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New Faces

Mitgliederwerbung: Keep Rotary Fresh!

New Faces - Mitgliederwerbung: Keep Rotary Fresh!
© D1870/drei Fotos: privat

Andrea Benstein, Mitgliedschaftsbeauftragte des Distrikts 1870, im Gespräch mit neuen Rotary-Mitgliedern

01.10.2023

Eine Zoom-Schalte in den Sommerferien. Yasimin Zorlu vom RC Dinslaken ist irgendwo in Sachen Pflegedienst unterwegs und hat sich Zeit genommen. Barbara Jentschura vom RC Telgte kommt auf einen Kaffee vorbei und setzt sich vor die Kamera. Uwe Koch vom RC Senden schaltet sich unter Palmen zu. Er ist mit seiner Familie auf Teneriffa.

Yasimin Zorlu, mit 35 das jüngste "New Face" im Gespräch, hat sich schon früh im Leben selbstständig gemacht. Die Deutsch-Türkin hat einen kultursensiblen Pflegedienst aufgebaut. Sie ist viel in Social Media unterwegs und neuerdings auch für Rotary aktiv. Barbara Jentschura ist Soziologin und Geschäftsführerin eines Herstellers ökologischer Lebensmittel und Pflegeprodukte, ihre akademischen Wurzeln hat sie an der London School of Economics. Uwe Koch macht gerade Urlaub von seinem Job als Sparkassen-Pressechef und vom nebenberuflichen Dasein als Musiker, Karnevalist und Entertainer. Wobei der Entertainer schon durchkommt in unserem Gespräch. Wie kommen diese sehr unterschiedlichen Menschen zu Rotary?

Andrea Benstein: Was habt Ihr von Rotary gewusst oder gedacht, bevor Ihr Mitglieder wurdet? Was dachtest Du, Yasimin?

Yasimin Zorlu: Natürlich dachte ich: Gehöre ich überhaupt in diese Kreise? Ich komme aus einer ganz anderen sozialen Struktur und habe überlegt: Ich hab noch nicht studiert, bin gerade dabei. Ich bin erst seit fünf Jahren selbstständig. Passe ich zu Rotary? Hab ich die Lebenserfahrung, nimmt man mich mit meinen 35 Jahren ernst?  Und ich habe einen Migrationshintergrund, bin Deutsch-Türkin. Ich hatte viele Fragen. Und ich hab anfangs gar glauben können, dass die mich angefragt haben. Ich dachte, das sei eine PR-Geschichte. Ich war wirklich skeptisch.

A. B.: Barbara, was waren Deine Gedanken zu Rotary, bevor Du Deinen Club kennengelernt hast?

Barbara Jentschura: Also, alles sehr erfolgreiche Menschen, die sich zusammentun, weil sie etwas Gemeinnütziges auf diesem Planeten umsetzen möchten. Das war mein Eindruck, bevor ich einstieg.

Nur mit dem richtigen Gehalt Teil der Runde?

A.B.: Und wie war das bei Dir Uwe?

Uwe Koch:  Ich hatte vorher schon Berührungspunkte mit Rotary über meine Arbeit. Wir haben Veranstaltungen gemacht mit verschiedenen Clubs. Ich erinnere mich an einen Clubabend zusammen mit dem Panik-Orchester unter dem Motto "Alles außer gewöhnlich". Das waren Begegnungen, wo ich gemerkt habe: Hui, ein erlesenes Publikum! Ich hatte daher das Vorurteil, dass man nur ab einer gewissen Gehaltsklasse Teil der Runde werden kann. Aber bei näherem Hinsehen hatte ich dann den Eindruck, dass die meisten relativ locker und auf dem Boden geblieben sind. Und vor allem: Sie versuchen, etwas gemeinsam für die Allgemeinheit auf die Beine zu stellen. Das hat mich beeindruckt!

A.B.:  Welche Bilder, welche Vorurteile hattet Ihr? Ich hab bei Yasimin Zorlu rausgehört, sie dachte erst an elitäre Clubs. Was hast Du vorher über Rotary gehört, Barbara?

Barbara Jentschura

Barbara Jentschura: Die Informationen, die ich hatte, waren eher dünn, zum Beispiel wenn irgendwo Veranstaltungshinweise zu sehen waren. Da ist mir aufgefallen, wie interessant das ist, was da so stattfindet. Es ging oft um kulturelle Veranstaltungen: Lesungen oder Informationen über verschiedene Berufsbilder, auch für junge Menschen. Das fand ich als Schülerin sehr nützlich. Was ich später wahrnahm, waren auch gemeinnützige Projekte zu Themen, um die sich sonst nicht so gekümmert wird. Das hat mich sehr angesprochen. Von Vorurteilen wüsste ich jetzt nichts.

A.B.: Eher positive Urteile also – das ist doch gut! 

Barbara Jentschura: Weil ich eben diese Randthemen und auch dieses Engagement als sehr, sehr wertvoll wahrgenommen habe.

Korsett für die Freizeit?

A.B.: Uwe, Du bist angesprochen worden. Ich habe gehört, Du hast Dich vorher eher gewehrt dagegen, was hat Dich dann überzeugt? 

Uwe Koch: Stimmt! Ich bin eigentlich kein Vereinsmeier im klassischen Sinne. Ich liebe meine Freiheit, meine freien Strukturen und überall dort, wo ich Wimpel auf Tischen vermute (lacht) oder festgelegte Regeln für Veranstaltungsabläufe, habe ich mich ernsthaft gefragt: Will ich mir so ein Korsett in meiner Freizeit anlegen, brauche ich das wirklich? Ist nur meine Eitelkeit gestreichelt, weil mich jemand für Rotary angesprochen hat? Ich war also erstmal skeptisch und wollte mir zunächst die Clubmitglieder anschauen. Von denen hängt es letztlich ab, wie sich das Clubleben gestaltet, wie stark das Korsett wirkt, das ich gerade ansprach.

Ja, es gibt ein paar übergeordnete Regeln – alles gut – es wird mal eine Glocke geläutet, aber entscheidend ist: Wie geht man miteinander um? Ich hatte auch gehört, dass die Anwesenheit dokumentiert wird. Was ist denn, wenn ich mal nicht kann, weil ich für mein Unternehmen unterwegs bin? Das war mir eher suspekt. Deshalb habe ich klar gesagt: Freunde, ich freue mich, dass Ihr mich da auf dem Schirm habt, warum auch immer – zunächst möchte ich mir aber ganz unverbindlich anschauen, wie Ihr so drauf seid (lacht).

A.B.: Also war wichtig, dass es ein Meeting probehalber gab – eine Art Schnuppermeeting?

Uwe Koch: Ich hatte die besondere Situation, dass der Club noch gar nicht existierte, bei dem ich Mitglied werden sollte. Sondern er befand sich in Gründung, es ging gerade erst los. Da war viel Aufbruchstimmung , und die Chemie passte sofort. Hier konnte ich mitgestalten, etwas aufbauen. Das hat mich sehr gereizt.

"Ich bin Soziologin. Mich interessieren Dinge, die eine Gesellschaft auch ohne Politik hinkriegt."

A.B.: Barbara, wie war das bei Dir?

Barbara Jentschura: Mein Club wurde in den 80ern gegründet. Bei mir ist die Besonderheit, dass ich eine der ersten Frauen bin, genauer gesagt die Zweite. Das ist aber überhaupt kein Problem. Jeder ist freundlich und wohlmeinend. Und ich denke, vielleicht war vorher noch nicht die richtige Zeit. Es ist auch nicht an mir, das zu beurteilen. Aber man hat sich bewusst entschieden, sich auch für weitere Gruppen von Mitgliedern zu öffnen. Deswegen kann ich das gut verstehen, was Du sagst, Yasimin. Passt man da überhaupt rein? Aber, eigentlich hab ich mich nie so gefühlt wie jemand, der sich hinten anstellen müsste. Es ging um die gemeinsamen Interessen. Was man zusammen bewegen kann. Ich bin Soziologin. Mich interessieren Dinge, die eine Gesellschaft auch ohne die Politik hinkriegt. Und da finde ich, ist das einfach eine interessante Struktur, die sich dem verschrieben hat, etwas zu bewegen. Und darum geht's.

A.B.: Yasimin, du bist Mitglied in einem neugegründeten Club, wie war das für Dich, wie hat man Dich angesprochen? 

Yasimin Zorlu: Ein Gründungsmitglied des neuen Rotary Clubs in Dinslaken hat mich angesprochen. Er kannte mich aus einem Podcast und hat mich angerufen, ist auf Tuchfühlung gegangen. Er wusste, dass ich mich auch sehr stark sozial engagiere und fragte mich, ob die Lions vielleicht schon bei mir angefragt haben. Ich glaube, er hatte das gehört oder hatte so ein Gefühl. (lacht). Er hat mich ganz gezielt gefragt, ob ich schon mal von Rotary gehört habe und ob ich mich mal mit ihm treffen würde? Und dann haben wir uns zusammengesetzt. Er hat mir davon berichtet, dass ein neuer Club gegründet wird. Und dass ich ein Teil davon werden könnte, ich solle das mal sacken lassen.  Ich habe mich intensiv damit auseinander gesetzt, viel über Rotarier, über die rotarischen Grundgedanken und die anderen Clubs gelesen und mch gefragt: Sind das Werte, die ich vertreten kann? 

A.B.: Und wie lange Bedenkzeit brauchtest Du?

Yasimin Zorlu: Ich glaube, ich hab  eine  Woche gebraucht. Wäre es jetzt ein Club gewesen, der schon länger bestanden hätte, dann hätte ich länger gebraucht. Aber dieser hat mich gereizt, weil es etwas Neues ist.

"Hier treffen sich nicht irgendwelche Champagner-Schwenker. Die Mitglieder sind Menschen von nebenan."

A.B.: Was würdet Ihr Rotary Clubs raten, wenn sie neue Mitglieder aufnehmen wollen? Was sagst Du Uwe? Hast Du einen Tipp?

Uwe Koch: Sich offen zeigen für Neues, Traditionen hinterfragen, besonders die Tradition, die bei einigen Clubs immer noch vorherrscht, dass Frauen nicht Teil von Rotary sein können. Sich auch mal präsentieren in der Öffentlichkeit, immer wieder mal das Gespräch suchen über Veranstaltungen, über Aktionen, die man macht. Im Grunde genommen sind das natürlich auch Binsenweisheiten, weil es an vielen Stellen schon praktiziert wird. Wichtig ist, das Engagement des Clubs erlebbar zu machen. Das war zumindest bei uns in Senden so, als wir gestartet sind. Da haben sich auch Berührungsängste mancher Sendener abgebaut und sie haben gemerkt: Hier treffen sich nicht irgendwelche Champagner-Schwenker, die sich selbst toll finden. Die Mitglieder sind Menschen von nebenan und machen richtig gute Sachen für den Ort und für nationale und internationale Projekte. Also, meine Empfehlung: Immer das Gespräch suchen, in die Öffentlichkeit gehen, die Menschen über die Handlungen verstehen lassen, was Rotary eigentlich bedeutet.

A.B.: Okay vielen Dank! Barbara, was wäre Dein Tipp für die Clubs?

Barbara Jentschura: Ich schließe mich dieser wunderbaren Formulierung von Uwe gerne an, also die Handlungen für sich sprechen lassen und wirklich schauen, auf was will man hinaus. Es dann anpacken und durch die guten Beiträge in der Gesellschaft auch sichtbar werden. Ich persönlich bin nicht der Typ, der propagieren würde, Rotary  dick dran zu schreiben. Es zählt der zweite oder dritte Blick: Ach, wer macht denn das? Wer hatte denn diese Idee und wer widmet sich denn da den Dingen? Es ist ein privates Engagement und ich fand die Formulierung wunderbar, die Handlung für sich sprechen zu lassen. Unser Club ist auch eher zurückhaltender. Die Mitglieder tun viel, aber sie sind eben zurückhaltender. Es ist auch fair gegenüber den Initiativen, die unterstützt werden und die ja die eigentliche öffentliche Anerkennung verdient haben.

"Soziale Medien sind wichtig, um jüngere Menschen zu erreichen. Das macht nahbar."

A.B.: Yasimin, Dein Tipp für Clubs?

Yasimin Zorlu:  Sich nach außen sichtbarer machen, sich digitaler präsentieren, mehr Social Media und Instagram, Facebook und Co. Soziale Medien sind wichtig, um jüngere Menschen zu erreichen. Das macht nahbar, wenn ich weiß, ich kann einen Rotaryclub über Social Media erreichen und er antwortet dann noch, das bringt Bürgernähe. Und dann: Wo sind die Bedürfnisse? Wir haben immer stärker diese Schere zwischen Arm und Reich. Ich sehe das in meiner Arbeit jeden Tag. Wir bei Rotary bieten humanitäre Hilfen, okay. Wir haben soziale Projekte – auch okay. Aber wie erfahren wir, was gebraucht wird? Wir kriegen es doch nur mit, wenn wir wirklich hinhören und wenn wir in die Mitte der Bevölkerung gehen. Raus aus der Blase, aus der Wolke.

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Uwe Koch

Uwe Koch: So habe ich es auch gemeint! Wir handeln, alles andere kommt dann automatisch mit dazu. Ich glaube, erfolgreiche Clubarbeit hängt von Aktionen ab, die auf breiten Schultern verteilt sind und wo sich jeder einbringen kann. Ein Beispiel für uns in Senden war die Einführung eines Weihnachtsfestivals, irrsinnigerweise open air kurz vor Weihnachten mit vollem Wetter-Risiko. Klang erst nach einer reichlich bekloppten Idee eines Neu-Mitglieds mit Musiker-Seele (lacht). Aber die Idee wurde deshalb ein Erfolg, weil alle im Club mitgezogen haben. Das kann ich nicht alleine reißen, wenn ich ein paar Tasten drücke am Klavier. Die einen haben Glühwein verkauft, andere Burger gegrillt und Popcorn verkauft. Unser Präsident kümmerte sich persönlich um die Weihnachtsbuden. Und ich habe mit befreundeten Musikerinnen und Musikern das Programm auf die Beine gestellt. Das war ein so schönes Gemeinschaftserlebnis, es hat den Club weiter zusammengeschweißt! Das macht unheimlich Spaß und das steckt auch an!

A.B.: Ein schönes Schlusswort! Euch noch viel Freude in Euren Clubs und Danke für diese Runde

#keeprotaryfresh ist eine Initiative des Distrikts 1870. Regelmäßig erscheinen hier Geschichten über neue Gesichter, neue Clubs und Initiativen zur Mitgliedergewinnung. – Auch auf Instagram unter Rotary Distrikt 1870. Wer über best practice berichten will, hier melden:  keeprotaryfresh@rotary1870.de oder benstein@rc-muenster.de.