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Institute Berlin

Teilnehmer blicken in Rotarys Zukunft

Vorträge von denen, die Rotary für sich begeistern will, begeisterten die Teilnehmer des Berlin Institutes 2014. In Workshops tauschte man sich über Visionen und Probleme aus. Nicht fehlen durfte natürlich ein Update zu Rotarys Großprojekt, dem Kampf gegen Polio.

08.11.2014

Hamid Jafari gab als Direktor der Global Polio Eradication Intitiative (GPEI) einen Überblick zu den aktuellen Entwicklungen im Kampf gegen Polio. So sprach er über die Situation in den Ländern, in denen Polio noch übertragen wird und ging dabei insbesondere auf Pakistan und Nigeria ein, in denen überaus positive Entwicklungen zu verzeichnen sind. Im letzteren Fall gab er sogar die Prognose ab, dass das afrikanische Land mit Ende dieses Jahres poliofrei sein wird. Auch die Übertragungen des Virus über Grenzen hinweg waren Thema seines Vortrags ebenso wie die Ebola-Epidemie, deren Bekämpfung von den Erfahrungen profitiere, die man im Kampf gegen Polio gesammelt hat.

Weltpräsident Gary C.K. Huang begrüßte die Teilnehmer mit seinem „Happy Clap“ und appellierte an die Teilnehmer, eine Vision zu entwickeln, die es gemeinsam zu verfolgen gilt. RI-Direktor Sang Koo Yun gab im Folgenden den Worten von Huang ein konkreteres Gesicht, indem er den „Strategic Plan“ von Rotary International vorstellte.

Für große Begeisterung sorgte der Festvortrag von Zukunftsforscher und Rotarier Horst W. Opaschowski. Wie verändert sich die Gesellschaft und wie kann Rotary sich diesen Entwicklungen anpassen bzw. auf diese Entwicklungen reagieren? Um diese zentralen Fragen ging es. Rotary sei von einem dreifachen Wandel betroffen, sagte Opaschowski, dem globalen, dem sozialen und dem demografischen. Es gebe eine heranwachsende Generation von „Lebensunternehmern“, für die nicht das abhängig beschäftigt sein, sondern eine anderer Lebenssinn wcihtig sei. Schaffensfreude werde in diesem Zusammenhang nicht mit Arbeitsfreude gleichgesetzt. Diese Generation wolle bei der Arbeit weder über- noch unterfordert werden. Was den sozialen Wandel betrifft, wachse die Unzufriedenheit der Bürger mit der Politik, die sich eher in offeneren weniger instrumentalisierten Organisationsformen engagieren möchten, die Freundesnetzwerken gleichen, die nicht auf Dauer angelegt und weniger stabil sind. Diese Generation lebe einen pragmatischen Individualismus. Nach dem Motto: „Lieber dem Nachbarn helfen als lebenslang für eine Partei Plakate kleben“. Was bedeutet das für Rotarys Zukunft? „Rotarier sollten eine Kultur des Helfens leben, die zwangloser und offener ist und weniger von moralischem Helferpathos geprägt ist“, sagte Opaschowski. Die Freiheitsliebe sei der Generation wichtiger als Pflichtgefühl, Spaß in diesem Zusammenhang eine Chiffre für Sinnerfüllung. „Und die aktive Mitarbeit in einem Rotary Club gibt Antworten auf die Sinnfragen des Lebens.“ Die Überalterung der Gesellschaft sei der Kern des demografischen Wandels, sagte Opaschowski. In einer immer unsicher werdenden Gesellschaft kann man nur Sicherheit erfahren erfahren, wenn man sich für andere verantwortlich fühle. „Generationenbeziehungen werden größere Bedeutung gewinnen als Partnerbeziehungen“. So könne Rotary vom demografischen Wandel profitieren.

Auf den Festvortrag folgten Workshops zum Thema „Your Rotary Vision“, dem Motto des Institutes, in unterschiedlichen Sprachen sowie eine Podiumsdiskussion unter der Moderation von Rotary Magazin-Chefredakteur René Nehring. Es wurden mehrere Punkte aufgegriffen wie Verjüngung, die Attraktivität der aktuellen Clubs für junge Berufstätige, die Aufnahme von mehr Frauen in die Clubs und Rotarys Bestehen in der „Konkurrenz“ mit anderen Serviceorganisationen. Besonders das Thema Präsenzpflicht sorgte fü einige Beiträge. So stellte sich heraus, dass die meisten Teilnehmer und Diskutanten es befürworten, wenn eine etwas lockerere Handhabung der Präsenz stärker toleriert werden würde. Wie das konkret geht, zeigten die Vorträge der „jungen Generation“, die auf die Präsentation des neuen RI-Markenbildes durch RI-Direktorin elect Jennifer Jones folgten.

Brittany Arthur ist Mitglied im Rotaract Club Berlin und über den Jugendaustausch in Kontakt mit der rotarischen Welt gekommen. Anhand ihrer eigenen Geschichte, erläuterte sie anschaulich und inspirierend, wie wichtig der direkte Austausch und das Aufrechterhalten und Pflegen von Kontakten ist, wenn es um die Gewinnung von neuen Mitgliedern geht. Auch Florian Wackermann, Mitglied des Rotaract Comitee von Rotary International, begeisterte mit seinem lebhaften Vortrag, mit dem er anschaulich anmahnte, dass Rotary die junge Generation nicht aus den Augen verlieren dürfe. Lisa Hunter au England stellte das Modell ihres Rotary Club in England vor. Der Club trifft sich sonntagmorgens (und nicht werktags um die Mittagszeit), nur zwei Mal im Monat (nicht jede Woche), in einem Coffee Shop (und nicht in einem teuren Restaurant). Die Mitglieder können ihre Kinder zum Meeting mitbringen. Mittlerweile zählt der RC Maidenhead-Bridge 40 Mitglieder, die im Durchschnitt 36 Jahre alt sind, 50 Prozent sind ehemalige Rotaracter, der Frauenanteil liegt bei 54 Prozent. Zudem ist der Club auf Hands-On-Projekte und weniger auf Präsenz bei Meetings konzentriert. „Haben Sie keine Angst“, schloss Hunter ihren Vortrag. „Rotary kann so werden, wie sie es sich vorstellen“.

Auch Quisine de Graaf aus den Niederlanden stellte eine „experimentelles“ Clubmodel vor. Die Mitglieder, ehemalige RYLA-Teilnehmer, treffen sich einmal Monat, es gibt einen rotierenden projektorientierten Vorstand, der Monatsbeitrag liegt bei gerade einmal 10 Euro. Hugh Mortimer präsentierte den internationalen Hybrid-Club Berlin-eGlobal und zeigte an seinem eigenen Beispiel, dass neue Clubformen nicht zwangsweise aus jungen Mitgliedern bestehen müssen – Mortimer ist über 60 Jahre alt.

Auch am späten Nachmittag ging es um neue Clubformen – in Workshops und in einer Podiumsdiskussion. Die fehlende Altersdiversität in Clubarten war auch hier Thema. Auch ging es um das immer wiederkehrende Problem, das Alumni zwar gern Rotarier werden würden, jedoch nicht gefragt werden. Yvette Grave verdeutlichte dies an ihren eigenen Erfahrungen in Hamburg. Mittlerweile ist sie Mitglied eines neu gegründeten internationalen Clubs. Die Diskussion schloss mit der von Nehring an das Publikum gerichteten Frage, ob es konkrete Anregungen dieses Institute-Tages in ihre Clubs und Distrikte tragen werde. Die Reaktionen der Teilnehmer waren zögerlich. So zeige sich zwar, dass es viele bevorzugen, wenn jüngere Mitglieder in bestehende Clubs aufgenommen werden. Die Frage danach, wie das gelingen kann, wird Rotary wohl aber noch länger beschäftigen.

Der Tag endete mit einem Dinner im „Tipi am Kanzleramt“, zu dem Convener Holger Knaack geladen hatte.

 

  • Eine Fotostrecke mit Eindrücken des Institutes finden Sie hier.
  • Ein Dossier zur Frage, wohin sich Rotary entwickelt, finden Sie hier.