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Distrikt 1820

Nachhaltigkeit braucht Perspektive

Distrikt 1820 - Nachhaltigkeit braucht Perspektive
Nachhaltigkeitsbeauftragter Harald Müller und Förster Bernd Kleindopf (beide RC Weilburg) beim "Pflanzgespräch" © Harald Müller

Nachhaltigkeitsbeauftragter Harald Müller lädt die Clubs zu Talk und Vortrag ein und Rotaracterin Ieva Martinsone zu Diskussionen

01.08.2021

Die Bilder von der Unwetterkatastrophe Mitte Juli haben uns aufgeschreckt. War ein solches Ereignis mit solchen Folgen zu erwarten und hätten wir es besser wissen müssen?

Harald Müller (RC Weilburg): Wir hätten es besser wissen können, aber wir sind auch stark im Verdrängen. Doch vor dem Hintergrund der aktuellen Starkregenereignisse wandelt sich die Haltung vieler Bürger weg von der Beobachterrolle zum Mittun: Handeln statt abwarten heißt die Devise!

Wenn man sich die Ziele der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung anschaut, wird klar, wie viele Facetten das Thema Nachhaltigkeit hat, deshalb gilt es für Rotary eine Eingrenzung vorzunehmen und einen etwas engeren Focus auf den Klimawandel zu setzen.

Es geht um Begrenzung und Anpassung: Einerseits kommt es darauf an, den Ressourceneinsatz soweit möglich zu reduzieren und auf andere Energieträger umzustellen. Anderseits müssen wir Strategien finden, um mit der Klimaerwärmung umgehen zu können.

Die Politik hat Zeiträume und Ziele für Klimaneutralität bis 2045 gesetzt. Für Rotary gilt es, sinnvolle und umsetzbare Maßnahmen auch zügig umzusetzen. Es gibt also keinen Grund zu warten, bis eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie finalisiert ist.

Aus meiner Sicht ist die zentrale Aufgabe im Distrikt, 2021/22 bereits vorhandene Ideen und Projekte zu unterstützen und zur Wirkung zu bringen.

Dazu bedarf es keiner neuen Strukturen bei Rotary: „Bottum-up und best Practice“. Um Nachhaltigkeit zu leben, reichen weder Strategiepapiere noch Lippenbekenntnisse aus; es kommt auf das Mittun eines jeden Einzelnen an. Deshalb ist es wichtig, die übergeordneten Ziele auf Projekte in den Rotary-Clubs und den ökologischen Fußabdruck jedes Einzelnen herunterzubrechen.

Welche Konsequenzen sollten wir als Gesellschaft und als Individuen aus den heißen Sommern des jungen Jahrhunderts und der jüngsten Flutkatastrophe ziehen?

Ieva Martinsone (RAC Frankfurt am Main International): Ich finde, der gesellschaftliche Zusammenhalt ist in solchen Zeiten von großer Bedeutung. Wir sollten uns als Gesellschaft überlegen, in welcher Welt wir leben und wie wir diese hinterlassen möchten. Wenn wir nichts unternehmen, werden solche Ereignisse aufgrund des voranschreitenden Klimawandels leider immer häufiger auftreten. Es ist jetzt an der Zeit, geschlossen über alle Generationen hinweg daran zu arbeiten, die Klimakatastrophe aufzuhalten.

Rotarier im Distrikt 1820 haben gehandelt: Was macht die One MioTrees Aktion zu einem Leuchtturmprojekt für Nachhaltigkeit?

Harald Müller: Auch die Nachhaltigkeit als Haltung verdrängen wir gerne, obwohl sie kein neues Topos ist. Die Wurzeln der Nachhaltigkeit kommen aus der Forstwirtschaft. Die aktuellen Bilder der Flutkatastrophe machen deutlich, dass der Klimawandel gestoppt werden muss. Die Zivilgesellschaft kann einen Beitrag leisten. Vor allem die Waldbesitzer verdienen Unterstützung. Wir haben mit der Aktion One Million Trees als Teil der Zivilgesellschaft einen Beitrag geleistet, der auch die Waldbesitzer unterstützt. Hierzu bieten wir den Clubs einen Erfahrungsaustausch und vielfältige Unterstützung an. 

Wie geht es mit One Million Trees weiter?

Ieva Martinsone: Wir wollen natürlich, dass weiterhin möglichst viele Bäume nachhaltig gepflanzt werden. Es fanden schon Aktionen im Frühjahr statt und weitere sind jetzt für den Herbst geplant. Ich finde es großartig zu sehen, wie viele Rotary und Rotaract Clubs sich zusammengetan und gemeinsame Projekte geplant haben. Auch finde ich es schön zu sehen, dass die Projekte langfristig angelegt sind. 

In welchen zeitlichen Dimensionen müssen wir denken, wenn wir mit Baumpflanzaktionen nachhaltig Erfolge zeitigen wollen?

Harald Müller: Das Engagement der Clubs sollte mittel- und langfriste Reichweite haben. Die Erfahrungen bisheriger Baumpflanzaktionen zeigen, dass aus gepflanzten Bäumen erst nach zwei Jahrzehnten ein Wald wird. Deshalb ist eine Begleitung und Pflege durch die RCs in Absprache mit den Waldbesitzern notwendig. Wir wollen „Pflanzruinen“ vermeiden, wie sie in den 90er Jahren zu sehen waren.

Was bietet der Distrikt den Clubs in naher Zukunft an Hilfestellung an, um nachhaltig Bäume zu pflanzen?

Harald Müller: Wir bieten Ende August eine Onlineveranstaltung des RC Weilburg als „Erfahrungsbericht Baumpflanzaktion“ und eine Talkveranstaltung des Distrikt 1820 zu „nachhaltigen Baumpflanzaktionen“  und weiteren Projekten . Die Einladung folgt bald und die Kommunikation mit den RCs im Distrikt zu den Pflanzaktionen und Pflegemaßnahmen soll im August beginnen. Hierzu werden in den nächsten Tagen weitere Gespräche geführt, um die Pflanzaktionen im Herbst und vor allem im Frühjahr 2022 (März/April) vorzubereiten.

Ieva Martinsone:  Außerdem appelliere ich an alle Clubs, die noch Interesse haben, an 1Mio Trees teilzunehmen: Kommt gerne auf uns zu, damit wir euch die ersten Informationen geben können. Im zweiten Schritt ist es wichtig, sich mit Experten darüber auszutauschen, wo Pflanzprojekte sinnvoll sind und wie diese aufgesetzt werden können. Der allerwichtigste Schritt ist aber erstmal, die Diskussion im Club anzustoßen, um herauszufinden, welche Aktionen zum Club passen und wie diese sich am besten umsetzen lassen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele tolle Ideen aus den intensiven Diskussionen geboren werden.

Das Interview führte Claus Peter Müller von der Grün.