Interview
„Das ist unsere Zukunft”

Als Vorsitzende des Deutschen Governorrates verfolgt Mechthild Exner-Herforth ehrgeizige Ziele. Im Zentrum ihrer Überlegungen steht Rotaract
Frau Exner-Herforth, seit Juli sind Sie Vorsitzende des Deutschen Governorrates. In aller Kürze: Welche sind Ihre drei wichtigsten Ziele?
Ich möchte die Rolle von Rotaract stärken, das rotarische Netzwerk zu den Distrikten in Europa ausbauen und Rotarys Öffentlichkeitsarbeit verbessern – damit sichtbar wird: Rotary steht mitten im Leben.
Das Thema Rotaract ist ein Dauerbrenner. Wo doch alle wissen, wie wichtig das Thema Mitgliedschaft ist: Warum gelingt es immer noch nicht, deutlich mehr Rotaracter zu Rotariern zu machen?
Ich höre immer wieder unterschiedliche Zahlen – mal sind es drei, mal fünf Prozent, die von Rotaract zu Rotary wechseln. Aber ganz ehrlich: Selbst fünf Prozent sind einfach zu wenig. Das Durchschnittsalter in den Rotary Clubs steigt stetig, und je größer der Altersunterschied, desto schwieriger wird der Übergang. Viele Rotaracterinnen und Rotaracter stehen zudem noch am Anfang ihres Berufslebens, ziehen oft um und möchten sich nicht sofort langfristig binden. Deshalb braucht es mehr Flexibilität, Offenheit und Strukturen, die junge Menschen abholen und ihnen zeigen: Bei Rotary ist Platz für ihre Ideen und ihre Art, sich zu engagieren. Genau deshalb mache ich das Thema in meinem Jahr zum Schwerpunkt.
Wenn die allermeisten Rotaracter gar nicht zu Rotary kommen wollen, besteht dann die Gefahr, dass sich Rotaract als Parallelveranstaltung zu Rotary etabliert?
Die Gefahr besteht tatsächlich – wenn wir als Rotary nicht offen genug sind. Mit „Elevate Rotaract“ wurde die Altersgrenze aufgehoben, und Rotaracterinnen und Rotaracter organisieren sich heute schon sehr eigenständig – nah an ihrer Lebensrealität, oft viel flexibler und digitaler, als wir es gewohnt sind. Und genau das zeigt uns doch, wie sich junge Menschen heute engagieren wollen. Das ist nicht das Gegenteil von Rotary – das ist unsere Zukunft. Wenn wir es schaffen, voneinander zu lernen und Rotaract als gleichwertigen Teil der rotarischen Familie zu sehen, dann wird daraus keine Parallelwelt, sondern eine richtig starke gemeinsame Bewegung.
Sie möchten das rotarische Netzwerk zu den Distrikten in Europa ausbauen. Zu welchem Zweck?
Mir geht’s darum, die Vernetzung untereinander zu stärken. Innerhalb von Deutschland, Österreich und der Schweiz funktioniert das ja schon richtig gut. Warum also nicht auch mit anderen europäischen Ländern enger
zusammenarbeiten? Wir leben auf demselben Kontinent, haben ähnliche politische und gesellschaftliche Herausforderungen – und stellen immerhin rund 25 Prozent der rotarischen Weltgemeinschaft. Da ist es doch nur logisch, dass wir unsere Themen besser abstimmen, voneinander lernen und gemeinsam stark auftreten – als gut vernetzter Teil von Rotary International.
Und dann ist da noch die Außenwirkung: Wie lässt sich Rotarys Bild in der Öffentlichkeit verbessern?
Rotary wird in der Öffentlichkeit oft noch als ziemlich traditionell – und manchmal auch als elitär – wahrgenommen. Viele wissen gar nicht, was wir eigentlich alles leisten. Eine Umfrage von 2022 zeigt: 39 Prozent der Deutschen kennen Rotary, aber nur 18 Prozent wissen, wofür wir stehen. Dabei stemmen wir weltweit Projekte wie Polio Plus und helfen ganz konkret vor Ort. Unser Engagement ist vielfältig und absolut zeitgemäß – aber unser Image hinkt da noch hinterher. Ein echtes Problem ist, dass wir mit unserer Kommunikation, gerade in den sozialen Medien, meist nur andere Rotarier erreichen. Die breite Öffentlichkeit bleibt oft außen vor. Dafür braucht es mehr Mut und neue Wege: Wir brauchen eine abgestimmte PR-Strategie, die die Kommunikation in den Clubs und Distrikten ergänzt und unterstützt. Wenn wir Rotary bekannter und nahbarer machen, wird auch unser Bild in der Öffentlichkeit automatisch klarer – und vor allem attraktiver, ganz nach dem Motto: Rotary steht mitten im Leben.
Das Gespräch führte Björn Lange.

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