Editorial
Zwischen Krone und Vision

100 Jahre Rotary in Österreich
Das Jahr 2025 ist für Österreich in vielerlei Hinsicht ein besonderes Gedenkjahr: 80 Jahre nach dem Ende des Krieges, 70 Jahre nach dem Staatsvertrag und der Wiedergewinnung der Souveränität und 30 Jahre nach dem Beitritt zur Europäischen Union steht das kleine Land im Herzen Europas vor großen Zukunftsfragen. Wie für kaum ein zweites Land gilt für Österreich das Bonmot, dass die Zukunft niemals ohne die Vergangenheit gedacht werden kann. Von Bregenz in Vorarlberg bis nach Czernowitz in der Bukowina reichte die Donaumonarchie, von Prag bis nach Dubrovnik. Mehr als 50 Millionen Menschen unterschiedlicher Religionen, Klimazonen und Sprachen vereinte das Reich, und seit einigen Jahren wächst das Bewusstsein dafür, dass Österreich-Ungarn eben kein Völkerkerker war, sondern Vielfalt garantierte. Es war der gute Versuch eines ersten liberalen Weltmodells. Der Schriftsteller Karl-Markus Gauß schreibt in unserer Titelgeschichte (ab Seite 32), dass das Habsburgerreich in gewisser Weise nicht die europäische Nachhut, sondern die Vorhut bildete. Wenn es darum geht, die Existenz verschiedener Nationen anzuerkennen, diese aber gleichzeitig vor einem zerstörerischen Nationalismus zu bewahren, könne die EU heute viel vom Habsburgerreich lernen.
Wer der österreichischen Identität nachspürt, muss auch einen Blick auf die Wirtschaft des Landes werfen. Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), beschreibt, was das "Land der Hämmer" auszeichnet (Seite 41), und der Publizist Paul Lendvai warnt: "Österreichs Erfolgsgeschichte ist bedroht." Er geht der Frage nach, wie es den finanziellen, wirtschaftlichen, intellektuellen und kulturellen Kapazitäten des Landes gelingen kann, den Weg zur politischen und wirtschaftlichen Stabilität wiederzufinden. Seinen Beitrag "Die letzte Chance" lesen Sie ab Seite 44.
Welch enorme Kraft im Jugendaustausch steckt, zeigt sich Jahr für Jahr in allen deutschen und österreichischen Distrikten. Der Rotary-Jugenddienst ist seit 50 Jahren fester Bestandteil des Programms von Rotary International. Die Zahlen dahinter sind eindrucksvoll, aber schnell erzählt: Mehr als 100.000 Schüler haben in dieser Zeit am Austauschprogramm in über 200 Ländern teilgenommen. Im Jahr 2023/24 ermöglichten es die Rotary Clubs weltweit 6655 jungen Menschen, ein anderes Land und dessen Kultur kennenzulernen. Die Idee dahinter ist denkbar einfach: Die Schüler lernen eine neue Sprache, entdecken eine andere Kultur, werden zu echten Weltbürgern, zu Rotary-Botschaftern und tragen zur Völkerverständigung bei. Doch viel eindrucksvoller als die Zahlen sind die Geschichten dahinter. In unserem "Fokus" ab Seite 12 berichten sechs ehemalige Austauschschüler und Jugenddienst-Chairs von ihren Erfahrungen.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht
Björn Lange
Chefredakteur

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