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Berlin-Warschau-Mailand

Dreiländertreffen Weimar Juni 2024

Berlin-Warschau-Mailand - Dreiländertreffen Weimar Juni 2024
Das Galadinner im Festsaal des Hotels "Elephant" © RC Berlin-Luftbrücke (alle Fotos)

Vom 13. bis 16. Juni 2024 fand das Dreiländertreffen 2024 der Rotary Clubs RC Berlin-Luftbrücke, RC Warszawa City und RC Milano-Nord in der geschichtsträchtigen Stadt Weimar und Umgebung statt.

30.07.2024

Eingeladen hatte turnusgemäß der RC Berlin-Luftbrücke. Zwischen diesen drei Clubs gibt es seit 25 Jahren eine fruchtbare und sehr aktive internationale rotarische Partnerschaft, zudem seit langer Zeit dadurch viele persönliche Bekanntschaften und sogar Freundschaften.

Im Mai 1999 fand die Charterung der drei Clubs in großem Rahmen im damals beliebtem und repräsentativem Restaurant des Flughafens Berlin-Tempelhof statt. Gleichzeitig feierte der RC Berlin-Tempelhof seinen 20. Gründungstag, verbunden mit der Umbenennung seines Namens in RC Berlin-Luftbrücke. Das war unser tiefer Dank an die Alliierten. Es war unsere besondere Würdigung des 5o. Jahrestages der Beendigung der Alliierten Luftbrücke, die die Westberliner rettente. Vom RI-Hauptsitz in Evanston/USA erhielten wir umgehend die beantragte Genehmigung der Namensänderung.

Jedes Jahr ein Treffen

Bei der damaligen Feier haben die Verantwortlichen der drei Clubs zur Festigung der Freundschaft verabredet, dass in jedem Jahr abwechselnd ein gemeinsames Treffen an einem interessanten Standort stattfinden soll, genannt Dreiländertreffen beziehungsweise Triangolare.

So sollten die Freunde nicht nur die rotarischen Gepflogenheiten sondern auch die örtlichen Umgebungen der Club-Ortssitze kennenlernen. Diese Meetings erfolgten bisher bereits 22 mal – achtmal in Deutschland, acht mal in Italien und sechs mal in Polen. Nur dreimal fielen leider die Treffen wegen der Corona-Probleme aus (2020, 2021 und 2022). Für das Jahr 2025 hat der RC Warszawa City bereits alle Freunde nach Posen (Poznan) eingeladen.

Als besonderes Anliegen der Partnerschaft und damit aller Clubfreunde gilt die generelle Hilfsbereitschaft, eine echte aktive rotarische Aufgabe. Bei den Hilfsprojekten können die drei Clubs eine bedeutsame Reihe zahlreicher Erfolge vorweisen. Hier haben sie sich durch engen Austausch gegenseitig geholfen, sowohl die Prioritäten bei der Projektauswahl als auch deren Volumen in Zusammenarbeit mit den betroffenen Distrikten und der Foundation zu optimieren.

Gemeinsame Projekte

Fast alle größeren Projekte der letzten Jahre wurden als Global Grants unter jeweils wechselnder Federführung aber gemeinsamer Planung und mit Beratung des Distrikts durchgeführt.

Unterstützt wurden zunächst durch vielfälltige Hilfsprojekte die vorwiegend in Italien und bei uns ankommenden Flüchtlinge. Danach folgten Projekte im Zusammenhang mit der Corona-Krise und mehrere Global Grants für die notleidende Bevölkerung in der von Russland überfallenen Ukraine. Dabei stand am Anfang die Lieferung von Medikamenten, die mit Hilfe der polnischen Freunde sogar direkt in ukrainische Städte gebracht wurden. Danach folgten Projekte mit medizinischen Geräten und dazugehörigem Training für mehrere ukrainische Krankenhäuser in Kooperation mit der ukrainischen Christian Medical Association. Besondere Bedeutung hat auch ein großes Projekt zur Lieferung von mobilen Wasseraufbereitungsanlagen sowie von Notstromaggregaten in Gebiete deren Infrastruktur durch die Bombardierung zerstört wurde.

Bei dem Treffen in Weimar war auch ein wichtiges Projektthema die Organisation und der Ablauf von Spenden für die Einrichtung von Betreuungsplätzen in bombensicheren Kellern von 88  Kindergärten in Kryvyi Rih. Den Kindern dort soll der Aufenthalt in den Schutzräumen unter den herrschenden Kriegsbedingungen so angstfrei und "normal" wie möglich geboten werden.

In enger Zusammenarbeit und mit umfangreichen Rotary Grants konnten wir inzwischen weit über eine halbe Million Euro an Hilfen bereitstellen, wie Clubfreund Klaus Milz feststellte.      

Treffen in Weimar          

Die Weimar-Reise der drei Clubs war eine Kulturreise der Extraklasse in das Zentrum deutscher und europäischer Kulturgeschichte. 1999 wurde Weimar von der UNESCO zur Kulturhauptstadt Europas erklärt. Wir erlebten auf engstem Raum große Kunst, Architektur, Burgen, und Gedenkstätten. Weimar verkörpert die Verbindung der Kunst und Architektur mehrerer Epochen und Stile. Weimar war die Heimat von Dichtern, Denkern und Musikern, das Zentrum der deutschen Klassik des späten 18. und des frühen 19. Jahrhunderts. Goethe, Schiller, Bach, Liszt, Herder und Gropius – viele bedeutende Persönlichkeiten wohnten und wirkten dort.

Die Anreisen aus Warschau und Mailand über Berlin waren gut organisiert und die Begrüßungen der Freunde sehr herzlich. Wir wohnten im traditionsreichen Hotel "Elephant" – erstmals 1561 urkundlich als "Haus am Markt 19" erwähnt. 1696 erhielt es den Namen "Wirtshaus Elephant". Der Grund: Die Mehrheit der Bevölkerung waren damals Analphabeten und daher wurden leicht zu merkende Namen gewählt, die graphisch dargestellt und an den Haustüren oder auf Schilder gemalt wurden. Ein Elefant galt als passend und war über dem Eingang des Hotels lange Zeit abgebildet. Nahe dem  Hotel sind die gut erhaltenen Wohnhäuser von Goethe und von Schiller zu finden – inzwischen sehenswerte Museen.

Gleich am ersten  Abend wurden wir im historischen Rathaus vom Oberbürgermeister der Stadt, Peter Kleine, herzlich empfangen und erhielten eine gute Erläuterung der Stadtgeschichte. Unsere Reisegruppe inklusive der Angehörigen umfasste die beachtliche Zahl von 84: aus Mailand 26, aus Warschau 18 und aus Berlin 40 Personen.

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Der Cranachaltar in der Weimarer Herderkirche

Quer durch die Geschichte

Am ersten Tag, dem Weimartag, ging es vormittags und nachmittags in verschiedenen Sprachgruppen auf  Erkundung der wichtigsten Sehenswürdigkeiten, darunter zu den Wohnhäusern von Goethe und Schiller. Neben deren Leben in Weimar war die Epoche der Bauhaus-Bewegung wichtig, besonders auch während der NS-Zeit. Eine wichtige Ausstellung über die Verfolgung und die versuchte NS-Anpassung unter Hitler gab dazu Auskunft. Sehr interessant auch der Besuch der mehr als 300 Jahre alten Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek. Dort sind bis zur Decke und an allen Seitenwänden vollbeladene Bücherregale. Wichtig die Bauhaus-Universität deren Hauptgebäude der Van-de-Velde-Bau ist, einer der bedeutendsten Kunstschulbauten der Jahrhundertwende. Er wurde 1919 der Gründungsort des Bauhauses und der Universität. Im Park an der Ilm hatten wir später etwas Ruhe und Gelegenheit zum Durstlöschen. 

Besonders hervorzuheben ist am ersten Abend der Besuch der Stadtkirche St. Peter und Paul, genannt die Herderkirche. Dort überragt ein riesiger Altar, geschaffen 1555 von Lucas Cranach dem Jüngeren. Dieser Cranach-Altar ist die gemalte Predigt. Er erzählt und verknüpft Geschichten des alten und neuen Testaments. Lucas Cranach d. J. schuf mit diesem Bild eine Zusammenfassung der Lehre Martin Luthers, wie Superintendent Heinrich Herbst  erläuterte.

(s.Foto).

In dieser Kirche erlebten wir ein Rotary-Benefizkonzert das von Pastpräsident Andreas Bödecker und seiner Frau Elvira Tasbach bereits 2019 geplant und gut vorbereitet wurde für das Dreiertreffen in Weimar 2020. Dieses musste aber leider wegen Corona ausfallen. Das festliche Konzert veranstalteten wir zu Gunsten des "Bach in Weimar e.V." – unter dem Motto "Sterne sind unsterblich" (Bach/Händel/Vivaldi/Telemann) in Kooperation mit dem Institut für Alte Musik der Hochschule für Musik "Franz Liszt". Junge Studierende und Lehrkräfte des Instituts und der Hochschule spielten Werke von Georg Friedrich Händel, Martin Luther, Johann Walter, Johann Sebastian Bach, Georg Philipp Telemann und Antonio Vivaldi. Sie spielten auf alten Instrumenten, wie Blockflöten, Barockoboe, Streichinstrumenten, Basso continuo und einem Cembalo.               

Die frühen und selten gespielten Musikstücke begeisterten nicht nur die anwesenden Rotarier, sondern auch viele örtliche Musikinteressenten, denn das Konzert war öffentlich. 

Nach diesem Musikereignis klang der Abend mit einem Essen lokaler Spezialitäten in der urigen traditionellen "Watzdorfer Geleitschenke" aus und man gestattete uns, dort auf einem großen TV-Bildschirm des erste EM-Fußballspiel (Deutschland – Schottland) anzusehen.

Geschichtsträchtige Orte

Am folgenden Reisetag fuhren wir im Bus durch das hügelige, sehr bewaldete Thüringer Land mit ebenfalls geschichtsträchtiger Umgebung – zur Gedenkstätte des KZ Buchenwald und am Nachmittag zur Wartburg bei Eisenach.

Fachkundige Führungen erläuterten eindrucksvoll die Geschichte des NS-Konzentrationslagers, das 1937 von der SS als Arbeitslager eingerichtet wurde. Insgesamt wurden dort 277.800 Häftlinge, nicht nur deutscher, sondern auch anderer Nationalitäten, von 9.000 SS-Männern sowie Aufsehern und Aufseherinnen bewacht, geschunden, zur Arbeit getrieben. 56.000 wurden getötet. Nur 79 der SS-Peiniger wurden 1945 wurden verurteilt, überwiegend zum Tode verurteilt worden.

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Das Eingangstor des KZ Buchenwald

Am 11. April 1945 besetzte eine US-Panzerdivision das Lager und befreite die noch anwesenden Lagerinsassen. Kurz vorher warenen noch viele Inhaftierte zu Todesmärschen in andere Straflager gezwungen worden. Nach Abzug der US-Amerikaner besetzten Mitte 1945 an die russische Streitkräfte bis Ende 1950 die Anlagen und nutzten sie als sowjetisches (Straf-) Lager Nr. 2. Später begann das DDR-Regime mit dem Aus- und Umbau des Areals zu einer Gedenkstätte.

Luther auf der Spur

Die Wartburg, der Sage nach 1067 gegründet und 1080 erstmals urkundlich erwähnt, gilt als eine der bekanntesten Höhenburgen (411 m ü. M.) der feudalen Epoche in Mitteleuropa. Sie hat eine außergewöhnliche Architekturgeschichte und eine unverwechselbare bauliche Gestalt. Als erste und bis jetzt einzige Burg in Deutschland wurde sie im Jahre 1999 von der UNESCO als "ideale Burg" auf die Welterbeliste gestellt. Dort lebten und wirkten die wichtigsten Persönlichkeiten aller Lebensbereiche der damaligen Zeit. Dort übersetzte Martin Luther, versteckt unter dem Namen Junker Jörg, innerhalb von zehn Monaten bis zum 1. März 1522 das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche und schuf damit die Grundlage für eine einheitliche deutsche Schriftsprache. In den folgenden Zeitläuften stand die Burg häufig im Mittelpunkt künstlerischer und demokratischer Entwicklungen mit beachtlichen Erneuerungen. Ein in der Autofabrik Eisenach lange produziertes Auto erhielt ebenfalls den Namen Wartburg.

Eine Gala für die Clubs

Nach der Rückkehr fand im besonders geschmückten Bankettsaal des Hotel Elephant das traditionelle Galadinner der drei Clubs statt. Es war in festlichem Rahmen ein gelungenes Meeting. Nach Ansprachen der drei Clubpräsidenten und nach Würdigung von Clubfreunde für deren Wirken anläßlich des Beginns der Freundschaften vor 25 Jahren, gab es ein Dinneressen mit besten Getränken.

Der Abschied am nächsten Morgen fiel allseits schwer. Ein Trost: das vom RC Warszawa City für 2025 geplante Wiedersehen in Posen (Poznan).                               

Christian Hädler