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Interview mit RI-Generalsekretär John Hewko

„Wir arbeiten mit unseren Partnern an nachhaltigen Projekten"

Interview mit RI-Generalsekretär John Hewko - „Wir arbeiten mit unseren Partnern an nachhaltigen Projekten"
RI-Generalsekretär will weiter den Fokus auf die Schwerpunktbereiche richten. © RI

Beim Global Support Seminars 2025 führte Lead Facilitator Sérgio Almeida ein Interview mit dem Generalsekretär von Rotary International, John Hewko, über den aktuellen Stand und die Zukunft von Rotary.

01.08.2025

Welches sind in diesem unsicheren und unbeständigen globalen Kontext die größten Herausforderungen für Rotary?

In 120 Jahren hat Rotary zwei Weltkriege, den Kalten Krieg und mehrere verheerende Pandemien überstanden. Wir haben all dem widerstanden und wurden dadurch gestärkt, weil wir stets an unserem Auftrag und unseren Werten festgehalten haben. In Zeiten wie diesen werden wir wieder einmal an die Stärke von Rotary und die Bedeutung der Unterstützung unserer Organisation erinnert.

In Anlehnung an die vorhergehende Frage: Wie kann Rotary lokal und international etwas bewirken?

Wir werden weiterhin unsere Schwerpunktbereiche verfolgen, um Lösungen zu finden und langfristige Ziele zu erreichen. Durch unsere Programme, Grants und zwischenmenschliche Diplomatie bekämpfen wir die Ursachen von Konflikten und schaffen ein Umfeld, das dem Frieden förderlich ist. Wir arbeiten mit unseren Partnern an nachhaltigen Projekten, die Armut, Ungleichheit und mangelnden Zugang zu Bildung bekämpfen. Und das lokal und international.

Wir sehen jedes Jahr den Ein- und Wiederaustritt von Mitgliedern in Clubs, was zu einer Stagnation der Mitgliederzahlen führt. Wie können wir mehr Mitglieder in den Clubs halten?

Unsere Untersuchungen bestätigen, dass das Cluberlebnis der wichtigste Faktor für die Zufriedenheit und Bindung der Mitglieder an Rotary ist. Mitglieder bleiben im Club, wenn sie eine positive und sinnvolle Erfahrung machen. Diese Erfahrung wird durch die einzigartige Kultur eines jeden Clubs geprägt - die Beziehungen, Aktivitäten, Führung und Praktiken, die ihn ausmachen. Wenn sich Clubs darauf konzentrieren, Treffen angenehm zu gestalten, starke Bindungen zu schaffen, Wachstums- und Dienstmöglichkeiten anzubieten und Vertrauen in den Vorstand zu fördern, schaffen wir ein Umfeld, in dem sich die Menschen dem Club wirklich zugehörig fühlen.

Der Schlüssel liegt darin, dass jeder Club seine eigene Kultur erkennt und sie mit den Bedürfnissen, Motivationen und Erwartungen seiner Mitglieder in Einklang bringt.

Was formt die Erfahrung im Club?

Die Gründung neuer Clubs und die Entwicklung der Mitgliederzahlen sind entscheidend für die Aufrechterhaltung unseres weltweiten Unterstützungsnetzwerks. Welche Art von neuen und innovativen Clubs können wir gründen? Rotary wächst, wenn wir neue Menschen anziehen und neue Clubs gründen, die den Mitgliedern vielfältige und flexible Erfahrungen bieten. Clubs haben die Flexibilität, ihr eigenes Modell zu wählen oder zu schaffen. Clubmodelle sind die Ansätze oder Elemente, die Clubs ihren Mitgliedern anbieten.

Dabei können Clubs innovative Modelle nutzen, um die Bedürfnisse und Interessen potenzieller Mitglieder und Teilnehmer zu erfüllen, sei es ein Engagement für eine Sache, ein gemeinsames Interesse oder Hobby, ein Club, der den Aufbau von Kontakten und Netzwerken in den Vordergrund stellt, und vieles mehr. Bei der Gründung neuer und innovativer Clubs ist es wichtig, die Kultur, die wir in diesen Clubs schaffen, zu berücksichtigen. Neben Kreativität und Flexibilität müssen die Clubs auch die Motivationen, Identitäten und Erwartungen ihrer Mitglieder berücksichtigen, um Engagement und Bindung zu gewährleisten.

Ressourcen für die Gründung neuer Clubs:

  • Satellitenclubs (Video)
  • Leitfaden für Satellitenclubs (PDF)
  • Neue Clubs, innovative Modelle (Video)

Polio ist seit langem ein großes Thema für Rotary. Wie ist der aktuelle Stand? Können wir vorhersagen, wann die Krankheit ausgerottet sein wird?

Die Globale Initiative zur Ausrottung der Kinderlähmung (Global Polio Eradication Initiative) verfolgt das Ziel, Polio bis Ende 2029 auszurotten. Das Poliovirus ist nur noch in zwei Ländern endemisch, in Afghanistan und Pakistan. Hier sind wir mit Herausforderungen wie (politischen) Konflikten und Unsicherheit, Massenmigration und konkurrierenden Gesundheitsprioritäten konfrontiert. Für 2024 wurden in diesen beiden Ländern zusammen weniger als 100 Polio-Fälle verzeichnet. Viele der durch Polio gelähmten Kinder leben entlang der Grenze zwischen den beiden Ländern. Auch bei den Ausbrüchen der Poliovirus-Variante, von denen Afrika stark betroffen ist, sind Fortschritte zu verzeichnen. Seit 2022 konnten wir hier einen jährlichen Rückgang dieser Fälle verzeichnen, mehr als 50 %  für 2024 im Vergleich zu 2022.

Rotary hat sein Engagement für seinen Aktionsplan verstärkt. Inwieweit ist diese Initiative für die Distrikte und Clubs wichtig?

Zweifelsohne ist der Aktionsplan nicht nur eine weitere Initiative, sondern der strategische Plan von Rotary, der von Mitgliedern und Teilnehmern entwickelt wurde, um unsere Zukunft zu gestalten.

Er ist für Clubs und Distrikte äußerst wichtig, denn er wurde entwickelt, um Rotary dabei zu helfen, sich in einer sich ständig verändernden Welt anzupassen und darin zu gedeihen. Wir tun das, indem wir Herausforderungen wie den rasanten technologischen Fortschritt, die zunehmende Komplexität der Beziehungen zwischen den Menschen und die Planung für eine Zukunft nach der Ausrottung von Polio konsequent angehen.

Unsere Untersuchungen zeigen, dass die meisten Mitglieder glauben, dass der Aktionsplan Rotary in die richtige Richtung lenkt. Tatsächlich sind die Regionen mit dem größten Engagement für den Aktionsplan auch diejenigen, die am stärksten wachsen. Der Aktionsplan ist besonders relevant für die Zielgruppe, die wir erreichen und an uns binden wollen — einschließlich junger Menschen und Frauen.

Obwohl der Aktionsplan die Effektivität der Führungsebene und die Fähigkeit der Clubs, wirkungsvollere Projekte zu entwickeln, positiv beeinflusst hat, ist zwischen 2020 und 2024 die Zahl der Clubs, die den Plan aktiv umgesetzt haben, nur minimal gestiegen. Daher gibt es immer noch eine große Chance, das Verständnis und die Anwendung des Plans in den Clubs zu vertiefen.

John, Sie sind seit 2011 der Generalsekretär von Rotary. Welches Vermächtnis würden Sie der Organisation und der Welt gerne hinterlassen?

Keine einzelne Person in Rotary hat ein Vermächtnis; das ist etwas, das durch die aktive Zusammenarbeit von Rotarys ehrenamtlichen Führungskräften und unseren professionellen Mitarbeitern aufgebaut wird. In diesem Sinne bin ich sehr stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben, insbesondere in drei Bereichen.

Der erste ist unser Management. In den letzten zehn Jahren blieben die Kosten von Rotary unter der Inflationsrate, während wir unseren Mitgliedern mehr Leistungen bieten konnten. Wir haben einen gesunden Reservefonds aufgebaut, selbst nachdem wir uns der Herausforderung einer weltweiten Pandemie stellen mussten. Im Vergleich zu anderen globalen Non-Profit-Organisationen befinden wir uns in einer beneidenswerten Position.

Der zweite Punkt ist die Verabschiedung und Umsetzung des rotarischen Aktionsplans und die Art und Weise, wie wir ihn weiterentwickeln, anstatt ihn nur als einen weiteren kurzfristigen strategischen Plan zu betrachten. Er ist ein Fahrplan für die Bewältigung der Herausforderungen einer globalen Organisation wie der unseren und hat das Potenzial, Rotary auf den Weg zu künftigem Wachstum und größerem Einfluss zu bringen.

Und schließlich die Einführung von Global Grants und die Art und Weise, wie wir uns um die Areas of Focus, also unsere Schwerpunktbereiche herum organisiert haben. Dies hat es uns ermöglicht, die Wirkung unserer humanitären Projekte zu betonen, was uns zu einem attraktiveren Partner für Organisationen macht, die vor ähnlichen globalen Herausforderungen stehen. 

Welche Botschaft möchten Sie den Mitglieder von Rotary in aller Welt mit auf den Weg geben?

Rotary ist eine Kraft für das Gute in der Welt, da wir tief in den Gemeinwesen verankert sind. Wir werden weiterhin anderen Menschen helfen, Integrität fördern und uns für Frieden, guten Willen und weltweite Verständigung einsetzen.

Das Interview führte Sérgio Almeida (übersetzt aus dem Englischen)