblick über diejenigen zu haben, die investieren. Stellen Sie sich vor, wie einfach es für die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland wäre, sich auf bequeme Weise an ein Publikum zu wenden, das oft jahrelang umworben werden muss. Die skalierbaren Auswirkungen sind immens.

Im Vergleich zu anderen Ländern hat Deutschland noch immer einen gewissen Nachholbedarf. Die deutsche Investitionszuwanderungspolitik ist nach wie vor schlecht strukturiert und sehr bürokratisch.

Deutschland hat sich nie als klassisches Einwanderungsland etabliert, wie Neuseeland oder Australien. Diese Länder haben über Jahre hinweg Investitionseinwanderungsprogramme entwickelt, die den Zuzug von erfolgreichen Unternehmern und vermögenden Geschäftsinhabern an klare Bedingungen knüpfen und so den Prozess vereinfachen. Diese Länder haben erkannt, dass vermögende Personen nicht nur Investoren sind, sondern auch Unternehmer, Philanthropen, die vielfältige Verbindungen herstellen.

Unter Investitionsmigration versteht man die Gewährung von Aufenthalts- oder Staatsbürgerschaftsrechten an Investoren, die einen erheblichen Beitrag zu einem Land leisten (in der Regel finanziell, aber auch in anderer Form), aber im Gegensatz zur gewöhnlichen Migration verpflichtet das Empfängerland die Personen nicht dazu, sich tatsächlich anzusiedeln.

Im Grunde genommen ist die Investitionsmigration für beide Seiten vorteilhaft: Die Investoren erhalten Zugang zu neuen Märkten, einem günstigen Umfeld und breiteren persönlichen und beruflichen Perspektiven, während die Aufnahmeländer von dringend benötigten wirtschaftlichen Beiträgen, einem Zufluss ausländischer Investitionen und von Personen profitieren, die netto zum jeweiligen Wirtschaftssystem beitragen.

Der aktuellen deutschen Politik fehlt es an Programmen, um vermögende Privatpersonen, Investoren und erfolgreiche Unternehmer anzuziehen, die allesamt von der hiesigen Wirtschaft dringend benötigt werden.

Indem er viele seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger zu einem so weitreichenden Schritt wie der Auswanderung veranlasst hat, hat Donald Trump eine Chance geschaffen, die sich Deutschland entgehen lässt. Die bestehenden Instrumente, darunter die im Jahr 2012 eingeführte Blaue Karte EU, haben sich in der Praxis nicht bewährt: Sie zielen vor allem auf talentierte Führungskräfte und leitende Angestellte ab, die ihren Wohnsitz vollständig verlagern wollen, um in Deutschland zu arbeiten. Wenn Deutschland es nicht schafft, ein attraktives Einwanderungsprogramm zu schaffen, riskieren wir, talentierte Unternehmer und Investitionen an andere europäische Länder zu verlieren.

Die deutsche Wirtschaft könnte durch die gezielte Ansiedlung erfolgreicher Unternehmer nicht nur von einem breiteren Spektrum an Fachwissen und Netzwerken profitieren, sondern auch vom Kapital und von Innovationen, die sie mitbringen. Mit ihrer Erfahrung in Bereichen wie Unternehmensgründung, Schaffung von Arbeitsplätzen und Förderung von Innovationen könnten sie dazu beitragen, unser Land weiter zu modernisieren.

Einwanderungspolitik gestalten

Mein Appell an die politischen Kräfte in Berlin: Schaffen Sie zügig einen Rahmen für die Investitionsmigration, um weltweit mobile Talente und Kapital anzuziehen. Das entsprechende Fachwissen für die Gestaltung solcher Programme ist vorhanden – das Rad muss nicht neu erfunden werden. Die derzeitige globale geopolitische Lage bietet eine einmalige Chance, Deutschlands internationalen Ruf als attraktives Einwanderungsland zu stärken. Die Innovationskraft und der Unternehmergeist international tätiger Investoren, die ihre Beziehungen zur weltweit führenden Unternehmergemeinschaft in Deutschland vertiefen und mit ihr zusammenarbeiten, könnten ein Wachstumsmotor für die deutsche Wirtschaft sein. Wenn das Thema richtig verstanden wird, könnte dies zu einem überparteilichen Vorschlag werden und nicht zu einer einseitigen Gesetzesinitiative. Die Investoren werden einen nachhaltigen Beitrag zur lokalen Wirtschaft leisten (was die meisten politischen Kräfte anspricht). Es können direkt oder indirekt Mittel aufgebracht werden, die Teilen der Gesellschaft, die es normalerweise schwer haben, zur Verfügung gestellt werden (was die progressiveren politischen Parteien anspricht). Hinzu kommt, dass die Investoren keine Belastung für die lokale Gesellschaft darstellen, da die meisten von ihnen nicht dauerhaft nach Deutschland umziehen wollen – was jene politischen Parteien anspricht, die sich Sorgen über die Auswirkungen auf die einheimischen Arbeitskräfte machen oder die besonders besorgt sind über Phänomene, die durch ungesteuerte Migrationstrends entstehen.

Deutschland ist seit jeher ein Nettoexporteur von Gütern – daher auch die besondere Beziehung zu den USA –, aber gleichzeitig auch auf dem Weg, ein „Nettoexporteur von Millionären“ zu werden. Denn viele deutsche Familien investieren im Ausland und verlegen ihren Wohnsitz dorthin. Es ist an der Zeit, diesen Trend umzukehren, und jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür.

Jacopo Zamboni


Jacopo Zamboni ist Managing Partner bei Henley & Partners Switzerland in Zürich. Er berät Regierungen und internationale Organisationen sowie Privatpersonen in den Bereichen Staatsbürgerschaft und Investmentmigration.