„Bin ich der Hüter meines Bruders?“
Der Höhepunkt des Jahres 2016 im RC Köln-Kastellwar der Besuch Seiner Eminenz, des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki.
Mehr als 100 rotarische Freunde der zehn Kölner und weiterer Rotary Clubs aus dem Umland waren im Dezember in den „The New Yorker Harbour Club“ in Köln-Mülheim gekommen, um Kardinal Woelkis Vortrag „Bin ich der Hüter meines Bruders? Solidarität, Charity und Nächstenliebe in unserer Zeit“ zu hören und anschließend mit ihm zu diskutieren.
Verantwortung übernehmen
„Bin ich der Hüter meines Bruders?“ – Rainer Maria Kardinal Woelki verwies auf die Verantwortung, die wir für diese Welt, in der wir leben, und für die Menschen haben – „Vor allen Dingen für die Menschen, die in Armut und Not leben und deren Behütung uns anvertraut ist.“ Keiner von uns in der westlichen Welt habe sich das Land seiner Geburt, seine Eltern oder Großeltern ausgesucht. Keiner habe sich das soziale Sicherungssystem oder das Bildungssystem ausgesucht.
Ebenso wenig hätten das Menschen, deren Schicksale riskanter verlaufen seien als unsere eigenen, hätten das Menschen, die in Kriegs- und Krisenregionen der Welt hineingeboren wurden, die Klima- oder Naturkatastrophen ausgesetzt sind oder die trotz aller Möglichkeiten auch in einer Industrienation chancenlos sind und bleiben. Sie bedürften unserer Unterstützung und Solidarität, um aus dem Teufelskreis von Armut und Ausgrenzung herauszukommen.
Würde die Heilige Schrift die Not und das Elend der Armen nicht benennen, würde sie nicht von Gottes Gerechtigkeit sprechen – sie wäre ein dünnes Buch, führte der Kölner Erzbischof aus. Papst Franziskus prangere das aktuelle ökonomische System an: Diese Form der Wirtschaft töte, denn in ihr herrsche das Gesetz des Stärkeren. Arme würden wie „Müll und Abfall“ behandelt, sage der Heilige Vater. Die Welt lebe in der Tyrannei des Marktes. Der Kardinal stellte die Frage, was dies alles für uns heiße: „Sind wir schweigende Komplizen? Wie wir produzieren und leben, hat Auswirkungen auf den ganzen Erdball.“
Entsolidarisierung
In vielen Ländern – auch in Deutschland im 28. Jahr der Einheit – gebe es die Tendenz zur Entsolidarisierung, die immer dann leichtes Spiel habe, wenn Menschen enttäuscht seien, weil sie sich zu kurz gekommen fühlten.
„Wir erleben in unserem Land zurzeit, was passiert, wenn Menschen an dieser Stelle politisch umworben werden. Populismus – sei er nun von rechts oder von links – schürt immer Entsolidarisierung und braucht Sündenböcke. Menschen in ihrer Bedürftigkeit – so unterschiedlich diese sein mag – werden auf grausame Weise gegeneinander ausgespielt“, resümierte der Kölner Erzbischof.
Solidarität bedeute, etwas von seiner Zeit, seiner Aufmerksamkeit, seinem Gewinn, seinem Erfolg, seinem Talent, seinem Lachen und seiner Zärtlichkeit mit einem anderen zu teilen – ohne Berechnung und ohne Hintergedanken.
Robert Baumanns