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Hameln/Bad Pyrmont

Ein Weihnachtsmärchen in Bulgarien

Hameln/Bad Pyrmont - Ein Weihnachtsmärchen in Bulgarien
Leuchtende Kinderaugen erwarteten die Rotarier aus Hameln und Bad Pyrmont in Bulgarien. © Ulrich Behmann

Rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest machte sich ein Hilfstransport der Rotary Clubs Hameln und Bad Pyrmont auf den Weg nach Bulgarien, um gemeinsam mit dem örtlichen Club in Pazardzik Kindern, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, eine Freude zu bereiten.

26.12.2016

Als die sechs Männer aus Deutschland in den festlich geschmückten Saal kommen und auf einer staubigen Empore Platz nehmen, wird es plötzlich laut. 200 Mädchen und Jungen hält es nicht mehr auf ihren Stühlen – vor Freude springen sie auf, klatschen in die Hände und rufen immer wieder: „Djado Koleda, Djado Koleda...!“ So nennen die kleinen Bulgaren den Weihnachtsmann. Wieder einmal kommt der Bärtige aus Deutschland. Da werden die Augen der Rotarier aus Bad Pyrmont und Hameln feucht vor Rührung.

Die Service-Clubs hatten in der Vorweihnachtszeit dazu aufgerufen, Pakete für Kinder zu packen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Mehr als 800 Päckchen, gefüllt mit Spielzeug, Kleidung, Schokolade und Gebäck, waren in Bad Pyrmont im Hotel Steigenberger und in Hameln im Modehaus Kolle abgegeben worden. „Ein toller Erfolg“, wie Roland Sonntag, Past President des Rotary Clubs Bad Pyrmont, meint. Auch Ulrich Behmann, im Club zuständig für den Internationalen Dienst, ist begeistert: „Menschen aus dem Weserbergland schenken armen Kindern auf dem Balkan Momente des Glücks. Ist das nicht wunderschön?“ Wenn Kinderaugen strahlen, dann sind Hunger, Kälte und Einsamkeit für kurze Zeit vergessen. „Wir machen Hunderte von Kindern
glücklich. Und uns selber auch“, postet Rotarier Thomas König auf Facebook. „Für mich ist das ein Weihnachtsmärchen.“ Roland Sonntag nickt. Der Bulgarien-Beauftragte des Clubs meint: „Liebe, die du anderen gibst, kehrt in eigene Herz zurück.“

Bunte Tänze und kleine Vorführungen

Schon vor der Bescherung sagen die Kinder von Aleko auf ihre Art Danke: Wochenlang hatten die Kleinen Tänze einstudiert, Gedichte und Lieder auswendig gelernt. Kaum zu glauben, dass die meisten von ihnen noch vor ein paar Jahren auf der nahegelegenen Müllkippe im schwelenden Dreck der Stadt Pazardzik nach Wertstoffen und Essenresten gesucht haben. Die Schule steht mitten in der bulgarischen Pampa. Viele Roma-Kinder lernen hier fürs Leben. Ohne Bildung, das haben sie verstanden, stünden sie außerhalb der Gesellschaft. Sie hätten keine Zukunft. Manch einer würde in die Kriminalität oder die Prostitution abrutschen.

Neben den Rotary Clubs Bad Pyrmont, Hameln und Pazardzik wird die Schule seit Jahren von der Hamelner Hilfsorganisation Interhelp und dem DRK-Ortsverein Burgwedel unterstützt. Mehr als 30 Mädchen und Jungen bekommen hier in der Thrakischen Ebene täglich eine warme Mahlzeit – für 16 Kinder hat Thomas König Geld bei Sponsoren gesammelt. In einer anderen Schule tischt der RC Bad Pyrmont bereits seit zwölf Jahren auf – 25 hungrige Kinder bekommen dort dank der finanziellen Unterstützung des Holzmindener Rotariers Adolf Reitz eine Armenspeisung. In Aleko haben Rotary und Interhelp zudem Holzöfen und Jalousien angeschafft – so haben es die Kinder im Winter warm und im Sommer etwas kühler. „Weil es in Deutschland herzensgute Menschen gibt, können unsere Schüler gut lernen und können ihre Talente entwickeln“, sagt Direktorin Didi Stamboliska. Dabei strahlt sie vor Freude. Auch Lehrerin Evdokia Koleva weiß die nachhaltige Hilfe aus dem Weserbergland zu schätzen: „Wir sind unseren Freunden aus Hameln-Pyrmont und Burgwedel sehr dankbar, weil sie den Kindern helfen, aus der Schattenseite des Lebens herauszutreten. Das ist eine Investition in die Zukunft unseres Landes.“

Nachhaltig beeindruckend

Rüdiger Jackson, Präsident des RC Hameln, ist zum ersten Mal nach Bulgarien gereist. Der Rotarier ist gerührt und begeistert zugleich. „Es sind nachhaltig schöne Eindrücke, die ich mit nach Hause nehmen darf. Unsere Hilfe kommt an, sie bewegt etwas – und sie macht Sinn. Ich bin sicher, dass wir unser Engagement in Bulgarien ausbauen werden.“ Die Rotarier Horst Spelter und Stefan Golze sehen das genauso. „Zu sehen, dass hier in Europa Kinder auf dem Müll leben mussten, hat mich tief betroffen gemacht. Zu spüren, dass man mit geringen Mitteln etwas dagegen tun kann, macht mich froh und zuversichtlich“, sagt Spelter. Unternehmer Stefan Golze spricht aus, was alle denken: „Wir sind für die großartige Unterstützung derjenigen, die fleißig Pakete gepackt haben, sehr dankbar.“

In den vergangenen Jahren hatten die heimischen Service-Clubs Schulen, Waisen- und Behindertenheime auf vielfältige Weise unterstützt: Marode Küchen wurden renoviert, Trainingsgeräte für die Rehabilitation von Kindern angeschafft und zwei Transportfahrzeuge gespendet. Auch im Haus der Kinder in Not, im Behindertenheim „Glaube, Liebe, Hoffnung“ und im Waisenhaus in Lesitchevo haben die Rotarier Geschenke verteilt. „Das Lächeln der Kinder ist unser Lohn“, sagt Rotary-Präsident Rüdiger Jackson. Bulgarien-Kenner Ulrich Behmann meint: „Wir sind froh, dass wir in so viele glückliche Kinderaugen sehen durften. Der Ort der Finsternis von einst hat sich verwandelt in einen Ort der Zuversicht. Das haben wir den Spendern zu verdanken.“

Ulrich Behmann