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D1820

Gesprächsreihe 1820 Connect: Afrika im Brennpunkt

D1820 - Gesprächsreihe 1820 Connect: Afrika im Brennpunkt
Besuch der rotarischen Delegation beim Seminar der Auszubildenden für die frühkindliche Erziehung beim RC Haenertsburg im Nordosten von Südafrika © Bernhard Maisch

Connect Afrika — ein Marktplatz für Ideen und Projekte: PDG Bernhard Maisch vom Länderausschuss Deutschland-Südliches Afrika berichtet.

21.05.2021

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© Dekodino Wandtattoos

Afrika ist für uns vieles zugleich: Sehnsuchtsort der Touristen an den Stränden der Kap-Region Südafrikas, Ziel für Fotosafaris in seinen Nationalparks und ein Kontinent mit vielfältigen Herausforderungen und Chancen.

Afrika konfrontiert den deutschen Besucher auch mit Orten der kurzen Kolonialzeit Deutschlands in Afrika, als es "einen Platz an der Sonne" suchte. Das ist längst Geschichte, die manchmal romantisiert wird und verdrängt wird, welches Leid die damaligen Bewohner erfahren haben.

Afrika war und ist ein Kontinent in ständigem Wandel:  Die früheren Kolonialherren sind heute Partner einer Entwicklungszusammenarbeit. Der Begriff Entwicklungshilfe gehört heute ins Abseits des Politikersprech. Der "Marschallplan für Afrika" des Jahres 2017 wurde umformuliert zur Partnerschaft auf Augenhöhe. 

Afrika ist ein Kontinent der Widersprüche: Bittere Armut und Hunger in den Slums auch der wirtschaftsstarken Länder wie Südafrika und nicht nur in der Sahelzone, Luxus einiger in den Metropolen. "Leap Frogging" ist der Terminus technicus für das Überspringen zahlreicher Entwicklungsstufen hinein in das 21. Jahrhundert. 

Dem gegenüber steht zum Beispiel in Südafrika eine Jugendarbeitslosigkeit von 63,5 Prozent, eine durch die Regierung getriebene Schuldenspirale, die primär die eigene Klientel und zu viele Staatsbeamte bedient bei unzureichender Finanzierung des Erziehungs- und Gesundheitswesens ("maximum government, minimal education"). 

Die Coronapandemie zeigt in einem Brennglas auf die Defizite der Länder, hierzulande wie auf dem afrikanischen Kontinent. Rotarische Projekte deutscher mit afrikanischen Clubs sind in vielen Ländern Afrikas mehr als willkommen.

Rotary in Afrika

Um Chancen für Rotary in Afrika auszuloten hatte Henning von Vieregge, der Governor des Leitdistrikts, den Vorsitzenden des Länderausschusses Deutschland-Südliches Afrika, PDG Bernhard Maisch, gebeten, im neuen Gesprächsformat "1820 Connect" Chancen für Rotary und rotarische Projekte für den Kontinent Afrika auszuloten und Beiträge zusammen mit PDG Rainer Moosdorf,  gleichfalls Mitglied des Länderausschusses, zu moderieren. 

Zoom Meeting

Beim Zoom Meeting "1820 Connect – Afrika" wurden diese Brücken von Clubs mit bestehenden Afrikaprojekten zu Clubs mit Interesse an rotarischem Engagement in Afrika mit 57 Teilnehmern geschlagen. 

Es nahmen über die Distriktgrenzen hinaus auch zahlreiche Mitglieder des Länderausschusses aus ganz Deutschland und Rotarier aus Südafrika teil, wie der amtierende Governor von D9350 Dr. Carl-Heinz Duisberg.

Chancen und Probleme

Im Impulsreferat über "Chancen und Probleme rotarischer Projekte" machte PDG Bernhard Maisch folgende allgemeine Punkte deutlich:

  • Afrika ist genauso vielfältig und uneinheitlich wie Europa.
  • Unsere Vorstellungen zu Afrika bedienen wir häufig mit vorgefassten Denkmustern wie den "drei Ks" -Krisen, Konflikte, Korruption. Doch eigentlich sollte die Entwicklungspolitik und unsere eigene Einstellung geprägt sein von Würde, Widerspruchsfreiheit, Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit. "Diese vier Ws in der Diskussion setzen die gleiche Augenhöhe im Dialog mit den afrikanischen Partnern voraus", so Andreas Freytag und Stefan Liebing, Mitglied des Länderausschusses Deutschland-Südliches Afrika, in der FAZ vom 30. Oktober 2020.
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© RC Johannesburg

 

  • Hundert Jahre nach der Gründung des 1. Rotary Clubs in Johannesburg im Juni 1921 ist Rotary in 53 Ländern des Kontinents mit 1485 Club und 33.644 Mitgliedern vertreten
  • Die Struktur der deutschen Länderausschüsse mit afrikanischen Regionen orientiert sich an den rotarischen Distrikten in Afrika.
  • Viele unterstützenswerte rotarische Projekte sind von individuellen Erfahrungen und gewachsenen Beziehungen einzelner Rotarier geprägt. Die Finanzierung bleibt dabei oft kleinteilig. Noch zu wenige Clubs nutzen für die Projekte die Expertise der Länderausschüsse für ihre Projekt und verpassen die Hebelwirkung für Global und District Grants.
  • Die deutschen Länderausschüsse sind höchst variabel bezüglich ihrer Aktivität. Wir sollten uns noch besser und vor allem transparenter organisieren und bei Neugründungen nicht in den Betätigungsfeldern erfolgreicher Länderausschüsse wildern.
  • Länderausschüsse verfügen über keine eigenen Gelder. Grant-Anträge werden von den einzelnen Clubs oder mehreren Clubs gemeinsam gestellt.
  • Erfolgskriterien (ABCDE-Regel) für Global Grant Anträge an Rotary International sind:

            Assure that the project is truly needed.

            Be aware of the focus areas for GGs.

            Clubs in the host country must be trustworthy.

            Develop contacts with the cooperating partners.

            Expert advice by TRF and enthusiastic support in your own club are essential.

  • Der Länderausschuss Deutschland-Südliches Afrika wurde am 23. Januar 1996 in Fryheid, KwaZulu/Natal gegründet und ist zuständig für die Rotary Distrikte 9350 (Angola, Namibia, Western Cape von Südafrika), 9400 (Johannesburg, Pretoria mit dem Norden und Nordosten von Südafrika, Süd-Mozambique, Eswatini/Swaziland und Botswana) sowie 9370 (KwaZulu-Natal, Teile von Mpumulanga, Free State Province, Eastern Cape Province, Teile der Northern Cape Province, der südlichen North West Province und Lesotho).
  • Am Beispiel des Länderausschusses Deutschland-Südliches Afrika lässt sich zeigen, wie wichtig gute Koordinatoren in Deutschland und zuverlässige Ankerpersonen im Südlichen Afrika sind. In Deutschland sind erste Ansprechpartner der Vorsitzende PDG Bernhard Maisch sowie die Koordinatoren PDG Wernt Brewitz und PDG Jörg Dienenthal. Unsere "Ankerpersonen" im südlichen Afrika sind DG Carl-Heinz Duisberg, DG Annemarie Mostert, Peter Stuart Thompson und Frank Schwardmann.
  • Persönliche Kontakte zu vertrauenswürdigen Partnerclubs sind ebenso unverzichtbar wie zuverlässigen Cooperating Societies, die vor Ort meist die Hauptarbeit leisten.

Paradebeispiel

Das Paradebeispiel eines erfolgreichen Global Grants war das mit Unterstützung des BMZ von 50 deutschen Rotary Clubs finanzierte Großprojekt "Khomani San – Living in Peace" mit dem RC Helderberg-Sunrise (D9350), Northcliff und Upington und 50 deutschen Rotary Clubs über 76.7763 USD im Jahr 2012. (siehe: https://www.khomanisan.com/about-us)

An der Umsetzung des Projekts waren unter anderem PDG Wernt Brewitz und DG Carl-Heinz Duisberg beteiligt. 

Es gibt südafrikanischen Ureinwohnern, die im Khalagadi National Park an der Grenze zwischen Südafrika, Namibia und Botswana leben, die Möglichkeit, in Frieden, Freiheit, Würde und ökonomischer Unabhängigkeit zu leben und dabei ihre traditionelle Identität als Buschleute in der Kalahari zu bewahren. Die Kulturlandschaft der Khomani San wurde am 8. Juli 2017 Unesco-Weltkulturerbe eingetragen.

Weitere erfolgreiche Projekte

Bei zahlreichen erfolgreichen rotarischen Projekten konnten Mitglieder des Länderausschusses Deutschland-Südliches Afrika mitwirken:

  • Global Grants für "Early Childhood Development"
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    © LADSA
    "Train the Trainers" in Haenertsburg und in Alexandra, Südafrika, jeweils als Global Grants,
  • Brunnenprojekte in Angola,
  • Unterstützung der Hangberg Pre-Primary School in Capetown, der Otjiwarongo High School und des lokalen Interact Clubs, Namibia,
  • Drinking Water für die Khetisa High School in Lesotho,
  • Sanitation in Laseroti/Lesotho,
  • Omaruru-Children's Haven in Namibia und ein Food Security Project des RC Haenertsburg, das noch in der Pipeline des Grantverfahrens ist.
  • Die Unterstützung von Schulabsolventen in den Fächern Mathematik und Physik mit dem Distrikt Grant "Go for Gold" in Kapstadt durch sechs deutsche Rotary Clubs und den Distrikt 1820 ist ein besonderer Erfolg des Länderausschusses.
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© LADSA

Covid-19

Die Covid-19-Pandemie erforderte 2020 und 2021 rasche Hilfe an medizinischer Ausrüstung und Geräten. Zwei Global-Grant-Projekte wurden innerhalb kürzester Zeit durch Mitglieder des Länderausschusses konzipiert und durch RI genehmigt: für die Pädiatrie des Tygerberg Hospitals (SA) des RC Marburg (Kontakt Bernhard Maisch) zusammen mit dem RC Blouberg (Kontakt Helene Visser, Südafrika) und für das Helderberg Hospital bei Kapstadt in Zusammenarbeit des RC Salzgitter-Wolfenbüttel-Vorharz (Kontakt Wernt Brewitz) mit dem RC Helderberg-Sunrise (Kontakt DG Carl-Heinz Duisberg).

Lessons learned

Unter dem Motto "Lessons learned" wurden rotarische Projekte in Afrika vorgestellt, die anfänglich zu scheitern drohten, aber unter anderem durch den Einsatz von Mitgliedern des Länderausschusses doch verwirklicht werden konnten:

  • Use Wood and Create Jobs in Ruanda (Kontakt Matthias Schäfer) des RC Marburg-Schloß mit dem RC Kigali-Virunga,
  • Empowering Women/Ntenjurua durch Mikrokredite in Uganda des RC Frankfurt-Städel (Kontakt Christoph von Gleichen) mit dem RC Kampala-Maishu,
  • Water for the Don Bosco Technical Institute in Malawi des RC Marburg (Kontakt Kurt Wengenroth) mit dem RC Lilongwe-Lingazi. Der Erfolg war bei diesem Projekt nur durch eine Clubneugründung möglich.

Allen gemeinsam war, dass der rotarische Partner und die Cooperating Societies zuverlässig sein mussten. 

Die als Gast zugeschaltete Umckaloabo-Stiftung (Uwe Bothur, Olaf Schwabe) hatte als Partner die südafrikanische (Boy) Scout Association, ein idealer Zugangsweg zur jungen Generation.

Klinik am Kilimanjaro

Am Beispiel des über ein Jahrzehnt geförderten Projekts eines Gesundheitszentrums in Sanya Juun am Kilimanjaro (Ostafrika) mit dem Orden der Holy Sisters zeigte Bernd Ilbertz (RC Kronberg), wie sich unterschiedliche Fördermöglichkeiten ergänzen lassen.

In einem Gastbeitrag stellte Felix Gottschlich die "Tools for Life Stiftung" (Dr. Rothenberger) vor, deren Schwerpunkte in nachhaltiger Wasserversorgung, Bildung und Energie liegen.

Malaria und Familienplanung

Das millionenschwere Grand Scale Projekt von RI, das zusammen mit der Melinda und Bill Gates Stiftung Malaria in Sambia um über 90 Prozent reduzieren will, wurde unter dem Motto "Work to do" im Plenum und in den drei Breakout Sessions ebenso thematisiert wie die Initiativen zur Familienplanung der Rotarian Action Group for Population and Development (RFDP), die seit Ende 2019 Rotary Action Group für Repoductive, Maternal and Child Health (RMCH) heißt und über die Rainer Moosdorf berichtete.

Das Format "1820 Connect: Afrika" war eine gelungene Diskussionsplattform für Interessierte und "alte Hasen" rotarischer Afrikaprojekte und gleichzeitig ein Marktplatz für erfolgreiche Projekte in Afrika.

Bernhard Maisch
RC Marburg


Eine Aufzeichnung der gesamten Veranstaltung finden Sie auf der Distriktwebseite D1820.