Rotary aktuell
Verlierer vermeiden
Rotary spielt eine wichtige Rolle bei der internationalen Völkerverständigung. Anmerkungen zum Selbstverständnis der Länderausschüsse
Als vor hundert Jahren der Erste Weltkrieg zu Ende ging, hatten Millionen Menschen ihr Leben verloren. Dazu kamen gigantische Werteverluste, schmerzliche Grenzverschiebungen und das moralische Trauma, das alle Kriege nach sich ziehen. In Deutschland entstand zögerlich eine junge Demokratie. Sie hatte nicht nur mit den finanziellen Folgen des Krieges zu kämpfen, sondern auch mit ihrem Selbstverständnis in der geografischen Mitte Europas. Das Verhältnis zu den Nachbarn blieb angespannt, obwohl die späteren Friedensnobelpreisträger Stresemann und Briand ihr Bestes gaben. Die Herzen der Nachbarn Frankreich und Deutschland waren so nicht zu gewinnen, jahrhundertelang hatte man seine Feindbilder gepflegt. Wir wissen, dass auf diesem Nährboden wieder Hass gedeihen konnte. Abermals mussten Millionen Menschen ihr Leben lassen, von Deutschland ausgehend stand die ganze Welt ein zweites Mal in Flammen. Nach Kriegsende wurde unser Land zusätzlich mit dem moralischen Desaster der Judenvernichtung und der systematischen Ausgrenzung und Auslöschung von Minderheiten und Andersdenkenden konfrontiert, ein kaum mehr zu bewältigendes Trauma.
Rotary als Bindeglied
Seit 1945 leben wir in Frieden, unter den Augen der Besatzungsmächte entwickelte sich die Zivilgesellschaft in der BRD, und auch in allen Nachbarländern wurde der Wunsch nach einer friedlich geregelten Nachkriegsordnung übermächtig. Politische Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Presse und Verbände bauen seither in allen Ländern Europas am demokratischen Organismus ihrer Länder, in unterschiedlicher Erinnerungskultur. Allerdings haben wir gelernt, dass all dies nur gelingt, wenn Menschen aller Gesellschaftsschichten mitgenommen werden – oder andersherum ausgedrückt: wenn die Gesellschaft Verhältnisse und Foren zum Interessenausgleich und Austausch ermöglicht, die Unterlegene, also gesellschaftliche Verlierer, möglichst vermeidet.
Hier sollten wir die wichtige Rolle von Rotary sehen. Parteipolitisch unabhängig, sind wir nicht nur Helfer bei sozialen Defiziten hier und anderswo. Rotary ist international, von Anfang an. Wenn wir uns in fernen Ländern engagieren, handeln wir rotarisch, und, wie die Flüchtlingskatastrophe zeigt, auch im eigenen Interesse. Vor allem aber: Die Freundschaft mit unseren Nachbarn zu pflegen ist nicht alleine die Sache der Politik. Es ist unsere Aufgabe als Teil der Zivilgesellschaft. Wir können am gegenseitigen Verständnis arbeiten, den Austausch der Jugend befördern, Stipendien ermöglichen, gemeinsame Projekte finden, uns gegenseitig unsere Kultur nahebringen.
Exportschlager Länderausschüsse
So hatte Wilhelm Hausenstein, der erste Botschafter der jungen Bundesrepublik in Paris nach dem Krieg, die Herzen der Franzosen gerührt, nicht mit großen Reden, sondern mit Kultur, der humanen Essenz eines Volkes. Wenige Jahre später unterzeichneten Adenauer und de Gaulle den ersten „Elysée-Vertrag“, der soeben in Aachen erneuert wurde. Frieden zwischen den Völkern basiert ursächlich auf der Bereitschaft, sich auf Fremdes einzulassen, der Fähigkeit zu Toleranz, kultureller Neugierde, dem ehrlichen Wunsch nach Neuanfang beziehungsweise Verständigung, und einem beherzten Ruf: Nie wieder Krieg! Könnte die Deutsch-Französische Freundschaft nicht eine modellhafte Idee für die vielen Brandherde in der Welt sein, die sich ebenfalls als irrationale „Erbfeindschaften“ verstehen? Gerade weil es immer wieder zu Irritationen kommt und alte Muster aufbrechen? Freunde dürfen sich streiten, beeinflussen, ihre Geschichte betrachten, auch Ärger ist erlaubt. Wenn es gelänge, in gesundem Selbstbewusstsein mit ehemals verhassten Nachbarn das zu suchen, was verbindet, und nicht beim Trennenden zu verharren, würde man vorankommen.
Mit Handel kann man viel verbinden. Die Herzen der Menschen aber gewinnt man mit der Pflege von Sprache, Kultur, und mit Begegnungen. Hier könnte Rotary mit seinen Länderausschüssen in Deutschland und Europa, vor allem mit der beständigen Pflege von Kontaktclubs, ein Exportschlager für die rotarische Welt werden. Rotary verbindet Menschen. Dazu benötigt man Geduld, die Fähigkeit zur Kommunikation, Frustrationstoleranz und viel guten Willen. Es gibt viele Beispiele bei Rotary, die zur Nachahmung einladen.
Ausschuss im Blickpunkt: Länderausschüsse
Wissenswertes
Nach derzeitigem Stand suchen wir rotarische Freundinnen und Freunde, die sich im Internationalen Dienst, den Länderausschüssen oder den Kontaktstellen in folgenden Bereichen engagieren wollen:
• Kontaktstelle Albanien
• Kontaktstelle Korea
• Kontaktstelle Malawi & Sambia & Simbabwe & Mosambik-Nord (Vorsitz und Kontakt Sambia)
• Kontaktstelle Peru
• LA Serbien & Montenegro – Schweiz/Liechtenstein
• Kontaktstelle Zentralafrikanische Länder (Vorsitz und Kontakt Gabun)
• Kontaktstelle Zypern • LA Litauen
Kontakt
Wenn Sie Interesse haben, melden Sie sich bitte bei Past-Gov. Gerhard Lintner (g.lintner@gl-ic.eu / 089/23 04 07 02) oder bei Gov. Udo Noack (drudo@noackconsultants.eu). Wir würden uns über Ihre Mitarbeit sehr freuen!
Liebe Freundinnen und Freunde,
die RI Convention steht unmittelbar vor der Tür. Wir haben die außerordentliche Möglichkeit, die friedensschaffende, friedenserhaltende, friedenssichernde und völkerverständigende Wirkung der Länderausschüsse in einer Breakout-Session den rotarischen Freunden aus aller Welt als besondere Erfolgsgeschichte europäischen rotarischen Lebens darzustellen und zu erläutern. Wir wollen uns hierbei von dem Motto „Was Franzosen und Deutsche nach zwei Weltkriegen geschafft haben, könnte auch als gutes Beispiel für andere dienen“ leiten lassen. Diese Break out-Session am 4. Juni 2019, 13 bis 14.30 Uhr, organisiert vom Länderausschuss Deutschland-Südliches Afrika, ist dem Thema „Intercountry Committees facilitate Global Grants – mit Fokus auf das südliche Afrika“ gewidmet. Ziel dieser Session ist es, bereits bei der Antragstellung von Global und District Grants in Afrika die Experten von Länderausschüssen einzubinden, die über vertrauenswürdige und persönliche Kontakte zu engagierten Rotariern vor Ort verfügen. Die Länderausschüsse werden mit zwei Ständen im „House of Friendship“ vertreten sein und ihre Geschichte, ihre Leuchtturmprojekte und ihre Visionen für die Zukunft darstellen. Am Stand 4623 des Länderausschusses DeutschlandSüdliches Afrika liegt ein besonderer Schwerpunkt bei zwei bereits geförderten Global-Grant-Projekten mit dem RC Haenertsburg und dem Rotary E-Club Johannesburg zur frühkindlichen Erziehung und dem Training der Erzieher. Viele Länderausschüsse werden sich in Hamburg treffen und dort Sitzungen mit ihren ausländischen Partnern planen. Wenn Sie Interesse haben, dann setzen Sie sich bitte mit den jeweiligen Vorsitzenden der deutschen Sektionen der Länderausschüsse in Verbindung – Sie finden diese auf den Seiten 38 bis 45 im rotarischen Club- und Mitgliederverzeichnis. Die Freundinnen und Freunde freuen sich auf Ihren Besuch, und vielleicht finden Sie ja Gefallen an der Arbeit von Länderausschüssen und bringen sich in Zukunft aktiv mit ein. Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen. Moin, Moin in Hamburg!
Gerhard Lintner, Beauftragter Internationaler Dienst – Länderausschüsse des DGR (RC Berlin-Brücke der Einheit)