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Standpunkt

Meetings im Mix-Modus

Standpunkt - Meetings im Mix-Modus
Henning von Vieregge © Privat

Auf der RI Assembly vom 7. bis 11. Januar in Florida werden alle Governor elect für ihr Amtsjahr 2024/25 geschult. Dabei geht es auch um Form und Inhalte der Clubbesuche

Henning von Vieregge01.01.2024

Nicht erst bei der RI-Veranstaltung in Orlando lernt man: Clubbesuche sind für Governor der Höhepunkt seines oder ihres Dienstjahres. Man lernt viel über die Clubs und genießt die Würdigung in der verbreiteten Verwechselung von Amt und Person.

Aber wie ist es eigentlich umgekehrt? Kommunikation glückt immer dann, wenn sie passgenau auf das Interesse der Zielgruppe ausgerichtet ist. Das bedeutet: keine Predigt, sondern Dialog, bei dem man sein Gegenüber abholt. „What’s in for me?“ heißt hier konkret: Was habe ich davon, wenn ich Zeit mit dem Governor verbringe? Was hat unser Club davon?

Der Erfolg liegt in der Vorbereitung

Wenn der Clubbesuch gelingen soll, reicht es nicht, sich auf seine Ausstrahlung zu verlassen, garniert mit der Aufzählung mehr oder weniger lange zurückliegender beruflicher Positionen. Die Binsenweisheit, dass gute Vorbereitung die halbe Miete bedeutet, gilt auch hier. Ein Governor muss vorab recherchieren, ob der Club PHF-Träger in seinen Reihen hat, ehemalige Governor oder ehemalige Mitglieder im Beirat oder sonstige verdiente Clubmitglieder, denn diese wollen speziell adressiert werden. Er sollte bei jedem der ungefähr 80 Clubs pro Distrikt die Namenslisten durchgehen und dabei die Zahl der Neuaufnahmen in den letzten Jahren feststellen, um zum Thema Erneuerung etwas Substanzielles sagen zu können. Er kennt die Projekte, weiß um Quantität und Qualität der internationalen sowie Hands-on-Aktivitäten. Er hat mit dem Präsidenten telefoniert und ihn nach Themen befragt, die unbedingt angesprochen oder weggelassen werden sollten, und hat sich zudem im Distriktbeirat und insbesondere beim zuständigen Assistant Governor nach Besonderheiten erkundigt und den vorher verschickten Fragebogen nochmals quergelesen. Kurzum: Er ist auch für die dem Clubtreffen vorweglaufende Vorstandssitzung bestens präpariert. Seine Fragen kommen an, seine Anmerkungen sind nicht von der Stange, auch in der nachfolgenden Clubversammlung mit anschließender Diskussion kann er nachlegen. Nur so dringen die Botschaften von Rotary International in die Clubs vor – schließlich die zentrale Aufgabe der 517 Governor weltweit. Auch die Nachbereitung erfordert Zeit. Jeder Club sollte einen individuellen Brief erhalten, in dem die Eindrücke und Ergebnisse des Besuchs festgehalten werden.

Wer sagt, dies überfordere im Normalfall den Governor, hat Recht. Oder gibt es Alternativen? Ich war Governor im Jahr 2020/21, habe alle Besuche online gemacht. Notgedrungen. Aber ich konnte dabei die Vorteile kennenlernen, allem voran der Zeitgewinn durch den Wegfall der An- und Abfahrten. Die gesparte Zeit investierte ich dann in die Vor- und Nachbereitung der Besuche, aber auch der Arbeit im Beirat des Distrikts; dem Kontakt zu gesellschaftlichen Gruppen und der Arbeit auf Deutschlandebene und themenbezogen im internationalen Feld kam sie zugute. Natürlich ist der ökologische Gewinn ebenfalls groß, ein Thema, das in den Clubs zunehmend diskutiert wird.

Auch die Konferenztechnik ermöglichte, was offline nicht geht: eine persönliche Ansprache der Teilnehmer mit Namen, da diese eingeblendet werden. Alle Clubs waren übrigens in der Lage, ein solches Online-Treffen zu organisieren, notfalls konnte man ihnen die Einwahl schicken.

Umstellung von Offline auf Online? Jein!

Zwei Einwände gegen Online-Treffen muss ich gelten lassen. Erstens kann ich nicht belegen, dass meine digitalen Besuche bei den Clubs tatsächlich tiefere Spuren hinterlassen haben, denn es gab keine Auswertung. Fehlende Evaluation ist allerdings prinzipiell ein Schwachpunkt unserer Organisation. Zweitens gebe ich zu: Emotionalität lässt sich offline leichter herstellen. Nicht zu Unrecht sagen Verkäufer, der erste Kontakt zum potenziellen Kunden sollte ein Treffen in persona sein.

Plädiere ich nun für eine völlige Umstellung von Offline- zu Online-Besuchen der Governor? Nein, ich schlage einen Mittelweg vor. Die Erfahrung in vielen Distrikten lehrt, dass der Incoming Governor und sein Nachfolger, der Governor nominee, innerhalb des Distrikts an weit auseinanderliegenden Orten beheimatet sind, daher folgender Vorschlag: Der Incoming Governor und sein Nachfolger planen ihre Clubbesuche für die folgenden zwei Jahre im Wechsel von Offline und Online, und die Clubs werden gebeten, ihre Eindrücke rückzumelden. Nach Auswertung der Ergebnisse wird entschieden, ob das Besuchsmodell mit einem Offline-Online-Mix fortgesetzt oder eingestellt wird.

Was auch immer dabei herauskommt: Wir haben Experimentierfreude und Willen zur Modernisierung bewiesen.

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