Editorial
Unter der Haut

Der Kult ums Tattoo
Wenn es um Tätowierungen geht, scheiden sich die Geister. Während bemalte Haut für viele Menschen noch immer etwas Anrüchiges hat und oft mit Seeleuten, Prostituierten und Verbrechern assoziiert wird, sind Tattoos in Wirklichkeit längst gesellschaftsfähig geworden und quer durch alle sozialen Schichten zu finden. In den vergangenen Jahren ist die Quote der tätowierten Erwachsenen in Deutschland und Österreich auf 35 Prozent gestiegen, und damit sind Tattoos zu einem Massenphänomen unserer Zeit geworden. Da verwundert es kaum, dass sich längst eine Kunstszene etabliert hat, die sich der Ausdrucksform des menschlichen Körpers zuwendet. Durch Ausstellungen, Galerien und Studiengänge in den USA, in Europa und an der Europäischen Schule für Tattoo und Piercing (ESTP) in Berlin hat sich die moderne „Body-Art-Szene“ vollständig von den als „Arschgeweih“ verspotteten Tätowierungen der 1990er Jahre emanzipiert. Der Trend geht weg von kleinen Codes und Zeichen auf der Haut und hin zu großflächigen, opulenten Kunstwerken, die den Oberkörper oder den gesamten Körper bedecken. Wie damals bei den Maori in Neuseeland, wo die jahrtausendealte Kulturform der Tätowierung ihren Ursprung hat. Zum Einstieg in unsere Titelgeschichte erzählt der Ethnologe Erhard Schüttpelz vom Surfen und Tätowieren. Was heute als Ausdruck höchster Individualität gilt, erfüllte damals einen ganz anderen Zweck (Seite 32).
Die Akzeptanz von Tattoos verlief jedoch keinesfalls linear. In der zweiten Hälfte des19. Jahrhunderts waren sie beinahe schon so cool wie heute. Selbst Kaiserin Sisi ließ sich stechen. Michaela Lindinger, Kuratorin am Wien-Museum schreibt: „Meist tätowierte man mit einer Mischung aus Tinte und feuchtem Schießpulver. Danach wurde die Stelle mit Wasser, Urin und Rum gereinigt.“ Ihren Beitrag lesen Sie ab Seite 36. Und wer meint, dass christlicher Glaube und Tattoos nicht zusammengehen, sollte den Artikel „Haut als Bekenntnis“ von Paul-Henri Campbell lesen. Der Wahl-Wiener ist Mitbegründer der „Societas Indelebilis“, eines katholischen Tätowiererverbands. Unter Pilgern und Mystikern existieren Tattoos seit Tausenden Jahren. Seine Probebohrung zur ältesten Form der sakralen Kunst lesen Sie ab Seite 41.
Die größte Pilgerreise eines jeden rotarischen Jahres führt zur International Convention. Während die zahlreichen positiven Eindrücke aus Calgary noch nachwirken, laufen die Vorbereitungen zur Convention in Taipeh, die vom 13. bis zum 17. Juni 2026 stattfindet, schon auf Hochtouren. Mehr als 32.000 Anmeldungen liegen bereits vor, und nur wer sich bis Dezember registriert, profitiert von günstigen Frühbucherpreisen. Unsere Autorin Diana Schoberg hat Taipeh vorab besucht und liefert gute Argumente für die Reise. Neben einer fantastischen Architektur, einer ausgezeichneten Küche und einem breiten kulturellen Angebot können Sie sich auf eine außergewöhnliche Gastfreundschaft freuen – und viele Begegnungen mit rotarischen Freunden aus der ganzen Welt. Ihre Reisereportage lesen Sie ab Seite 12.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht
Björn Lange
Chefredakteur
Weitere Artikel des Autors
10/2025
Alt gegen Jung
Eine Marke, eine Vision
9/2025
Gott ist ausgezogen
9/2025
„Das ist unsere Zukunft”
8/2025
"Rotary sagt nie Adieu!"
8/2025
Zwischen Krone und Vision
"Der gemeinsame Traum"
Zurück im Spiel
"Ich bin total glücklich"
"Rotary ist die Antwort"
Mehr zum Autor
