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Distrikt

„Hallo Antarktis, bitte melden!“

Distrikt - „Hallo Antarktis, bitte melden!“
Die Funkstation Neumayer-Station III in der Antarktis, über die das Team mit dem Rotary Club Schweich Römische Weinstraße verbunden war. © RC Schweich Römische Weinstraße

Der Rotary Club Schweich Römische Weinstraße traf sich in einem regionalen Online-Meeting per Satellit und über Zoom mit Forschern in der Antarktis.

02.04.2021

Ein hoher Reinheitsgrad der Luft, Temperaturen bis minus 50 Grad, Einsamkeit im ewigen Eis:  Über Forschung und Lebensbedingungen in der Antarktis berichteten Luftchemikerin Julia und IT-Ingenieur Roman den Rotariern des Rotary Clubs Schweich Römische Weinstraße in einem Meeting live via Amateurfunk-Satellit und Zoom. Der Amateurfunker und Rotarier Jürgen Nisius hatte mit seiner privaten Funkstation diese Verbindung als ehemaliger Schulleiter über die Realschule Schweich zu der von der AMSAT DL e.V. (Sitz in Bochum) eingerichteten Bodenstation auf der Neumayer-Station III (Funkname DPØGVN) in der Antarktis hergestellt. Die Clubmitglieder waren über Zoom eingebunden. Sie konnten direkt Fragen stellen und mitdiskutieren: Ein spannendes Meeting mit Live-Informationen über Forschen und Leben in der Antarktis. Der Club unterstützt zum Dank die AMSAT DL e.V. mit einer Spende für ihre Projekte mit Schulen.

Jürgen Nisius ist seit 1976 Amateurfunker. Er erklärte zunächst die hochkarätige Technik für die Verbindung zur Antarktis: Diese geht über den Amateurfunk-Satelliten Qatar-Oscar 100, der in etwa 36.000 km Höhe in der Nähe des Äquators auf einer Position von 25.9° Ost steht. Er ist geostationär, das bedeutet, er dreht sich genauso schnell wie die Erde. So steht er von der Erde aus gesehen immer an der gleichen Stelle. Das ist wichtig, um die Satellitenantennen nach ihm auszurichten. Das Funksignal legt eine Entfernung von mehr als 72.000 km zurück. Die auf der Erde überbrückte Distanz zur Neumayer-Station III beträgt etwa 13.500 km.

Die Neumayer-Station III steht auf einer Plattform etwa sechs Meter über der Schneeoberfläche und wird von 16 Stelzen getragen, berichteten die Team-Mitglieder Julia und Roman. Regelmäßig heben Techniker die Station mit einer hydraulischen Hebevorrichtung an, damit sie nicht eingeschneit wird. Während im Sommer 40 bis 50 Personen auf der Station arbeiten, ist im antarktischen Winter ein neunköpfiges Team unter extremen Bedingungen auf sich allein gestellt. Dieses Überwinterungsteam besteht aus einem Arzt, vier Wissenschaftlern aus den Bereichen Meteorologie, Luftchemie und Geophysik, einem Koch und drei Technikern. Voraussetzung für alle sind ein einwandfreier Gesundheitszustand sowie eine viermonatige Schulung in Bremerhaven. Feiertage und Urlaub gibt es nicht auf der Station.

Das Leben der neun Teammitglieder in Eis und Schnee des antarktischen Winters muss autark sein: „Von hier ist kein Krankenhaus erreichbar“, berichtet IT-Ingenieur Roman, „deshalb gehört zum Team immer ein Arzt, der Unfall-Chirurg sein muss. Wir haben einen OP, Röntgengeräte, Telemedizin. Fachlich unterstützt uns das Personal des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven. Aufgrund der Quarantäne vor der Anreise gibt es grundsätzlich keine Ansteckungskrankheiten, somit keine Coronafälle.“

Mit hochsensiblen Messgeräten analysieren die Forscher die Polarluft, machen wissenschaftliche Langzeitmessungen und halten den Stationsbetrieb in der Antarktis aufrecht: „In der Nähe der Neumayer-Station III sind Observatorien für geophysikalische, hydroakustische und meteorologische Forschungsarbeit installiert. Wir messen in einem Spurenstoff-Observatorium welche und wie viele klimarelevante Gase sich in der antarktischen Luft befinden“, erklärt Luftchemikerin Julia. „Es gibt ein Pinguin-Observatorium und einen Gewächshauscontainer, in dem wir frisches Gemüse für unsere Kantine anbauen. Wissenschaftsprojekte haben eine relativ lange Laufzeit. Die Meisten laufen seit 30 bis 40 Jahren.“

Eine Frage zum Klimawandel beantwortet Julia damit, dass ein Klimawandel auch in der Antarktis zu beobachten ist. Die Atmosphäre sei mit CO2 angereichert, doch weniger als in der Nordhemisphäre. Auch in der Westantarktis komme es zu Gletscherschmelze. Das Meerwasser habe sich erwärmt. Im arktischen Sommer steige die Lufttemperatur selten über 0 Grad Celsius. Die Wetterbedingungen seien derzeit mit vier Grad Celsius recht warm.

Vom geografischen Südpol ist die Station noch über 2.000 Kilometer entfernt. Der arktische Winter ist geprägt von vielen extremen Stürmen mit Windgeschwindigkeiten von 100 km/h und mehr. Polarkleidung in der Kälte schützt die Forscher draußen sowie ständige Bewegung und heiße Getränke, so Julia. Der Kälterekord lag 2011 bei – 50,2 Grad, eine Messung im Juli 2020 lag bei -48,5 Grad Celsius. Vom 21.5. bis 22.7. kommt die Sonne nicht über den Horizont – dann ist „Polarnacht“. An den „Polartagen“ in der Sommerzeit geht die Sonne vom 15.11. bis 27.1. an der Station nicht unter.

Autark muss die Station sein, was die Ernährung betrifft, erklärt Roman auf eine Frage: „Lebensmittel werden ein- bis zweimal im Jahr per Schiff geliefert, frische Früchte mit dem Flugzeug. Vorräte müssen immer für zwei volle Jahre Vorräte eingelagert sein. Seit zwei Jahren züchten wir sogar Gemüse und Salat im Gewächshauscontainer. Hausmüll landet in Containern und wird mit dem Forschungseisbrecher Polarstern meist nach Kapstadt oder Punta Arenas entsorgt. Sondermüll, wie Leuchtstoffröhren oder Elektroschrott, geht zur fachgerechten Entsorgung nach Bremerhaven. Im Antarktisvertrag wurde seinerzeit vereinbart, dass dort nichts bleiben darf.“

„Einsamkeit, Konfliktbewältigung, Isolation“ eine Frage, die Julia beantwortet: „Bei neun Menschen ist man nicht einsam. Der Kontakt nach Außen klappt jederzeit per Telefon und Internet. Wir haben einen Fitnessbereich, veranstalten gemeinsame Fernseh- oder Spieleabende. Bei neun sehr unterschiedlich strukturierten Menschen kommt es natürlich auch zu Konflikten, die wir versuchen im Gespräch, Konfliktlösungsstrategien oder mit interner wie externer Mediation zu lösen. Alles verläuft hier sehr demokratisch. Es gibt keine militärische Führungsstruktur. Im Sommer von Anfang November bis Ende Februar haben wir manchmal Besucher von benachbarten Forschungsstationen, was aufgrund der Coronapandemie in dieser Saison nicht möglich war.“

Das Team in der Antarktis und die Mitglieder des Rotary Clubs Schweich Römische Weinstraße dankten Jürgen Nisius für dieses spannende Live-Amateurfunk-Meeting mit dem Winter-Team in der Antarktis über eine Distanz von 72.000 Kilometer.

Informationen zum Thema „Arbeiten auf der Neumayer-Station III“ stehen auf der Homepage des Alfred-Wegener-Instituts: awi.de