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Rotary Aktuell

„Alles ist möglich“

Rotary Aktuell - „Alles ist möglich“Fotostrecke: Gespräch zwischen Rotary und Rotaract
Ein anregendes Gespräch in herzlicher Atmosphäre: Insa Fölster (Redakteurin des Rotary Magazins, links) sprach mit Marianne Broska (Mitte) und Kito Deinstorfer. Per Klick auf dieses Foto werden weitere Aufnahmen in einer Galerie gezeigt. © Florian Läufer

Zwei Teile der rotarischen Gemeinschaft und doch einander oft noch fremd – so scheint es bei Rotary und Rotaract zu sein. Wie eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und ein erfolgreicher Übergang von Rotaract zu Rotary gelingen kann, und welche Steine dafür noch aus dem Weg geräumt werden müssen, darüber sprachen Marianne Broska und Kito Deinstorfer.

01.03.2022

Die 190 Rotaract Clubs in Deutschland starteten nach einem Council on Legislation (CoL)-Beschluss zum Jahreswechsel 2020/21 in einer neuen Rolle in das rotarische Jahr: nämlich genau wie die Rotary Clubs als Mitglieder von Rotary International, nicht mehr nur als Partner. Ziel dieser Änderung: mehr Flexibilität für Rotaract, eine bessere Integration in der rotarischen Familie und vor allem Wertschätzung.

Die Diskussion, wie die Zusammenarbeit zwischen Rotary und Rotaract erfolgreich verläuft, und wie Rotaractern ein erfolgreicher Übergang in einen Rotary Club gelingt, wird durch diese Änderung noch einmal stärker in den Fokus gerückt. Darüber wollten wir mehr wissen und haben Past-Governorin Marianne Broska (RC Helmstedt), Mitgliedschaftsbeauftragte des Deutschen Governorrates und Rotary Coordinator für Mitgliedschaftsentwicklung von Rotary International sowie Christof „Kito“ Deinstorfer (RAC Bochum), den Vorsitzenden des Rotaract Deutschland Komitees (RDK), nach Hamburg in den Rotary Verlag eingeladen.

Grundlage für das Gespräch, bei dem alle Anwesenden geimpft und getestet waren, waren die Ergebnisse einer Befragung der deutschen Rotaracter und Rotarier im Zeitraum von März bis Juni 2021, die der Rotaract Deutschland e.V. zu genau diesem Thema durchgeführt hat. Teilgenommen haben insgesamt 1606 Rotarier und 688 Rotaracter.

Ganz aktuell eine eindeutige Botschaft aus Evanston: Die Incoming RI-Präsidentin Jennifer Jones hat in ihrer kürzlich gehaltenen Rede zur Verkündung ihres RI-Jahresmottos klare Worte gefunden. Zitat: „Wenn ich den Begriff Mitglieder verwende, sind damit Rotary und Rotaract gemeint. Wir sind alle Mitglieder von Rotary.“ Außerdem geht sie noch einen Schritt weiter und besetzt zum Beispiel das Amt des Rotary Public Image Coordinators ab 1.Juli mit einem Rotaracter. Marianne, geht da dein Herz auf?

Marianne: Ja, mein Herz ging auf, als ich ihre Rede gelesen habe. Den „Change-Prozess“ hat 2017 bereits RI-Präsident Ian Riseley mit der Aussage angestoßen, dass Rotary jünger, weiblicher und diverser werden müsse. Eine Fortsetzung hat es – und da geht mein Herz das zweite Mal auf – durch Past-RI-Präsident Holger Knaack gegeben, der gesagt hat: Lasst die jungen Menschen die Architekten der Zukunft von Rotary sein. Nun müssen wir Gehör in den Clubs finden. Es gibt leuchtende Beispiele, und wir haben heute mit diesem Gespräch Gelegenheit, „Passion for Rotary“ durch die Rotaracter an die Basis zu bringen.

Du gibst auch Schulungen und Mitgliedschaftsseminare. Welchen Appell richtest du an die Teilnehmer in Bezug auf Rotaract?

Marianne: In meiner Rolle als RI Coordinator schule ich Rotarier in unterschiedlichen Funktionen. Erreichen möchte ich die Governor elect und nominee, da sie ihr Jahr noch planen. Bei ihren Governor-Besuchen als auch in ihren Governor-Briefen sollten sie einen deutlichen Appell an die Clubs richten, Rotaracter aufzunehmen, sie auf Augenhöhe zu betrachten und ihnen Verantwortung zu übertragen – wie im Übrigen jedem Mitglied bei Rotary. Wir können gute Rotarier im Sinne von „Doing Good in the World“ sein, wenn wir Verantwortung übernehmen. In den Distrikt-Trainingsveranstaltungen ist mir wichtig zu sagen: Nehmt euch der Ideen, der Gedanken, der Spontanität der Rotaracter, der young professionals, an. Jeder junge Mensch verändert das Clubleben positiv, das wird jeder Soziologe bestätigen. 

Kito, die Rotaracter sind jetzt offiziell Mitglied von Rotary. Merkt man schon einen Unterschied im Umgang oder braucht es noch Zeit?

Kito: Ich glaube, es braucht noch ein bisschen Zeit. Wir sind da in einem Veränderungsprozess, der sich auch noch über die nächsten Jahre ziehen wird, wo wir im Kleinen schon einmal Dinge verändern können und schauen können, was am Ende des Tages dabei für uns herumkommt. Noch hat sich nicht sehr viel verändert. Aber wir sehen schon die ersten Anzeichen, dass wir mehr Aufmerksamkeit bekommen beziehungsweise, dass auch die Sorgen und Wünsche der Rotaracter gehört werden.

Mein negatives Schlüsselerlebnis zur Zusammenarbeit von Rotary und Rotaract war vor vielen Jahren zu meiner aktiven Rotaract-Zeit eine Polio-Spendensammelaktion in einem Einkaufszentrum, gemeinsam mit Mitgliedern aus einem Rotary Club. Irgendwann fragte mich der Rotarier neben mir, was und wer eigentlich überhaupt Rotaract ist. Marianne wie kann so ein erfolgreicher Übergang von Rotaract zu Rotary gelingen? Brauchen wir mehr Aufklärungsarbeit?

Marianne: Ja, wir brauchen mehr Transparenz, gegenseitiges Interesse und Neugier aufeinander. Es wäre zu begrüßen, wenn die Rotary Clubs in ihren Berichten mehr von der Rotaract-Arbeit darstellen würden, zum Beispiel von erfolgreichen Projekten wie den Kids Camps. Rotaractern gelingt es, Rotary Clubs aus der Peripherie etwa für Fahrten, für finanzielle Unterstützung, aber auch für Präsenz-Aktivitäten zu gewinnen.

Kito, welchen Vorteil können Rotaracter im Vergleich zu Nicht-Rotaractern für Rotary Clubs bieten?

Kito: Rotaracter kennen sich in der rotarischen Familie schon ziemlich gut aus. Immer wieder, wenn ich mich mit Rotariern und Rotaractern unterhalte, merke ich einfach, dass teilweise die Rotaracter mehr Ahnung haben, wenn wir zum Beispiel über CIubs sprechen oder über Regelungen wie etwa die CoL-Beschlüsse. Wir kennen die Projekte und wollen die Projekte dann natürlich auch weiter voranbringen. Wir bringen vielleicht auch noch diesen Sozialaktions-Drive mit in den Club. Wir wollen anpacken, wir wollen helfen, wir wollen Hands-on-Aktionen machen. Wir wollen nicht nur gemeinsam Vorträge anhören, wir wollen gemeinsam etwas bewegen.

Was kann ein Rotarier von einem Rotaracter lernen?

Kito: Rotarier können von Rotaractern lernen, einfach mal offen zu sein. Also mal unverblümt auf Aktionen zuzugehen, etwas Neues auszuprobieren und nicht immer zu sagen: Das haben wir schon einmal probiert, es ist gescheitert. Sondern wir probieren es einfach noch mal. Vielleicht klappt es beim nächsten Mal. Und, dass eine Hands-on-Aktion natürlich einen ganz anderen Mehrwert schafft für den Club. Klar, man kann ein tolles Projekt organisieren, man kann dafür Fundraising-Aktionen machen. Aber wirklich vor Ort zu sein, anzupacken, gemeinsam etwas umzusetzen und mit Freunden die Welt ein kleines Stückchen besser machen, das, finde ich, können wir voneinander lernen.

Laut Umfrageergebnis sind den Rotaractern die Vereinbarkeit mit dem Beruf sowie ein spannendes Clubprogramm bei der Clubauswahl besonders wichtig. Passt das zu den Vorstellungen der Rotarier, Marianne?

Marianne: Da müsste man zunächst definieren, was unter „spannend“ zu verstehen ist. Die Motivation, Rotarier zu werden, ist vielschichtig. Einige möchten in einen elitären Kreis eintreten, der Verbindungen und Kontakte schafft. Andere sehen die Freundschaft im Mittelpunkt. Das Interesse an „Service Above Self“ und „Doing Good in the World“ sollte im Zentrum stehen und die gemeinsame Basis darstellen. Rotaracter bringen vielfältige Erfahrungen in der Projektarbeit mit, die das Clubleben beleben. Gut finde ich ein Projekt im Distrikt 1890. Governor Thomas Garske hat vor Weihnachten zusammen mit Rotaractern 3300 Pakete gepackt. Im Februar findet eine gemeinsame Distrikt-Veranstaltung von Rotaractern und Rotariern statt. Wir brauchen weitere gute Beispiele.

Grundsätzlich ist das Interesse, Mitglied in einem Rotary Club zu werden, tatsächlich sehr gemischt. Die Rotaracter nennen als Gründe, die gegen eine Mitgliedschaft sprechen, neben dem Fehlen von finanziellen Mitteln und persönlichem Kontakt mit großem Abstand das Gefühl, zu jung zu sein.

Was ist das ideale Alter, um in einen Club aufgenommen zu werden?

Marianne: Da antworte ich mit den Worten von Holger Knaack: von 18 bis 80, alles ist möglich. Das Ziel muss ein Mehr-Generationen-Club sein, bei dem jeder seine Fähigkeiten einbringen kann. Die rotarische Idee „Passion for Rotary“ stellt die Basis für die Mitgliedschaft dar. Dann entwickeln sich, unabhängig vom Alter, auch schnell Ideen für Projekte. Der Appell von Ian Riseley, Bäume zu pflanzen, hatte etwas Anpackendes. Ich habe Pflanzaktionen in Gummistiefeln auf dem Acker und Fahrten auf dem Trecker erlebt. Das war ein lebhaftes und schönes Miteinander, die gemeinsame Aktion stand im Vordergrund. Und das verbindet Generationen.

Kito, gibt es für dich ein passendes Alter, aufgenommen zu werden?

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Rotaract und Rotary sollen noch enger zusammenrücken: Das wünschen sich Kito Deinstorfer und Marianne Broska © Florian Läufer

Kito: Es gibt glaube ich kein passendes Alter, dennoch gibt es eine passende Zeit. Wir haben alle unsere Zeit bei Rotaract. Und ich finde, die sollte auch jeder genießen können. Ich finde es immer schön, wenn man die Möglichkeit hat, schon bereits sehr jung zu Rotary zu gehen, aber auf der anderen Seite haben wir dafür ja auch Rotaract. Von 18 bis 30 Jahren sollten die Leute eher zu Rotaract kommen, weil man sich da noch ausprobieren kann – mit Leuten in seinem Alter. Dann ist auch die Hemmung, einmal ein Präsidenten- oder Vorstandsamt zu übernehmen, gar nicht mehr so groß als wenn ich direkt in einen Rotary Club einsteige. Und ich kann mich unter Freunden in einem „safe space“ ausprobieren, neue Projekte anstoßen und vielleicht auch mal scheitern. Dann wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem man dann sagt, okay, jetzt bin ich bereit für einen Rotary Club. 

Seit dem CoL 2016 können Rotaracter gleichzeitig Rotarier sein, um den Einstieg in einen Rotary Club zu erleichtern. Rotary Clubs dürfen Mitgliedern unter 35 Mitglieds- und Aufnahmegebühren erlassen und Distrikte können die Pro-Kopf-Beiträge für Mitglieder unter 35 reduzieren. Marianne, werden diese Möglichkeiten in den Rotary Clubs ausreichend genutzt?

Marianne: Mein Eindruck ist, die sind noch gar nicht bekannt. Das sehe ich auch mit als eine meiner Missionen, darüber Aufklärung zu betreiben. Im Übrigen kann jedes Mitglied mal in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, dann ist im persönlichen Gespräch zu klären, wie man übergangsweise helfen kann, damit es nicht zum Austritt kommt. Auch das ist gelebte rotarische Freundschaft.

Zentrale Grundlage für die Bereitschaft, einmal Mitglied bei Rotary zu werden, ist die Teilnahme der Rotaracter an Rotary-Meetings, also eine offene Besuchskultur, und die Zusammenarbeit bei Sozialaktionen. Die Umfrage hat ergeben, dass Mitglieder von Rotaract Clubs häufiger Rotary Clubs besuchen als umgekehrt.

Einer der diesjährigen CoL-Anträge – eingereicht aus dem Distrikt 1810 – möchte dieses Teilnahmerecht formalisieren. Er soll Rotaractern ermöglichen, an jedem regulären Meeting eines Rotary Clubs teilzunehmen. Marianne, wie würde dein Club reagieren, wenn demnächst regelmäßig Rotaracter bei Euch im Meeting sitzen würden?

Marianne: Totale Begeisterung, das weiß ich. Wir würden uns sehr wünschen, wenn Rotaracter bei uns am Meeting teilnehmen würden oder sogar Mitglied werden wollen. Aber ich glaube, das Interesse an unserem Kleinstadtclub ist eher gering, denn weder ein Studienort ist in der Nähe, noch wohnen viele junge Leute in der Stadt. Wir wären als Club sehr offen und würden uns freuen.

Kito, wie groß ist die Hemmschwelle für Rotaracter, einfach so anzuklopfen bei einem Rotary Club?

Kito: Ich finde, das ist ein sehr wichtiger CoL-Antrag gewesen, dass jetzt das gegenseitige Teilnahmerecht eingeräumt wird. Dennoch glaub ich, dass man Rotary auch nochmal ein bisschen sensibilisieren muss, einfach mal einzuladen. Es ist ganz was anderes, wenn jetzt von Rotary eine Einladung kommt, zu den Meetings zu kommen und man regelmäßig im Emailverteiler ist und weiß, welche Meetings stattfinden, als dass man pauschal sagt, Ihr dürft ja eigentlich immer vorbeikommen. Denn natürlich kommt man lieber vorbei, wenn man weiß, das ist ein spannender Vortrag oder genau da wollte ich hin, ich habe heute Zeit und da ist ein Meeting von dem Rotary Club xy, da schau ich doch mal vorbei. Das wäre eine geringere Hemmschwelle, als wenn ich nur weiß, ich könnte pauschal immer vorbeikommen.

Marianne: Ja, ich finde, das ist ein sehr guter Gedanke. Ich würde gern eine kleine nette Episode beitragen, die ich im Urlaub bei einem Clubbesuch erlebt habe. Ich hatte mich damals nicht angemeldet und wusste auch nicht, dass es ein reiner Männerclub war. Die vor dem Meeting-Raum stehenden Rotarier machten für mich eine Gasse und wiesen mir den Weg zur Damentoilette. Ich habe am Meeting teilgenommen und es war ein recht amüsanter Abend. Dieser formale CoL-Antrag ist in Ordnung. Meine Empfehlung an alle Rotaracter ist, kündigt Eure Teilnahme zwar an einem Meeting an, aber macht auch von Eurem Recht auf Teilnahme Gebrauch. Seid mutig!

Wie man auch gerade an deinem Beispiel gehört hat, ist dieses Teilnahmerecht im Moment noch viel Theorie. Wie könnte eine persönliche Kontaktintensivierung tatsächlich in der Praxis aussehen?

Kito: Generell läuft so eine Kontaktintensivierung zwischen Rotary und Rotaract auch über Projekte. Zum Beispiel, wenn man mal bei einer unserer Kauf-eins-mehr-Aktionen mitmacht. Samstagmorgens mit Rotariern vorm Supermarkt stehen und um Lebensmittelspenden bitten, das schweißt tatsächlich zusammen. Wir haben jetzt auch in meinem Heimatclub in Bochum Verschiedenes ausprobiert, unter anderem ein Mentoring-Programm, bei dem Rotary, Rotaract und Interact zusammenkommen, sich austauschen und sich jeweils gegenseitig zu den Meetings einladen. Genau so kommen wir zusammen, weil wir dann gemeinsam Sozialaktionen planen und uns so natürlich immer ein bisschen weiterentwickeln.

Marianne: Ja, und meine Idee wäre auch, sofern ein Rotaracter Interesse hat an einer Meeting-Teilnahme, das auch über den District Membership Chair kundzutun. Jeder Rotaracter hat sicherlich eine Anzahl von Clubs im Blick, die für ihn interessant sein könnten. Der District Membership Chair oder auch der Governor haben die Möglichkeit, dort die Türen zu öffnen.

Kito: Wir haben ja auch unser Programm Rotary Nachwuchs Rotaract (RNR), in dem interessierte Rotaracter angeben können, meine Zeit bei Rotaract ist langsam vorbei beziehungsweise ich komme in ein Alter, in dem es Zeit ist, zu Rotary zu wechseln. Wir müssen bekannter machen, dass wir eine Datenbank haben, in der Leute sagen, ich bin interessiert, ich bin vielleicht umgezogen in eine neue Stadt, ich kenne mich hier noch nicht gut aus, aber ich habe dennoch Interesse, wieder in der rotarischen Familie mitzuwirken. Und dann muss das an die Mitgliederbeauftragten, an die Governor, Rotaract- und Interact-Beauftragten weitergegeben werden, um so langfristig die Menschen in der rotarischen Familie zu halten.

Marianne: Super Idee, da müssen wir nur noch ein paar Hürden mit dem Datenschutz überwinden. Schnell und unbürokratisch muss ein Zugriff möglich sein, das muss vereinfacht werden. Das wäre sehr wünschenswert.

Und wenn man diesen Kontakt schon hergestellt hat zwischen einem Club und dem Rotaracter, dann gibt es da ja verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel Pauschaleinladungen, Aufnahme in den Emailverteiler. Fühlt man sich dann nicht als Rotaracter automatisch ein bisschen willkommener, wenn man weiß, da kommt jede Woche diese Einladung?

Kito: Absolut. Also ich glaube, das ist so eine kleine Stellschraube, die man drehen könnte, die aber sehr, sehr viel bewirken kann. Das ist bei uns nichts anderes. Wenn bei uns jemand neu dazu kommt, kommt er auf den Gästeverteiler. Wenn man damit anfangen würde, generell regelmäßig zu den Veranstaltungen einzuladen, ich glaube, dann würden sich viele Rotaracterinnen und Rotaracter sehr willkommen fühlen und die Hemmschwelle wäre deutlich geringer, tatsächlich dann auch zu einem Rotary Meeting zu gehen.

Und was haltet Ihr von Schnuppermitgliedschaften?

Marianne: Das fände ich gut, nicht nur für Rotaracter, sondern auch für beabsichtigte Neuaufnahmen. Die Neumitglieder sollten Gelegenheit haben, einige Male am Meeting teilzunehmen, bevor sie eintreten. Manche Clubs erachten sich als sehr attraktiv, bei einigen Neumitgliedern tritt aber nach kurzer Zeit die Ernüchterung ein, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden. Leider kommt es in den ersten beiden Jahren vermehrt zu Austritten. Das ist etwas, was wir überhaupt nicht wollen, denn das führt zu einem Negativ-Image von Rotary. Also, ich bin für eine Schnuppermitgliedschaft.

Und müsste das dann nicht auch umgekehrt gelten, dass die Rotarier nach einigen Treffen sagen könnten, das passt vielleicht doch nicht?

Marianne: Ich wüsste nicht, dass es das jemals gegeben hat. Ich kenne keine Rotaracter, die ausgeschlossen werden sollten. Sie bringen so viel Idealismus und Ideen mit, die dem Clubleben guttun. Aus meiner Sicht gibt es überhaupt keinen Grund, dass jemand kein Mitglied werden sollte.

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Stehen zusammen: Kito Deinstorfer und Marianne Broska © Florian Läufer

Kito: So eine Schnuppermitgliedschaft haben wir ja auch bei Rotaract. Da ist man in der Regel zwischen drei und sechs Monaten als Gast dabei. In meinem ersten Rotaract Club war ich glaube ich sieben Monate als Gast dabei. Da konnte ich mir die Leute anschauen und konnte Rotaract verstehen. Am Anfang googelt man es zwar und schaut auf die Webseite. Aber was dann wirklich daraus gemacht wird, was gelebt wird, sieht man ja nicht. Dafür ist so eine Schnuppermitgliedschaft, beziehungsweise bei uns heißt es ja Gastmitgliedschaft, einfach gut. Und dann wird gemeinsam im Club über die Aufnahme entschieden. Das finde ich sehr sinnvoll, weil dann jeder natürlich auch nochmal mit einem gewissen Abstand prüfen kann, ist das wirklich was für mich. Und ich habe aber auch noch nie erlebt, dass dann die Rotaracter gesagt hätten, nein, die Person möchte ich nicht. Also, das ist dann glaube ich so ein theoretisches Konstrukt, was passieren könnte, aber passieren wird  es nicht.

Marianne, du kannst von drei Rotariern berichten, die kürzlich noch Rotaracter waren und in ihrer Rolle mit gutem Beispiel vorangehen.

Marianne: Mir gefällt, dass Jennifer Jones Rotaracter in verantwortungsvolle Positionen bringen will. Mein Distrikt praktiziert das schon. Ich kann drei Beispiele von sehr engagierten Rotariern nennen, alle Anfang Dreißig, die sehr erfolgreiche Rotaracter waren. Franziska Roberta Schneider hat aktiv mehrere Jahre das KidsCamp organisiert, ist Mitglied im RC Hannover-Leibniz und wird in diesem Jahr dort Präsidentin. In den letzten drei Jahren hat sie mich aktiv als Assistant Rotary Coordinator für Mitgliedschaft unterstützt. Das Gleiche gilt für Carl Philip Pöpel, Mitglied im RC Wolfsburg-Fallersleben, der bereits 2017 Präsident war und ebenfalls Assistant Coordinator für Mitgliedschaft ist. Myra König hat sehr erfolgreich die Deutschlandkonferenz organisiert und ist bereits nach nur zwei Jahren Mitgliedschaft im RC Wolfsburg in diesem Jahr Präsidentin.

Alle drei haben zudem ein Amt im Distriktbeirat 1800: Myra ist Rotaract-Beauftragte, Franziska ist Distrikt-Trainerin und Carl Philip ist District Membership Chair (DMC). Das würde ich im Übrigen jedem Distrikt empfehlen, das Amt des DMC mit jungen Rotariern zu besetzen.

Sehr schön zu hören, diese positiven Beispiele machen doch Mut.

Marianne: Das sollen sie auch. Das soll andere inspirieren: Übertragt Verantwortung. Dann macht Rotary erst Spaß.

Die Ergebnisse aus der Umfrage zeigen: Hauptgründe für Rotaracter in einen RAC einzutreten sind Sozialprojekte, Netzwerk und Freundschaft. Hauptgründe für Rotarier in einen RC einzutreten sind Freundschaft, Lernen und Sozialprojekte. Der eindeutige gemeinsame Nenner sind Freundschaft und Sozialprojekte. Das kann ein sehr starkes Fundament für eine gemeinsame Zukunft sein. Und Jennifer Jones sagte in ihrer Rede: Stellen Sie sich nicht das Gestern vor. Stellen Sie sich das Morgen vor. Zum Abschluss daher noch ein Blick in die Zukunft: Wie stellt Ihr Euch das Zusammenwirken von Rotaract und Rotary in zehn Jahren vor?

Marianne: Ich sehe einen Mehr-Generationen-Club, der auf Augenhöhe zusammenarbeitet und in dem jeder seine Fähigkeiten einbringen kann. Vor mir liegt ein Sticker, auf dem steht „Together we grow – Rotary“. Ich wünsche mir, dass dort steht: „Together we grow – Rotary & Rotaract“. Und: „Together we inspire“. Dafür wünsche ich allen viel Mut und Ausdauer und „Passion for Rotary“!

Kito: Da kann ich mich anschließen. Also, die Idealvorstellung, die ich habe, ist, dass wir in zehn Jahren einfach viel, viel enger zusammenwachsen, dass wir Synergien nutzen, dass wir Freundschaften schließen und dass wir vielleicht auch nochmal ganz andere Projekte zusammen umsetzen können, dass wir uns wirklich auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam die gesamte Organisation voranbringen. Und ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg, dass wir das in Zukunft so gestalten können.

 

Das Gespräch führte Insa Fölster