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Den Ruhestand clever planen

Wer jahrzehntelang spart, trägt bis zum Ruhestandsbeginn oft ein nettes Sümmchen zusammen. Bei dem einen oder anderen kommt vielleicht auch noch eine Erbschaft dazu. So ist das Sparkonto oder das Wertpapierdepot vieler Menschen vor dem Ruhestand ordentlich gefüllt. Aber wie nutzen sie dieses Geld am sinnvollsten für die bevorstehenden Jahre?
Den Batzen Geld auf dem Tages- oder Festgeldkonto zu belassen, wäre alles andere als vermögenserhaltend, denn die Inflation würde das Vermögen schneller verzehren, als einem lieb ist. In eine fremdvermietete Immobilie zu investieren, grenzt die Flexibilität enorm ein und fordert auch zeitlichen sowie finanziellen Aufwand, den man im Alter nicht mehr haben möchte.
Best Agern werden gerne "sichere" Versicherungslösungen in Form einer Sofort-Rente empfohlen. Die garantierte, lebenslange Rente und die sichere Verzinsung der Versicherungsgesellschaft sind schlagende Argumente. Doch hohe Abschluss- und Verwaltungskosten schmälern oft die Rendite und somit auch die Rentenzahlung enorm. Diese Lösung ist in der Regel sehr unflexibel, und die Einschränkungen für die Hinterbliebenen sind oft nachteilig. Dagegen behält man mit einem maßgeschneiderten Portfolio und der richtigen Entnahmestrategie sein Vermögen in den eigenen Händen. Wie das geht, möchte ich in diesem Beitrag erläutern.
Lebensabschnitt mit vielen Fragen
Die "Entspar-Phase" des Vermögens stellt einen kritischen Abschnitt im Leben eines Best Agers dar. Während dieser Phase steht die Frage im Vordergrund, wie das mühsam angesammelte Vermögen nachhaltig genutzt werden kann, um den Lebensstandard zu sichern. Dabei hat man zahlreiche Gedanken und Bedenken, die die eigenen Entscheidungen beeinflussen können. Die zentrale Frage lautet in der Regel: Reicht das Vermögen für den Rest meines Lebens aus? Eine Entnahmestrategie berücksichtigt individuelle Bedürfnisse, Marktschwankungen und steuerliche Rahmenbedingungen. Nur wer seine finanziellen Reserven intelligent plant, kann spätere Engpässe vermeiden und das Erbe für nachfolgende Generationen bewahren.
Die wachsende Lebenserwartung erhöht die Dauer der Auszahlungsphase deutlich. Immer mehr Best Ager müssen ihr Vermögen nicht nur zehn, sondern 20 und mehr Jahre strecken. Gleichzeitig variieren Ausgaben im Alter stärker als in der Ansparphase, etwa durch Gesundheits- oder Reisekosten. Eine Entnahmestrategie muss daher variable Belastungen antizipieren und Liquiditätsempfehlungen aussprechen. Zu eng kalkulierte Entnahmen bergen das Risiko, frühzeitig an Reserven zu gelangen. Andererseits kann zu konservatives Verhalten zu geringer Lebensqualität führen.
Anders als in der Ansparphase treten im Ruhestand neue Risiken in den Vordergrund: Marktvolatilität, Inflation und das sogenannte Rendite-Reihenfolge-Risiko. Ein längerer Kursrückgang zu Beginn der Auszahlungsphase kann den Kapitalbestand irreversibel schmälern. Zudem sorgt die Inflation dafür, dass Kaufkraftverluste über Jahrzehnte summiert massive Anpassungen erfordern. Zusätzlich erschweren unregelmäßige Ausgaben für Gesundheit oder Angehörige die Planbarkeit. Ein starrer Entnahmeplan greift hier zu kurz, da er selten auf individuelle Bedarfsspitzen eingeht. Eine flexiblere Steuerung der Entnahmerate ist deshalb essenziell.
Portfoliostrategie auf drei Säulen
Wesentlich sind drei Leitprinzipien: Kapitalerhalt, Auszahlungsquote und Liquiditätspuffer. Zunächst dient eine konservative Basisentnahme dem Werterhalt und minimiert das Risiko des Totalabbruchs. Ergänzend schafft ein Liquiditätspuffer von drei bis fünf Jahren Unabhängigkeit von kurzfristigen Börsenturbulenzen. Die Kombination aus Aktien- und Rentenanteil garantiert Wachstumspotenzial und Stabilität. Anpassungsmechanismen erlauben variable Entnahmeraten bei unerwarteten Bedarfsspitzen. Nur so bleibt die Strategie langfristig tragfähig.
Eine robuste Portfoliostrategie für den Ruhestand basiert auf drei Säulen: Diversifikation über Anlageklassen, Kostenbewusstsein und laufende Anpassungsfähigkeit. Exchange Traded Funds (ETFs) erfüllen all diese Kriterien besonders gut und sind deshalb für Best Ager prädestiniert, die ihr Vermögen nachhaltig strukturieren möchten. Die optimale Verteilung von Aktien, Renten und Liquidität hängt von persönlicher Risikobereitschaft und zeitlichem Horizont ab. Für risikoaverse Best Ager empfiehlt sich ein Rentenanteil von 50 bis 60 Prozent, flankiert von 30 bis 40 Prozent Aktien und einem Liquiditätspuffer. Wer höhere Renditechancen nutzen möchte, kann den Aktienanteil anteilig erhöhen und dafür die Anleihenquote reduzieren. Wichtig ist ein regelmäßiges Rebalancing, um die ursprüngliche Allokation zu erhalten. Ein klarer Risikoparameterrahmen vermeidet überhöhte Verluste in Stressphasen.
Es gibt verschiedene Entnahmestrategien, die an die individuellen Bedürfnisse und Präferenzen eines Best Agers angepasst werden können. Zu den gängigsten Strategien gehören die prozentuale, die inflationsorientierte und die dynamische Entnahmestrategie, sowie die Drei-Topf-Entnahmestrategie. Welche die richtige ist, hängt sehr stark von der finanziellen Ausgangssituation ab und muss anhand der vorhandenen Mittel individuell berechnet werden.
Fallbeispiel: Müllers Vier-Prozent-Regel
Die Vier-Prozent-Regel empfiehlt, jährlich vier Prozent des Startkapitals zu entnehmen und diesen Betrag inflationsbereinigt fortzuführen. Historisch hat sie sich bewährt, unterschätzt jedoch Niedrigzinsen und hohe Volatilität. Finanzexperten sehen sie als Mindestorientierung, nicht als starres Dogma.
Herr Müller, Jahrgang 1955, verfügt über ein Kapital von 500.000 Euro und plant eine jährliche Gesamtrentenauszahlung von 25.000 Euro. Er legt 20.000 Euro pro Jahr nach der Vier-Prozent-Regel fest und behält 5000 Euro Puffer für Sonderausgaben. Sein Portfolio verteilt er auf 40 Prozent Aktien, 50 Prozent Rentenfonds und zehn Prozent kurzfristige Anlagen. Bei einem Marktrückgang von zehn Prozent reduziert er die Entnahmequote auf drei Prozent und stellt den Puffer wieder her. So bleibt sein Kapital voraussichtlich über 25 Jahre hinweg tragfähig.
Steuerliche Optimierung spielt im Ruhestand eine große Rolle: Bezüge aus Kapitalanlagen sind abhängig von der Abgeltungssteuer, Rentenzahlungen unterliegen speziellen Freibeträgen. Eine frühzeitige Steuerplanung und gegebenenfalls ein Splitting von Entnahmen über mehrere Jahre können die Steuerlast reduzieren. Zudem gilt es, Erbschafts- und Schenkungsregelungen zu berücksichtigen, um spätere Konflikte mit Erben zu vermeiden. Eine enge Abstimmung mit Steuerberatern und Juristen stellt sicher, dass alle gesetzlichen Fristen und Pflichten eingehalten werden.
Fazit
Eine intelligente Entnahmestrategie verbindet Planbarkeit mit Flexibilität und sichert die langfristige Lebensqualität im Ruhestand. Ein strukturierter Entnahmeplan und regelmäßiges Monitoring garantieren Stabilität und Reaktionsfähigkeit.

Best Ager sollten individuelle Szenarien entwickeln, um das Vermögen bis ins hohe Alter verantwortungsvoll zu nutzen.
Davor Horvat ist seit über 30 Jahren in der Finanzbranche tätig. Er ist Gründer und Vorstand der Honorarfinanz AG. Das Institut gehört deutschlandweit zu einem von 19 unabhängigen Honorar-Anlageberatern unter der Aufsicht der Bafin.