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RC Hanau

Eine Reise verändert den Blick

RC Hanau - Eine Reise verändert den Blick
Das neue Containerdorf mit den Unterkünften für die ukrainischen Familien wurde von den Besuchern ausführlich begutachtet. © RC Hanau (alle Bilder)

Michael Kötter und Björn Mentzer vom RC Hanau besuchten rotarische Freundinnen und Freunde in Polen nahe der Grenze zur Ukraine. In ihrem Reisebericht blicken sie zurück.

20.07.2022

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Mit Sonnenbrille: Volodymyr Bondarenko, Rotary Governor der Ukraine (und Belarus), rechts daneben: Björn Mentzer, daneben Piotr Jankowski, Rotary Governor von Polen, rechts daneben Michael Kötter.

Lesen Sie hier den Reisebericht der beiden Rotarier:

Warschau, im Sommer 2022. Wir sitzen müde am Abfluggate des Flughafens von Warschau und warten auf unseren Rückflug nach Frankfurt. Wir, das sind Michael Kötter und Björn Mentzer, Mitglieder des Rotary Clubs Hanau. In den vergangenen zwei Tagen sind wir viel gereist und haben wenig geschlafen. Müde sind wir aber vor allem, wegen der vielen Eindrücke, die wir gesammelt haben.

Wir kommen zurück von einer Einweihungsfeier aus der Stadt Zamość. Sie liegt etwa 50 Kilometer westlich der Grenze zur Ukraine und circa 120 Kilometer entfernt von der westukrainischen Stadt Lwiw. Als Vertreter unseres Rotary Clubs Hanau nahmen wir an der Übergabe und Einweihung mehrerer Wohncontainer für ukrainische Flüchtlinge teil, die an zwei Standorten in Zamość aufgebaut wurden.

Der Rotary Club Hanau hat zusammen mit dem Rotary Club Frankfurt am Main Römer fast 150.000 Euro an Spenden für die Menschen aus und in der Ukraine gesammelt, die Hälfte davon allein durch einen Spendenlauf der Schülerinnen und Schüler der Otto-Hahn-Schule in Hanau. Mit Hilfe des Geldes haben wir bereits mehrere Lastwagen mit Medikamenten und technischen Hilfsgütern gefüllt und an zwei Rotary Clubs in Polen verschickt, die diese Hilfsmittel dann in die Ukraine gebracht haben.

Zudem wurden mit einem Betrag von 20.000 Euro Wohncontainer für jeweils zwei Familien angeschafft. Die feierliche Übergabe der Container war überaus beeindruckend.

Höhepunkt der Veranstaltung war der Auftritt einer Gruppe von Kindern, die zum Abschluss lauthals und sehr emotional die ukrainische Nationalhymne sangen. Ihre Stimmen füllten den weitläufigen Garten der Wohnstätte. Die Kinder gehörten zu einer Gruppe von etwa 30 ukrainischen Familien, die aus der Ukraine nach Polen geflüchtet waren. Die Mehrzahl der Kinder hat eine geistige oder körperliche Behinderung. Sie leben mit ihren Familien nun in zwei neu geschaffenen kleinen Containerdörfern von jeweils acht Containern, wie man sie von größeren Baustellen kennt. Jeweils zwei Familien teilen sich einen Container, in dessen Mitte das Badezimmer und eine Küche sich befinden.

Die Reise hat einen nachhaltigen Eindruck auf uns gemacht und unsere Einstellung und Sichtweise deutlich geändert. Nicht nur der Eindruck der singenden Kinder, sondern vor allem die Begegnungen und Gespräche mit Menschen aus Polen und der Ukraine haben uns in eine andere Perspektive gezwungen. Aufgewachsen in Zeiten des kalten Krieges richteten wir unseren Blick vor allem in den Westen, insbesondere nach Frankreich und auch in die USA. Der Osten, abgesehen von der ehemaligen DDR, spielte eher eine untergeordnete Rolle. Dies änderte sich auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der deutschen Wiedervereinigung nicht grundlegend. Sicher nahm man wahr, dass es nun ein Baltikum mit drei unabhängigen Staaten Estland, Lettland und Litauen und umfassende politische Veränderungen in den osteuropäischen Staaten gab. Aber ehrlich gesagt, beschäftigten wir uns nicht wirklich mit den Ländern und den Menschen im östlichen Mitteleuropa und in Osteuropa. Fragen nach dem Verhältnis dieser Länder zu Russland und den Sorgen der Menschen, ob des Verhältnisses zu Russland, stellten wir nur selten. Sicher, wir kannten mehr oder minder gut die Geschichte des östlichen Teils unseres Kontinents. In der Schule hatten wir uns intensiv mit dem Angriffskrieg des nationalsozialistischen Deutschlands und den unglaublichen Verbrechen befasst, die von unserem Land ausgingen. Wir wussten, dass Polen mehrfach in den letzten 100 Jahren schwer unter deutscher und russischer Herrschaft zu leiden hatte. Nun hat Russland die Ukraine angegriffen, dem Land und seinen Menschen Tod und Verwüstung gebracht, sowie die Bevölkerung seiner unmittelbaren Nachbarländer in Angst und Schrecken versetzt. 

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Für ein bisschen mehr Gemütlichkeit war auch eine Hollywood-Schaukel angeschafft worden.

Das wussten wir wohl. Aber erst seit dem persönlichen Besuch in Polen können wir uns vorstellen, wie groß die Sorge vor einer erneuten Herrschaft Russlands über das östliche Mitteleuropa ist. Wenn gut ausgebildete und gut informierte Menschen in Polen uns mitteilen, dass man auf gepackten Koffern sitze, man Bankkonten in Deutschland angelegt habe, für den Fall dass Russland Polen angreift, merkt man erst, wie sehr diese Menschen Angst vor dem Einfluss aus Russland haben.

Jedenfalls ist uns jetzt erst richtig klar geworden, warum insbesondere die Polen sich so stark in der Hilfe für die Ukraine engagieren. Sie können wahrscheinlich am besten nachvollziehen, wie es sich für die Ukrainer jetzt anfühlt. Die Hilfsbereitschaft, die von den vielen polnischen Rotary Clubs praktiziert wird, ist jedenfalls sensationell und einer großen Würdigung wert.

Man kann es sich kaum vorstellen, wie es ist, wenn man auf der Flucht vor Krieg und Zerstörung ist. Wie schlimm muss dies sein, wenn man sich um Kinder und alte Menschen kümmern muss. Unvorstellbar ist es, wie es ist, wenn man behinderte Kinder zu versorgen hat, die einen besonderen Schutz und eine besondere Betreuung benötigen. 

Es war daher ein sehr emotionaler Moment, dabei zu sein, wie man mit wenig Geld für solche Menschen das Leben verändern kann. 

Für den Preis eines Kleinwagens, kann man zwei Familien mit ihren Kindern eine neue Lebensperspektive, Sicherheit und Geborgenheit geben. Sicher ist ein Wohncontainer kein ausreichender Ersatz für die eigene Wohnung, erst recht nicht an einem ungewohnten Ort. Aber wir konnten den Kindern und Erwachsenen ansehen, wie glücklich sie waren, an diesem sicheren Ort zu sein im Kreise anderer, gleichgesinnter Familien.

Das Jahres-Motto von Rotary International, mit insgesamt 1,4 Mio. Mitgliedern, lautete im zurückliegenden Jahr "Serve to Change Lives" — übersetzt: „Engagieren und Leben verändern“. Es gibt für mich keine bessere Beschreibung dessen, was direkte Hilfe bewirken kann. Als Mitglieder von Rotary werden wir weiter in Zukunft uns noch stark für die Menschen in der Ukraine engagieren müssen. Wenn die kriegerischen Handlungen irgendwann einmal ein Ende finden, wird es langfristig um den Wiederaufbau des Landes gehen. Hierfür ist unser aller Unterstützung erforderlich.


Wenn Sie sich an der Unterstützung beteiligen möchten, können Sie gerne an den Förderverein von Rotary spenden. Spendenkonto Rotary Förderkreis Hanau e.V. 
Name: Rotary Förderkreis Hanau e.V.
IBAN: DE 72 5066 1639 0002 3183 34
BIC: GENODEF1LSR
Verwendungszweck: "Ukraine Hilfe". Bitte unbedingt bei der Überweisung den Namen und die Wohnanschrift der Adresse angeben, an die die Spendenquittung versandt werden soll.
Durch das Engagement der Rotary Clubs in Polen und Ukraine ist sichergestellt, dass die Spendengelder ohne jeglichen Abzug in voller Höhe den bedürftigen Menschen zugutekommen.