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Impfstoff

Wie werden Impfungen zugelassen?

Impfstoff - Wie werden Impfungen zugelassen?
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Ein Beitrag des Poliobauftragten für den Distrikt 1800, Prof. Dr. Ulrich Kalinke, Geschäftsführer von Twincore, zusammen mit Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts

23.11.2023

Gibt es weltweit einheitlich zugelassene Impfstoffe für die Ausrottung von Polio?

Die weltweite Ausrottung der Kinderlähmung, die vom Poliovirus ausgelöst wird, wurde 1979 durch Rotary International begonnen und ist seit 1988 das erklärte Ziel der WHO. Die weltweit zugelassenen Original-Polio-Spritzimpfstoffe deckten alle drei Stämme (Typ 1, 2 und 3) des Poliovirus ab.

Laut WHO sind Erkrankungen mit wilden Polioviren seit 1988 um über 99 Prozent zurückgegangen, von geschätzt 350.000 Fällen in mehr als 125 endemischen Ländern auf sechs gemeldete Fälle im Jahr 2021. Von den drei Stämmen der Wildtyp-Polioviren ist der Typ 2 seit 1999 und Polio-Wildvirus-Typ 3 seit 2019 weltweit ausgerottet. Im Jahr 2022 trat das Polio-Wildvirus Typ 1 nur noch in Pakistan und Afghanistan endemisch auf.

Im Rahmen der Impfkampagnen zur Polio-Ausrottung wurden den Staaten, in denen noch Polio-Fälle auftraten, die notwendigen Impfstoffdosen zur Verfügung gestellt. Die Zulassung der Polio-Impfstoffe erfolgte in den einzelnen Staaten durch die nationalen Arzneimittelbehörden oder Gesundheitsministerien, wobei die WHO empfohlen hat, dass die Impfstoff-Evaluation (Nutzen-Risiko-Bewertung jedes Impfstoffprodukts) von erfahrenen und ausreichend ausgestatteten regionalen Arzneimittelbehörden für die weniger erfahrenen Arzneimittelbehörden in anderen Staaten übernommen werden kann. In der EU sind sowohl inaktivierte Poliovirus-Einzelimpfstoffe als auch Kombinationsimpfstoffe, die die Poliokomponente enthalten, zugelassen. Polioimpfstoffhersteller in Europa sind Sanofi Pasteur, GlaxoSmithKline, Bilthoven Biologicals, und the Statens Serum Institute.

Für die lokale beziehungsweise regionale Arzneimittelversorgung und -verfügbarkeit ist es wichtig, dass neben den logistischen Aspekten auch die Lebensbedingungen der Menschen in den verschiedenen Regionen berücksichtigt werden. Zum Beispiel kann die Einhaltung einer Kühlkette in nordischen Ländern leichter gewährleistet werden als in den Tropen. Auch sind Unterschiede bezüglich der Verträglichkeit und Effektivität von Arzneimitteln bei verschiedenen Volksgruppen denkbar. Daneben muss bei Impfstoffen sichergestellt sein, dass die lokalen Impfempfehlungen berücksichtigt, die Packungsbeilagen von den Anwendern verstanden werden und effektive Verteilungssysteme etabliert sind. Nur durch die Einbindung regionaler Experten ist ein schnelles und effektives Handeln vor Ort möglich.