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Rotarische Waisenhilfe in Uganda

Phoebes letzter Wille

Nachdem seine Eltern durch Aids umgekommen waren, entschied sich Justine Ojambo (links), der älteste von sieben Geschwistern, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und den letzten Willen seiner Mutter zu erfüllen: Kindern mit ähnlichen Schicksalen zu helfen. 2003 gründete er mit zwei Brüdern PEFO.

Christoph Trojok24.09.2013

Uganda – ein Land, das in kolonialen Zeiten „die Perle von Afrika“ genannt wurde. Hier liegt der Viktoriasee, zweitgrößter See der Erde. Hier beginnt der Nil als längster Fluss der Welt seine Reise bis zum Mittelmeer. Die Böden sind fruchtbar, paradiesische Gärten sowie Mango-, Zucker- und Bananenplantagen prägen die Landschaft. Aber die Straßen aus rotem Lehm deuten es an: Uganda gehört zu den ärmsten Ländern der Erde. Seine Gesellschaft leidet an Korruption, politischen Konflikten und Überbevölkerung. Das Bevölkerungswachstum  ist so groß, dass sich diese theoretisch alle 22 Jahre verdoppelt. Über 34 Prozent der Menschen leben unter der Armutsgrenze, die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt lediglich 54 Jahre. Es wird vermutet, dass die weltweite Aids-Epedemie vor etwa 25 Jahren hier an der Quelle des Nils rund um die Stadt Jinja ihren Ursprung hatte.

 „Es ist schlimm, seine Eltern an Aids sterben zu sehen, aber besonders anstrengend und frustrierend war es bei meiner Mutter“, beginnt Justine Ojambo nachdenklich. Er steht vor einer der traditionellen Lehmhütten und beobachtet die Kinder beim Spielen. Im Hintergrund sitzen einige Großmütter in ihren typischen bunten Kleidern und lächeln freundlich. Justine ist auf den ersten Blick nicht das, was man in Ostafrika als „Big Man“ bezeichnen würde. „Big Man“ umschreibt umgangssprachlich eine Persönlichkeit, die sowohl durch körperliche Statur, als auch qua Ausstrahlung automatisch die Rolle einer Führungspersönlichkeit einnimmt. Justine ist von eher schmächtiger Statur, nur 1,60 m groß, hat ein bescheidenes Lächeln und wirkt unscheinbar.

„Aber dann dachte ich, dass es niemandem helfen würde, untätig zu bleiben und über die vielen Probleme zu klagen“, fährt Justine fort. „Ich entschied mich, die Herausforderung anzunehmen und aus Schlechten etwas Gutes hervorzubringen. In Uganda benutzt man ein Sprichwort, welches besagt, dass nur derjenige weiß, wo der Schuh drückt, welcher ihn selbst getragen hat.“ Man beginnt zu begreifen, wie dieser kleine Mann es schaffen konnte, 2003 zusammen mit zweien seiner Brüder eine NGO zu gründen, die in Uganda mittlerweile zu den größten und erfolgreichsten zähltdie "Phoebe Education Fund for Aids Orphans” (PEFO). Ihre Mutter Phoebe war aus dem Sudan geflüchtet und an den Folgen von Aids gestorben. Nach ihrem Tod hat sich ein christlicher Missionar Justine und seinen Geschwistern angenommen und ihnen sowohl Schul- als auch Universitätsbesuch ermöglicht.  

Die Vision von PEFO ist eine Gesellschaft, in der alte Menschen und Waisenkinder ein hohes Selbstwertgefühl haben und für sich selbst und ihre Umwelt nützlich sind. PEFOs Mission ist es, sich um die Belange dieser Menschen zu kümmern und sie zu unterstützen – für eine nachhaltige Entwicklung. „Wir haben viele Projekte, die unsere Waisen und diejenigen, die sich um sie kümmern, unterstützen. Da hier durch Aids beinahe eine ganze Generation dahingerafft wurde, sind es nun vor allem die Großmütter, die die Erziehung der Waisenkinder stemmen müssen. Das Prinzip lautet deshalb: Hilf denen, die selbst Hilfe geben", erklärt Justine. Zu diesem Zweck hat PEFO mittlerweile unzählige Projekte initiiert, momentan sind über 641 Großmütter und 1271 Kinder in den Programmen registriert. Zum Beispiel wurden über 200 Lehmhäuser als Unterkünfte gebaut. Außerdem gibt es zahlreiche Projekte, um Kindern eine angemessene Ausbildung zu ermöglichen. In der von PEFO gegründeten Landwirtschaftsschule erlernen sie zusätzlich, wie man mit innovativen Techniken auf dem Land überleben kann. „Zu sehen, wie Waisen und Großmütter neue Hoffnung schöpfen und ihre Lebensfreude zurückgewinnen, macht mich zu einem glücklichen Menschen“.

Vor drei Jahren trat Justine Ojambo dem Rotary Club of Jinja bei. „Es ist gut, hier Mitglied zu sein. Die Mission „Service above Self“ bringt viele Gleichgesinnte an einen Tisch“, sagt Justine Ojambo und erzählt, das die PEFO bisher durch Spenden aus Europa und Kanada finanziert wurde. Vom ugandischen Rotary Club bekam PEFO bislang noch keine finanzielle Unterstützung, „allerdings steht die Gemeinschaft immer mit gutem Willen und Rat zur Seite und hilft wo immer sie kann.“  Über einen Kontakt zu europäischen Rotariern würde sich Justine sehr freuen: „Rotarier und andere Interessierte sind immer herzlich willkommen. Das rotarisches Selbstverständnis kennt keine Ländergrenzen.“  Als nächstes plant PEFO das Projekt „Light up a village“: Ein ganzes Dorf wird mit Solarzellen ausgestattet – ein Pionierprojekt in Ostafrika. Mutter Phoebe wäre unglaublich stolz auf ihre Söhne.



Zum Autor:

Christoph Trojok (25) arbeitet bei PEFO seit August 2013 als Bauingenieur. Als Fachmann für Lehmbau berät und unterstützt er bei der Herstellung von Lehmhäusern. Er möchte eine Brücke zwischen Europa und Afrika schlagen – zwei Welten, die getrennt voneinander leben, obwohl sie so vieles verbindet.