Recherchereise Tag 6
Lemberg: Ein Besuch in der Ukraine
Rotary-Magazin-Redakteur Florian Quanz ist direkt in die Ukraine gefahren. In Lemberg besucht er Rotarier, die von hier aus versuchen, Hilfsgüter im Land zu verteilen.
Ich blicke ein letztes Mal zurück. Karin Hirsch-Gerdes vom Rotary Club Kamen fragt mich, ob ich ein mulmiges Gefühl habe. Nein, sage ich. Alles gut. Ihre Mitstreiterin Kerstin Lüttke schaut skeptisch. Ich verabschiede mich und danke nochmal für den Transport an die Grenze. Nun sind es noch 500 Meter, die mich von der Ukraine trennen. Einem Land, in dem gerade Krieg herrscht. Auf der ukrainischen Seite wartet bereits Orest Semotiuk vom RC Lviv International auf mich. Er holt mich von der Grenze ab und dann fahren wir nach Lviv, in Deutschland und vor allem Österreich besser bekannt als Lemberg.
Die vergangenen Tage habe ich viel über rotarische Arbeit in Polen erfahren. Mit welchem Eifer die dortigen Rotarier Tag für Tag im Einsatz sind, der Zivilbevölkerung in der Ukraine, aber auch den Flüchtlingen, die nach Polen gekommen sind, zu helfen. Nun bin ich gespannt, wie in der Ukraine, genauer gesagt in Lemberg, die Rotarier arbeiten. Bis auf einzelne Raketenbeschüsse ist diese Region ganz im Westen des Landes bisher verschont geblieben. Die Stadt ist der zenrale weitere Umschlagplatz für rotarische Hilfsgüter, die dann weiter im Land verteilt werden. Ich weiß, dass der RC Lviv International seit Wochen unermüdlich im Einsatz ist, Hilfsgüter entgegenzunehmen, sie zu sortieren, zu lagern und dann den Weitertransport zu organisieren.
Doch was ich zu sehen bekomme, übertrifft bei Weitem meine Erwartungen. Der Club nutzt verschiedene Lagerhallen über die gesamte Stadt verteilt. "Jeder Hilfstransport hat eine eigene Lagerfläche", erklärt mir Orest Semotiuk. Ist der Weitertransport dieser Hilfsgüter erledigt, kommen neue von einem anderen Transport in dieses Lager. "Für jeden Transport gibt es einen anderen Zuständigen aus unserem Club. So bleibt nicht alles an einer Person hängen", so Orest weiter. Dieser Person wiederum würden sich dann weitere Freiwillige anschließen, so dass immer genug vor Ort seien, um das Aus-und Beladen zu bewerkstelligen. Es sind riesige Lagerflächen, die ich beim ersten Stopp zu sehen bekomme. Weitere Lagerflächen werden mir anschließend gezeigt – und ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ob Erste-Hilfe-Sets, Kleidung oder Rollstühle, der Club hat alles bestens sortiert.
Tief beeindruckt von diesem Engagement erreiche ich am Abend das Appartment von Lars Vestbjerg. Der gebürtige Däne hat einst den Rotary Club ins Leben gerufen und mir für die Nacht ein Bett bereitgestellt. Aber nicht nur mir gibt er ein Dach über den Kopf, auch einem geflüchteten Ukrainer. Mit seinem rotarischen Engagement geht er mit bestem Beispiel voran.
Am morgigen Tag möchte mir Orest erst einmal sein Lviv (Lemberg) zeigen, dann besuchen wir einen rotarischen Freund, der auf seinem Firmengelände vielen Geflüchteten aus der Ost-Ukraine ein Zuhause gibt.