Buch des Monats - Manfred Spieker
Ein klares Bekenntnis
In seinem Buch „Gender-Mainstreaming“ widmet sich Manfred Spieker (RC Osnabrück) einem vermeintlich guten Ziel, das die Grundlagen unserer Gesellschaft umkrempelt
Die Liste der historischen Benachteiligung der Frauen ist lang. Das reine Männer-Wahlrecht (das jahrzehntelang selbst in Demokratien galt), die ungleiche Bezahlung der Geschlechter in vielen Beschäftigungsverhältnissen und die Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen sind nur ein paar Beispiele. Gegen diese Ungleichbehandlung streiten seit Generationen zahlreiche Initiativen und Politikansätze. Einer der populärsten ist das sogenannte „Gender-Mainstreaming“, dessen Ziel es ist, die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern bei allen Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu berücksichtigen, um so ihre Gleichstellung durchzusetzen.
In seiner neuesten Studie hinterfragt nun der Osnabrücker Sozialwissenschaftler Manfred Spieker, ob „Gender-Mainstreaming“ tatsächlich ein Synonym für die Gleichstellung der Geschlechter und den Abbau von Diskriminierungen geworden ist, oder ob sich dahinter nicht ganz andere Ziele verbergen.
Kulturrevolution
Spieker beschreibt zunächst die Karriere und Philosophie des Begriffs „Gender-Mainstreaming“. Für ihn bedeutet er weit mehr als nur die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Einstellung von Gleichstellungsbeauftragten in allen Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung. Vielmehr ergibt sich für ihn aus der Philosophie des Gender-Mainstreaming „mit zwingender Logik“, dass dessen Befürworter eine Kulturrevolution anstreben, in der die geschlechtliche Identität des Menschen in Frage gestellt wird.
Anschließend untersucht Spieker die politische Implementierung des Gender-Mainstreaming. Drei Etappen stehen dabei im Mittelpunkt: die Legalisierung eingetragener Lebenspartnerschaften, die neue Familien- und Krippenpolitik und die Verpflichtung der Schulen auf die „Sexualpädagogik der Vielfalt“. Insbesondere hier wird für den Autor deutlich, dass Gender-Mainstreaming wenig mit Gleichberechtigung von Männern und Frauen, aber viel mit der Infragestellung dergeschlechtlichen Identität zu tun hat.
Als streitbarer Katholik hinterfragt Spieker auch das Verhältnis der Kirchen zum Gender-Mainstreaming. Als Beispiele dafür, dass dieser auch in die großen christlichen Glaubensgemeinschaften Eingang gefunden hat, nennt der Autor u.a. die Familien-Denkschrift der EKD von 2013, die „Familie neu denken“ und die Vielfalt von privaten Lebensformen unterstützen will. In der katholischen Kirche reichen aus seiner Sicht die positiven Stimmen zum Gender-Mainstreaming „von naiver Rezeption der Gender-Perspektive über problematische Anpassungen bis zu missionarischem Eifer, das ‚befreiende Potential’ der Gender-Perspektive für die Kirche fruchtbar zu machen“. Abschließend plädiert Manfred Spieker für „Ehe und Familie als bleibende Ressource der Gesellschaft“, die alle historischen Entwicklungen und Kulturen überdauert hat, sowie für eine „menschenwürdige Sexualität“.