Korbach/Jaroslaw/Lemberg (Lviv)
Waldecker Rotarier brachten Hilfsgüter in die Ukraine
Die Kooperation mit dem polnischen Partnerclub RC Jarosław erwies sich wieder als sehr nützlich.
Eine kleine Delegation des RC Korbach-Bad Arolsen reiste vom 18. bis 21. April 2023 nach Jarosław in die polnisch-ukrainische Grenzregion und weiter nach Lemberg (Lwiw). Mit an Bord der Reporter der "Waldecker Landeszeitung" Armin Haß.
Mit dem vollgepackten VW-Bus mit Anhänger wurden Hilfsgüter im Gesamtwert von über 20.000 Euro überbracht – darunter acht mobile Trinkwasseraufbereiter "Paul", ein Strom-Aggregat, Verbandsmaterial, Medikamente, Gehhilfen und Inkontinenzartikel. Einen besonderen Dank richtet der RC Korbach-Bad Arolsen an die befreundeten Rotary Clubs aus Frankenberg und Schwalmstadt sowie den Lions Club Waldecker Land, die die Aktion mit großzügigen Spenden vorbildlich unterstützt haben.
Nachfolgend berichten die Rotarier Thomas Ebert, Franz-Peter Kaiser und Dirk Trompeter aus ihrem Tagebuch.
Montag, 17. April 2023
Der Rotary Club Korbach-Bad Arolsen bedankt sich bei allen Unterstützern und Förderern des Hilfskonvois. Der Kettschau-Bulli und der Hübschmann-Anhänger sind mit Hilfsgütern vollgepackt – es kann losgehen.
Dienstag, 18. April 2023
Sehr früh morgens, um 2.30 Uhr, startet die vierköpfige Delegation mit dem beladenen Gespann im Waldecker Land. Via Kassel, Halle, Leipzig, Dresden ist die polnische Grenze bei Görlitz in der Mittagszeit erreicht. Gut gestärkt durch diverse Delikatessen der Metzgerei Bernhard Tent, die Stimmung an Bord ist ausgelassen, rollen wir mit moderater Geschwindigkeit Richtung Osten. Nach ca. 1.150 km und 15 Stunden erreichen wir unsere Unterkunft in Jarosław und werden von den rotarischen Freunden Piotr, Zbigniew und Piotr herzlichst empfangen. Bei einem kurzweiligen Dinner wird die Verbundenheit und Freundschaft vertieft. Wir freuen uns auf die nächsten Tage – wir halten zusammen!
Mittwoch, 19. April 2023
Nach dem Frühstück im Hotel Dwor Hetman haben wir David von der NGO-Organisation OperationAid in deren grenznahem Logistiklager getroffen. Von dort wird die Ukrainehilfe und der Transport in die Kriegsregionen koordiniert. Besonders im Osten der Ukraine steigen die Kosten für Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs rasant – viele Familien können auch aufgrund der fehlenden Monatsgehälter die Grundnahrungsmittel nicht mehr finanzieren. "Care-Pakete" werden in großer Anzahl in die Gemeinden im Donbass gebracht und dort an Zivilisten verteilt. Unsere humanitäre Hilfe wurde mit Freude von David angenommen: unter anderem acht Trinkwasserfilteranlagen "Paul", ein Aggregat, medizinische Produkte und Verbandsmaterial sowie Medikamente. Vorsortiert werden sie in den nächsten Tagen durch die OrganisationAid an die Zielorte im Osten der Ukraine gebracht. Morgen werden wir persönlich mit David in ein Krankenhaus bei Lwiw fahren und medizinische Produkte und Arzneimittel übergeben.
Am Nachmittag haben uns die polnischen Freunde durch die Altstadt von Jarosław geführt. In der Frühlingssonne durften wir die Schönheit der Stadt und umliegenden Landschaft sowie die polnische Gastfreundschaft genießen.
Am Abend wurden wir als Ehrengäste beim Meeting des Rotary Clubs Jarosław begrüßt. Natürlich wurden die rotarischen Wimpel ausgetauscht und die persönlichen Kontakte auf Englisch, Deutsch und Polnisch unter Zuhilfenahme von Händen und Füßen vertieft.
Donnerstag, 20. April 2023
Bereits um 7 Uhr starten wir mit Fahrzeugen Richtung Ukraine – David von OperationAid, ein polnischer Pfarrer und ein rotarischer Freund begleiten uns. Nach 40 km erreichen wir einen kleineren Grenzübergang auf einer Nebenstrecke nach Lwiw. Als humanitärer Hilfstransport dürfen wir auf einer Prioritätsspur an der Schlange wartender Autos vorbeifahren – trotzdem ist Geduld gefragt, nach gut 90 Minuten und einigen Kontrollen sowie Formalitäten dürfen wir in die Ukraine einreisen. Im grenznahen Bereich passieren wir noch problemlos mehrere militärische Kontrollpunkte.
Eine Kirchengemeinde am Stadtrand von Lwiw, ca. 100 km von der Grenze entfernt, ist unsere erste Station. Dort übergeben wir medizinisches Material und Medikamente an Militärkräfte. Der direkte Besuch des Krankenhauses/Lazaretts ist als militärisches Sperrgebiet für Zivilisten nicht möglich. Gemeinsam mit dem ukrainischen Pfarrer fahren wir durch den dichten Verkehr in die Innenstadt von Lwiw.
Der Westen der Ukraine gilt als sicheres Gebiet. Zu Beginn des Krieges haben vereinzelt Raketen die Region erreicht, eine nahegelegenen Rekrutierungskaserne wurde mit hohen Verlusten getroffen. Mittlerweile sichern die Patriot-Abwehrsysteme mit gutem Erfolg den gesamten Westteil des Landes und die Region um Kiew. Viele Familien der Ostgebiete sind seit Kriegsbeginn nach Lwiw umgesiedelt – die Stadt hat die Kapazitätsgrenzen erreicht und überschritten. Die Straßen sind gefüllt und es erinnert auf den ersten Blick wenig an Krieg.
Sehr bedrückend ist der Besuch des neuen Heldenfriedhofs im Stadtzentrum. Geschätzt weit über 700 Soldaten haben dort die letzte Ruhe gefunden, die neuesten Gräber sind mit Todestagen im April 2023 datiert und der Großteil der Gefallenen hat das 40. Lebensjahr nicht erreicht. Sehr betrübt verlassen wir diesen Ort der Trauer.
Als nächstes steht die Hauptkirche von Lwiw auf dem Programm. Bei einem gemeinsamen Mittagessen erfahren wir von unseren Guides noch viel über Land und Leute sowie die aktuellen Herausforderungen.
Am westlichen Stadtrand besuchen wir eine geheime Werkstatt. In einem von mehreren Organisationen unterstützten Projekt werden gebrauchte LKWs zu mobilen Sanitätsstationen mit OP-Saal für den Fronteinsatz umgebaut.
Gegen 17.30 Uhr erreichen wir die Grenze und dürfen erneut an der diesmal gefühlt 5 km langen Warteschlange vorbeifahren. Obwohl nur ca. 20 Fahrzeuge vor uns auf die Abfertigung warten, dauern die Kontrollen an drei Checkpoints nervenaufreibend rund vier Stunden. Gegen 22.30 Uhr sind wir mit vielen Impressionen von der Sinnlosigkeit des Krieges, der zu ertragenden Last der Bevölkerung und dem eisernen Willen der Ukrainer zurück im Hotel in Jarosław.
Freitag, 21. April 2023
Drei polnische Freunde besuchen uns zum gemeinsamen Frühstück im Hotel. Dann gilt es schon, Abschied zu nehmen. Wir haben in den zurückliegenden Tagen das selbstlose Engagement von vielen Polen und Ukrainern erleben dürfen. Wir sind uns sicher, dass unsere Unterstützung – mit Finanzen und benötigten Artikeln – der richtige Weg ist, das Leid der Bevölkerung etwas zu lindern. Jeder Euro ist gut investiert – wir werden unsere Hilfe fortsetzen.
Nach der Verabschiedung starten wir unser leeres Gespann Richtung Westen. 1.150 km und gut 13 Stunden Fahrt lassen uns auch viel Zeit für Diskussionen und gemeinsame Verarbeitung der bedrückenden Impressionen unserer Reise.
Gegen 21.30 Uhr erreichen wir erschöpft die Waldeck'sche Heimat.