Weilburg
Dialog-Forum mit Bischof Dr. Georg Bätzing
"Wir werden kleiner, bescheidener und lebendiger."
"Wir werden kleiner, bescheidener und lebendiger", so skizzierte Bischof Dr. Georg Bätzing die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland beim Dialog-Forum des Rotary Clubs Weilburg im Bistum Limburg. "Die Megatrends der Zeit einer liberalen, pluralen und mobilen Gesellschaft können wir nicht aufhalten, die großen Organisationen wie Kirchen oder Volksparteien schrumpfen. Die Kirchenaustritte führen zum Ende der beiden christlichen Kirchen in Deutschland als Volkskirchen", stellte Bischof Dr. Georg Bätzing fest.
Für die katholische Kirche gelte es, Gutes für die Menschen zu tun und nach außen zu tragen, für eine christliche Lebensführung zu plädieren, die katholischen Grundsätze selbst zu leben. "Menschen, die mit großem Engagement heute den Glauben leben, machen mir Mut", zeigte sich Bischof Dr. Bätzing hoffnungsvoll für die Zukunft der Kirche.
Zu dem Dialog-Forum des Rotary Club Weilburg konnte Präsident Andreas Schmid-Eisert mehr als 90 Teilnehmer in der Aula der Staatlichen Technikakademie Weilburg begrüßen, darunter Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich, den Landtagsabgeordneten Tobias Eckert, Bürgermeister Thomas Scholz von Mengerskirchen sowie Weilburgs Pfarrer Frank Fieseler, dessen Vorgänger Albert Keller und Hans Mayer.
Zu Beginn ging Bischof Dr. Bätzing auf die Themen "Suizidhilfe", "Staatsleistung" und "Grundordnung" ein. Beim aktuellen Gesetzgebungsverfahren zur "Suizidhilfe" betont Bätzing die grundsätzliche Ablehnung des assistierten Suizids durch die katholische Kirche.
Allerdings ist durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Frühjahr 2020 eine diesbezügliche Gesetzgebung notwendig. Hier plädiert der Bischof weiterhin für eine Verortung im Strafrecht mit streng geregelten Ausnahmen. Und es bedürfe weiterhin geschützter Räume, in denen vulnerable Gruppen nicht mit der Thematik konfrontiert werden. Vor allem aber müssen die Suizidprävention sowie Palliativmedizin und Hospizarbeit weiter ausgebaut werden. Darin komme die gelebte Nähe zu sterbenden Menschen wesentlich zum Ausdruck.
Bei den Staatsleistungen als Entschädigung für die Enteignungen der Kirchen in napoleonischer Zeit gelte es nunmehr, die rechtlich bestehenden Ansprüche der Kirchen gegen den Staat abzulösen und damit zu beenden. Seitens des Bundes sei hier ein Grundsätzegesetz notwendig, die Umsetzung sei dann durch die Länder gefordert, und dies in Abstimmung mit den Kirchen. Das Bistum Limburg erhalte aktuell 1,9 Prozent seines Budgets aus diesen Staatsleistungen, allerdings gäbe es auch Bistümer, die finanziell abhängiger wären.
Das Bistum Limburg werde in den kommenden Monaten die Novellierung der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes", die die Bischöfe im November beschlossen haben, in Kraft setzen. Damit wird den Mitarbeitenden eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht. "Wir plädieren für Vielfalt, ich bin klar dafür" so der Bischof und schloss auch die Themen "Wiederverheiratung, sexuelle Orientierung, gleichgeschlechtliche Partnerschaft" mit ein. Die Regelungen für Kleriker und Ordensleute bleiben davon unangetastet.
Etwa 800.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt die katholische Kirche in Deutschland, davon der überwiegende Teil in der sozialen Arbeit. "Die Kindertagesstätten, Altenpflegeheime und Krankenhäuser der Kirche sind gefragt", hob der Bischof hervor.
In der anschließenden Dialogrunde rückten die Themen "Der Synodale Weg", "Pfarrei der Zukunft", "Religionsunterricht" und "Perspektiven der Kirche" in den Blickpunkt. "Wir werden den Synodalen Weg bis zu den gesetzten Zielen gehen", stellte Bischof Dr. Bätzing klar.
"Zölibat und Frauenpriestertum kann nur die Weltkirche lösen, nicht wir allein in Deutschland. Wir haben klare Aufgaben: Die Aufarbeitung der schrecklichen Verbrechen des sexuellen Missbrauchs, die Entwicklung der Pfarreien, die Seelsorge und die karitativen Leistungen." Hilfreich nannte es Dr. Bätzing, dass auch in der Weltkirche die Themen wie in Deutschland auf der Tagesordnung stehen: "Die Kirche ist Spiegelbild der Gesellschaft, in der wir leben und beide wandeln sich."
Die künftigen kirchlichen Gemeinden werden verschiedene Schwerpunkte und Angebote haben. Es gebe nicht mehr die Vollversorgung, die klassische Gemeinde, aber die Kirche werde wieder näher an die Menschen rücken. "Die Kirche der Zukunft wird einen Gegenentwurf für gelingendes Leben entwickeln müssen, demütig die Stimme für die christlichen Werte erheben und gemeinschaftlich den Glauben leben", schloss Bischof Dr. Georg Bätzing seine Worte.
Das Dialog-Forum endete mit langanhaltendem Beifall für Bischof Dr. Georg Bätzing. Kommentare zu seinem Vortrag lauteten: "glaubwürdig, beeindruckend und motivierend".
Hans-Peter Schick