https://rotary.de/gesellschaft/kontinuitaet-hat-prioritaet-a-16922.html
Standpunkt

Kontinuität hat Priorität

Standpunkt - Kontinuität hat Priorität
Susanne Merten-Wente © Privat

Nur mit Stafetten funktionieren strategische Partnerschaften und kooperative Beziehungen – das Setzen eigener Akzente muss im Rahmen bleiben.

Susanne Merten-Wente01.11.2020

Mein Vorgänger im Vorsitz des Deutschen Governorrates (DGR) erzählte in den Frühjahrs- und Herbsttagungen sehr oft von der Governorstafette. Ich nahm es zur Kenntnis, es war mir bis dato unbekannt, ich wunderte mich über die Wiederholung wie bei einer tibetanischen Gebetsmühle.

Was ist eigentlich eine Stafette? Eine Begriffsdefinition ist nicht so einfach, da die Stafette doch in unterschiedlichen Zusammenhängen erwähnt wird. Im Kern kann man sagen, dass es eine Weitergabe einer Nachricht von einer Person zur nächsten Person ist. Die typischen Assoziationen mit dem Wort Stafette sind hierbei „etwas weitergeben“ oder „etwas weiterreichen“.

„Nominee, Elect, Acting und Past“ bilden ein Team

Und was hat das jetzt mit rotarischen Ämtern zu tun, so fragen sich die Leserinnen und Leser? Bei Rotary gibt es einen Grundsatz, der sich über die Jahrzehnte nicht geändert hat. Die Ämter wie Präsident oder Governor sind auf ein Jahr begrenzt. Zwar findet sich sowohl der Präsident als auch der Governor im Jahr zuvor und im Jahr danach als Elect und Past noch im jeweiligen Vorstand wieder, aber die Geschicke des Clubs beziehungsweise des Distrikts lenkt er nur das eine Jahr. Nach Durchlaufen dieser beiden Ämter, und auch im Vorsitz des DGR, habe ich bemerkt, dass dieser jährliche Wechsel dem einzelnen Amtsträger zwar die Chance für eigene Gestaltung gibt, der Organisation aber schaden kann. Erfahrungen mit den Clubs, erworbenes Wissen um den Distrikt, Besonderheiten der Personalien im Vorstand und langfristige Strategieüberlegungen können verloren gehen. Jeder, der diese Ämter übernimmt, hat seine eigenen Vorstellungen, wie er sein Amt ausfüllen möchte. Die Kontinuität für den Club und für den Distrikt jedoch ermöglicht sinnvolle Planungen und längerfristiges soziales Engagement mit der Stafette, die sich über Nominee, Elect, Acting und Past Governor/Präsident definiert, wenn alle tatsächlich daran mitwirken,

Diese Notwendigkeit vorausschauender Planungen über die Periode eines rotarischen (Amts-)Jahres hinaus hat Rotary International ebenfalls erkannt und seinen Strategieplan entwickelt. Dieser Strategieplan ist eine Road Map für die Zukunft, eine Analyse dessen, was man als weltweites Netzwerk engagierter Freiwilliger erreichen will. Vor allem ist er der Fahrplan für die Frage, wie man es erreichen kann.

Ich bin überzeugt, dass nur mit einer Präsidenten- und Governorstafette etliche dieser Ziele erreicht werden können. Gerade der Hinweis unseres derzeitigen RI-Präsidenten Holger Knaack in der letzten Sitzung des DGR, Rotary müsse jünger, bunter und weiblicher werden, kann nur durch eine solche strategische Planung in den Clubs und den Distrikten erreicht werden. Und Garanten für eine solche Vorausschau sind die jeweiligen Stafetten. Sonst bleibt es gerade in Deutschland wie auf vielen Fotos derartiger Veranstaltungen, bei denen weder jung noch bunt noch weiblich zu sehen ist.

Mit einer Stafette kann man im Club die Mitgliedschaftsvielfalt besser planen. Auch im Distrikt kann man mit einer Stafette Führungskräfte, gerade die jüngeren und die weiblichen Rotarier, aufbauen. Strategische Partnerschaften und kooperative Beziehungen können auf feste Fundamente gestellt werden. Und schließlich, und auch dies wird von RI immer wieder hervorgehoben, kann man ein einheitliches Image bei einer Kontinuität der Stafette besser transportieren.

Die rotarische Stafette gibt jedem Amtsträger seine Freiheit, eigene Akzente zu setzen. Die rotarische Stafette gibt jedem Amtsträger die Chance, best practices anzunehmen und fortzuentwickeln. Und die rotarische Stafette bietet die Chance, auch jüngere und weibliche Mitglieder stärker bei der Besetzung von Ämtern zu berücksichtigen.

Ich habe sehr viel gelernt von meinen Vorgängern in den Ämtern, sowohl im Club, wie im Distrikt und besonders im Deutschen Governorrat. Am meisten jedoch hat mich die Nutzung vorhandenen Wissens durch eine Stafette überzeugt. Man muss nicht jedes Rad neu erfinden. Doch Kommunikation mit den Vorgängern und Nachfolgern hilft, Fallstricke zu vermeiden. Die Unterstützung der Vorgänger erleichtert die Personalplanung, da die meisten Vorstandspositionen für drei Jahre besetzt sind. Im DGR wurde von meinen beiden Vorgängern daher auch die Idee umgesetzt, nicht nur die Generation der DGEs zu informieren, sondern dies gemeinsam mit den DGNs zu veranstalten. Und jede der bisherigen Generationen hat diesen Austausch über die Distrikte und die Crewgenerationen als Bereicherung in der umfassenden Vorbereitung auf das Governorjahr empfunden.

Ich fordere Sie auf, die Kompetenzen, Erfahrungen und Anregungen Ihrer Vorgänger gemeinsam mit Ihren Nachfolgern zu nutzen. In diesem Sinne werden Clubs und Distrikte blühen, wachsen und gedeihen! Die Stafette verliert die wichtigen Ziele Rotarys nicht aus den Augen!

Diskutieren Sie mit und beteiligen Sie sich an unserer Meinungsumfrage zu diesem Standpunkt: rotary.de/#umfrage 

Susanne Merten-Wente
Susanne Merten-Wente, RC München-Münchner Freiheit, vertritt die Paul Harris Society in D 1842 und ist Mitglied des Promotion Teams für die RI Convention 2021 in Taipei.