Rotaract
Freundschaftlich, hilfsbereit und herzlich
So wünschen sich Rotaract-Mitglieder den idealen Rotary-Club laut einer Umfrage, über die Distriktreporter Claus Peter Müller von der Grün mit Henrik Thiele und Julius Schölkopf sprach.
Lieber Henrik Thiele, Du hattest im letzten Jahr den Rotaract-Deutschland-Komitee-Vorsitz inne, lieber Julius Schölkopf, Du bist im Ressort Öffentlichkeitsarbeit bei Rotaract Deutschland.
Auf der DTV 2021 im Distrikt 1820 baut Ihr „Die Brücke zwischen Rotaract und Rotary“, indem Ihr dort die Ergebnisse einer Befragung unter Rotaract-Mitgliedern über deren Erfahrungen mit und Erwartungen an Rotary vorstellt.
Die Umfrage steht unter dem Titel „Übergang von Rotaract zu Rotary.
- Warum entstand diese Umfrage?
Henrik: In meinem Jahr als Vorsitzender von Rotaract Deutschland wurde ich oft gefragt, wie Rotaract-Mitglieder eigentlich Rotary sehen. Da konnte ich leider nur aus dem Bauch heraus antworten, würde als Wissenschaftler aber sehr gerne auch evidenzbasierte Antworten geben.
- Wie viele Rotaract-Mitglieder gibt es in Deutschland, und wie viele davon nahmen an der Umfrage teil?
Henrik: Wir sind fast 4000 aktive und beurlaubte Mitglieder, wobei es immer so ungefähr die Hälfte Männer und Frauen sind. Maximilian ist übrigens der häufigste Vorname.
Teilgenommen haben an der Umfrage insgesamt 638 Personen.
- Ist das eine gute Resonanz – zumal auf eine Umfrage mit etwa 50 Fragen, deren Beantwortung 15 Minuten in Anspruch nimmt?
Henrik: Wir sind mehr als nur überrascht. Mit allem über 200 Personen wäre ich glücklich gewesen. So viel ist schon mega.
- Warum engagieren sich junge Leute bei Rotaract?
Julius: Rotaract ist ein unglaublich vielfältiges Hobby, das einerseits Ausgleich zum Beruf oder Studium ist, und andererseits aber auch für jede Person unzählige Möglichkeiten bietet, sich zu engagieren oder eigene Ideen zu verwirklichen, die der Gesellschaft und der persönlichen Entwicklung dienen.
- Wie kommt denn Rotary bei den Rotaract-Mitgliedern an? Welche wichtigsten drei Attribute werden dem fiktiven rotarischen Wunschclub zugeordnet?
Henrik: In einem Wort lautet die Antwort: Gut. Dreiviertel der Teilnehmenden möchten gerne nach ihrer Rotaract-Zeit bei Rotary Mitglied werden. Und ein Club soll freundschaftlich, hilfsbereit und herzlich sein.
- Und welche Attribute werden im negativen Gegenbeispiel dem unerwünschten Rotary Club zugeordnet?
Henrik: Sexistisch, unreflektiert, eingefahren.
- Warum ist unter den Negativattributen „sexistisch“ das stärkste?
Henrik: Wir haben eine Liste an Attributen gegeben, aus der die Befragten die schlechtesten wählen sollten. Und wer will schon in einen sexistischen Club? Das ist für niemanden eine angenehme Atmosphäre. Aber so sind ja zum Glück wenige Rotary Clubs.
- Welche soziodemographische Zusammensetzung wünschen sich junge Leute von ihrem idealen Rotary Club?
Henrik: Divers. Und zwar in jeder Hinsicht. Von der Geschlechterstruktur gemischt, von der Altersstruktur her gemischt: Neben Vorträgen oder neuen Kontakten möchten Rotaract-Mitglieder vor allem wegen der Freundschaft Mitglied in einem Rotary Club werden.
- Erfreulich ist ja, dass die Rotaract-Mitglieder vor allem Freundschaft vom rotarischen Leben erwarten. Wie erleben die Rotaract-Mitglieder die Clubs, wenn sie einmal eingeladen werden?
Julius: Häufig legt sich dabei anscheinend ein Schalter im Kopf um. Sobald ein Rotaract-Mitglied mehr als zweimal bei einem Rotary Club zu Besuch war, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es später selbst Rotary-Mitglied werden möchten, um ein Vielfaches an. Ich glaube, jeder kennt das Gefühl, wenn man etwas Neues sieht, benötigt man ein bisschen Zeit, sich daran zu gewöhnen und um etwaige Vorurteile abzubauen. Dann scheint Rotary genau diese Freundschaft zu geben, die Rotaract-Mitglieder suchen!
- Was ist für Rotaract-Mitglieder am rotarischen Leben am attraktivsten?
Julius: Die Umfrage hat klar gezeigt, dass die Mehrheit der befragten Personen das Netzwerk, neu gewonnene Kontakte und die Vorträge im Club sehr attraktiv findet. Aber auch die Möglichkeit an Hands-On Projekten teilzunehmen ist sehr beliebt.
- Und was sind Barrieren für eine Teilnahme am rotarischen Leben?
Julius: Die beiden wichtigsten Barrieren sind sicher Mittagsmeetings, die für Rotaract-Mitglieder ungeeignet sind, und die fehlende Diversität in den Clubs. Viele Rotaract-Mitglieder wünschen sich mehr Diversität in Bezug auf das Alter- und die Geschlechterstruktur, aber auch beruflich breiter aufgestellte Rotary Clubs.
- Wie spreche ich Rotaract-Mitglieder am besten an?
Henrik: Dazu bieten sich natürlich immer gemeinsame Veranstaltungen an. Ansonsten sollte jeder Club eine*n Rotaract Beauftragte*n haben. So steht man auch außerhalb von besonderen Meetings in Kontakt und weiß voneinander. Dieses Clubmitglied hat dann auch immer einen besonderen Draht zu den Rotaract-Mitgliedern und kann auch gerne Vorschläge machen.
Julius: Für ein Rotaract-Mitglied ist es sehr wichtig zu sehen, ob ein Besuch in einem Rotary Club gewünscht ist, wer dafür Ansprechpartner ist und welche Meetings es überhaupt gibt. Hier würden wir uns freuen, wenn die Rotary Clubs aktiv kommunizierten. Wenn sich ein Rotaract-Mitglied bei den Besuchen im Club wohlfühlt, dürfte das Ansprechen einfach werden.
- Welche guten Gründe hat ein Rotary Club, einen guten Kontakt zu Rotaract aufzubauen und zu halten?
Julius: Wichtige Frage – ich glaube, der ausschlaggebende Punkt ist, dass ein Rotaract-Mitglied ein einfach zu gewinnendes Mitglied ist. Wissen über Rotary und die Gepflogenheiten sind gegeben, die Freude am Einsatz für die Ziele ebenfalls.
Henrik: Aber auch über potenzielle Mitglieder hinaus kann der Kontakt zu Rotaract den Club bereichern. Es ergeben sich gleich ganz viele neue Ideen für das Clubleben. Denn dadurch, dass immer neue Rotaract-Mitglieder hinzukommen, werden immer wieder neue Impulse gesetzt.
- Was sind gute Voraussetzungen für ein gutes Verhältnis zwischen einem Rotary und Rotaract-Club?
Julius: Persönliche Kontakte und Spielregeln. Rotaract-Mitglieder müssen klar wissen, wann sie bei Rotary erwünscht sind, und ob sie eingeladen werden, die Essen selbst bezahlen müssen oder wie sie sich zu Meetings anmelden. Häufig scheitert es leider an Kleinigkeiten.
- Wie viele Rotaracterinnen und Rotaracter werden schließlich in einen Rotary Club aufgenommen?
Julius: Vom Gefühl her viel zu wenige. Genau ist es leider schwierig zu sagen, da wir dazu keine genauen Zahlen erheben. Eine Zahl, die häufiger genannt wird liegt leicht unter 10 Prozent.
- An wem oder was liegt es, wenn der Übergang zum RC nicht vollzogen wird?
Henrik: Das gibt die Umfrage leider nicht her. Mein Gefühl ist, dass bei vielen Rotaract-Mitgliedern am Ende der Rotaract-Zeit viele Veränderungen anstehen. Sei es Familie oder Beruf. Wenn dann noch kein Kontakt zu einem Rotary Club besteht, gehen viele Personen leider verloren.
- Welches ist das ideale Alter, in dem Rotaract-Mitglieder auf einen Übergang zu Rotary angesprochen werden sollten?
Henrik: Die meisten Rotaract-Mitglieder möchten gerne mit 30 oder 35 angesprochen werden. Da bei uns die Altersgrenze weggefallen ist, passt das mittlerweile auch besser. Ansonsten lohnt sich das persönliche Kontakthalten oder auch einen Blick in die Datenbank „Rotary Nachwuchs Rotaract“ (RNR) werfen zu lassen. Da können sich Rotaract-Mitglieder eintragen, die Interesse an einer Mitgliedschaft bei Rotary haben.
- Was können Rotarier von Rotaract lernen?
Julius: Die Offenheit über die Grenzen des Clubs hinaus. Ich schätze es an Rotaract sehr, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, dass man sich bei Meetings zwischen Clubs durchmischt oder viele gemeinsame Projekte und Aktionen mit anderen Clubs, dem Distrikt oder deutschlandweit durchführt.
Henrik: Spontanität im Clubleben. Mir macht es in meinem Club unglaublich viel Spaß, dass jedes Mitglied mit einer Meeting- oder Aktionsidee kommen kann, und dann wird die umgesetzt. Egal ob die Idee aus dem Vorstand oder von einem Gast kommt.
Das Gespräch führte Claus Peter Müller von der Grün.