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Köln

Ein Ort der Ruhe

Köln - Ein Ort der Ruhe
Andreas Groß (RC Köln-Airport), Sören Lingenberg (Gründer Aus-Zeit-Haus), Christine Groß (RC Köln-Airport) und Martina Müller (amitumKids gUG) bei der Einsegnung des Aus-Zeit-Hauses (von rechts) © Winkel (Bw)

Wenn Einsatzkräfte traumatisiert sind, leiden oft nicht nur sie, sondern auch ihre Familien. Für sie alle gibt es jetzt in Köln eine Anlaufstelle: Das Aus-Zeit-Haus Cappel. Der RC Köln-Airport hat Starthilfe gegeben und dabei von einem Distrikt-Grant profitiert.

04.06.2025

"Hier zu Hause brennt es! Ich knall durch. Ich muss weg. Sonst passiert noch was. Lange halte ich es nicht mehr aus und ich weiß, dass ich dann für nichts mehr garantieren kann. Ich muss meine Familie vor mir selber schützen. Ich weiß aber nicht, wie. Ich kann doch nirgends hin. Haben Sie eine Idee?"

Diese und ähnlich klingende Aussagen hören viele der psychosozialen Fachkräfte, die berufstraumatisierte Einsatzkräfte (aus dem Militär, der Feuerwehr, der Polizei, dem THW, den Rettungsdiensten, aus NGOs etc.) professionell begleiten. Sören Lingenberg, Gründer des Aus-Zeit-Hauses, ist einer von ihnen. Seit über zehn Jahren arbeitet er als Freiberufler in der traumasensiblen Beratung mit betroffenen Familien. Wie viele andere Fachkräfte erlebt er immer wieder, dass die besondere Krankheitsdynamik zu verschärften Konflikten und extremen Stresssituationen im Lebensalltag betroffener Familien führen kann.

Auch wenn Menschen mit Traumafolgestörungen fachärztlich und therapeutisch gut versorgt sind, ist zu beobachten, dass Alltagskrisen in Verbindung mit krankheitsbedingten Symptomen manchmal so stark eskalieren, dass sie sich zu Notlagen mit Selbst- und Fremdgefährdungsaspekten in der Familie entwickeln. Nicht immer können die begleitenden Profis dann direkt und unmittelbar helfen, denn sie sind in der Regel nicht für Kriseninterventionen, sondern für eine terminlich geplante Unterstützung in den Familien eingesetzt. Greifen zuvor miteinander erarbeitete Pläne zur Krisenregulation nicht und ist die Eskalationsspirale nicht zu stoppen, bleibt den Angehörigen irgendwann nur noch die Option, einen Notruf abzusetzen, um von außen unterstützt zu werden. Die Folge: das Erleben neuer Extreme wie Fremdeinweisungen in geschlossene Abteilungen der Psychiatrie bis hin zu SEK-Einsätzen im eigenen Wohnzimmer.

Die Eskalation wird dann zwar gestoppt, hinterlässt in den Familien aber deutliche Spuren. Neben der jeweils individuellen emotionalen Belastung auf persönlicher, partnerschaftlicher und familiärer Ebene erhöht sich automatisch das Risiko für die Verstärkung bestehender Traumadynamiken, das Risiko für Sekundärtraumatisierungen von Angehörigen und das Risiko für die Ausbildung von neuen Primärtraumatisierungen, insbesondere bei schutzbedürftigen Kindern.   

Mit dem neuen Aus-Zeit-Haus, das Anfang 2025 feierlich eröffnet und eingesegnet wurde, ist ein niederschwelliges Angebot entstanden, das Betroffenen und ihren Familien ab sofort als Schutz- und Erholungsraum zur Verfügung steht. Das Haus kann sowohl von den traumatisierten Menschen selbst als auch von ihren Angehörigen aufgesucht werden. Es ist zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar und ermöglicht so, Konfliktdynamiken durch die räumliche Distanz selbstbestimmt zu unterbrechen. 

Das Angebot des Aus-Zeit-Hauses dient zur Unterstützung in den Bereichen Gewaltschutz und Gewaltprävention, trägt zum Erhalt des Familienfriedens und des Kinderschutzes bei, entlastet Menschen in Notsituationen und versteht sich als temporäres Ergänzungsangebot für mittel- und langfristig angelegte Therapie- und Beratungsprozesse betroffener Familien. Fachkräften wird es als Werkzeug für ihren Interventionskoffer zur Verfügung gestellt. Kurz: Es schafft einen Zufluchtsraum, der Ruhe und Klarheit vermitteln kann.

Im nächsten Projektschritt wird nun das nötige Informationsmaterial sowie das genaue Buchungs- und Abrechnungsprozedere erarbeitet. Dies geschieht in Kooperation mit der gemeinnützigen amitumKids gUG (www.amitumkids.de), welche Angebote für Kinder berufstraumatisierter Menschen organisiert und ein hohes Interesse an der Ausweitung von präventiven Maßnahmen zum Erhalt des Kinderschutzes in betroffenen Familien hegt.

Andreas Groß (RC Köln-Airport)
Sören Lingenberg (Begründer des Aus-Zeit-Hauses)
Martina Müller (amitumKids gUG)