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Standpunkt

Ab auf die Agenda: Rotary im Alter

Standpunkt - Ab auf die Agenda: Rotary im Alter
„Alte Menschen wollen sich nicht an den Rand drängen lassen. Sie wollen ihre Werte an die Jüngeren weitergeben.” © Privat

Ganz obenan steht für die meisten Clubs das Thema Nachwuchs und die Integration der Neuzugänge, denn der Club soll nicht überaltern. Warum also ausgerechnet über die Rolle der alten Mitglieder nachdenken?

Henning von Vieregge01.10.2025

Rotary ist eine Lebensgemeinschaft, und damit viel mehr als eine Berufsgemeinschaft. Daraus folgen Chancen und Aufgaben für jeden Club mit älteren und alten Mitgliedern. Bei der Unterscheidung von „älteren“ und „alten“ Rotarierinnen und Rotariern soll hier mit Ersteren eingestiegen werden. Sie sind es, die mit großer Beständigkeit zu den Treffen kommen. Wenn es nottut, springen sie ein – ob bei Projekten oder der Besetzung von Vorstandspositionen. Ein Past-Präsident eines kleinen Clubs in Mecklenburg erzählte mir, er sei nun schon dreimal Präsident gewesen.

Ältere Menschen halten weiterhin kluge Vorträge, zweite Lebensberichte sind zunehmend Teil der Vortragsplanung. Ob ältere, erfahrene Mitglieder die Unkenntnisse jüngerer Mitglieder in Sachen Regularien freundlich und hilfsbereit ausgleichen oder aber auf barsche Art und Weise korrigieren, dürfte von Club zu Club unterschiedlich sein. Ebenso, ob die älteren den jüngeren Clubfreunden genug Raum zur Entfaltung einräumen.

Bei nicht wenigen der älteren Mitglieder wächst die Bindung an den Club. Wöchentlich oder zweiwöchentlich findet ein Clubmeeting statt – das verschafft Menschen, die in ihren Kalendern mehr Freiraum als früher haben, ein Gefühl emotionaler Sicherheit. Auch auf Dauer, denn in dieser neuen Phase, oft die silbernen Jahre genannt, suchen Menschen nach Sinn in ihrem Leben, möchten noch immer gebraucht und beachtet werden und ängstigen sich vor dem Verlust von Status.

Rotary wirkt gegen Einsamkeit. Das gilt erst recht für die alten Alten. Damit meine ich, dass jeder, dem es gegeben ist, alt zu werden, aus seinen fitten Jahren herauswächst. Gerade sind es die frühen Babyboomer, also die Jahrgänge 44 plus/minus, die auf die 80 zusteuern oder schon älter sind. Wie ergeht es ihnen im Club, und wie geht der Club mit ihnen um? Was ist, wenn man aufgrund zunehmender Immobilität an Clubmeetings nicht mehr teilnehmen kann? Wird dann von den Jüngeren systematisch Kontakt gehalten? Gibt es Telefonketten, mit deren Hilfe festgestellt wird, in welcher Situation sich der Clubfreund, die Clubfreundin befindet? Hilfreich ist es, wenn Clubs ihre Meetings für eine virtuelle Teilnahme öffnen. Das erfordert zwar bei den Treffen mehr Disziplin des Redners und vor allem der Diskutanten, damit die Netzteilnehmer wirklich alles mitbekommen, was besprochen wird, aber es ist eine Chance zur Teilhabe in jeder Lebenssituation, auch im hohen Alter.

Rotary als Lebensgemeinschaft
Alte Menschen wollen sich nicht an den Rand drängen lassen. Sie wollen ihre Werte an die Jüngeren weitergeben. Sie wollen, auch wenn dies möglicherweise durch gesundheitliche Einbrüche erschwert ist, weiter dabei sein. Sie wollen nicht als reiner Fürsorgefall vollends ihrer Autonomie und damit jeglicher Wirksamkeit beraubt sein. Sie wollen weiterhin geben, nicht nur nehmen.

Hier ist die Lebensgemeinschaft Rotary gefordert. Gibt es im Club eine funktionierende Kommunikations- und Support-Struktur, die sicherstellt, dass Rotary auch diesen Menschen in ihrer oft schwierigen Lage ihren Lebenssinn sichert? Die Chance, auch bei diesem großen Thema in der Gesellschaft ein Beispiel zu setzen, ist groß, wenn der Club „Alter bei Rotary“ wenigstens einmal im Jahr auf die Agenda einer Clubversammlung setzt.

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