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Editorial

Neue und alte Konfliktlinien

Editorial - Neue und alte Konfliktlinien
© Jessine Hein / Illustratoren

René Nehring über die Gegensätze Deutschlands, ein besonderes Projekt des RC Ansbach und mehr

01.11.2019

In wenigen Tagen jährt sich zum dreißigsten Mal der Fall der Berliner Mauer und die Öffnung der Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR. Wohl niemand, der den 9. November 1989 bewusst erlebt hat, wird die Ereignisse jenes Tages vergessen können: Die Bilder von den hochgehenden Schlagbäumen an der Bornholmer Brücke und den Umarmungen zwischen den ungläubigen Menschen aus Ost und West, von den jubelnden Massen, die am Brandenburger Tor auf der Mauer tanzten, und von den endlosen Trabi-Kolonnen an den Autobahngrenzübergängen, sie haben sich tief in das kollektive Gedächtnis unserer Nation geprägt.
Auf den Jubel über den Mauerfall und die anschließende Vereinigung der beiden deutschen Nachkriegsstaaten folgte schnell die Tristesse des Alltags. So führte die Einführung der D-Mark vielerorts zur Schließung einstmals großer Staatsbetriebe, die nun nicht mehr wettbewerbsfähig waren, und zu Massenarbeitslosigkeit (siehe Rotary Magazin 10/2018). Der neue gesamtdeutsche Staat musste – oftmals unter Schimpf und Schande – die Trümmer wegräumen, die ein marodes System zuvor hinterlassen hatte. Die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Regionen des wiedervereinigten Landes wurde zu einem der wichtigsten politischen Handlungsziele aller Bundesregierungen seit 1990.
So weit, so bekannt. Dreißig Jahre später stellt sich jedoch die Frage, ob die Unterschiede zwischen Ost und West wirklich noch das zentrale Problem in unserem Lande sind. Verlaufen die innerdeutschen Grenzen nicht längst anderswo, zum Beispiel zwischen dem Süden und dem Norden? Was ist mit dem oft zu hörenden Gegensatz zwischen Stadt und Land? Und welche Verwerfungen bringt der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft mit sich? Diesen und weiteren Fragen gehen die Beiträge im aktuellen Titelthema nach. Natürlich geht es dabei auch um den Stand der Vereinigung zwischen dem Osten und dem Westen der Republik, die trotz aller Alltagsprobleme gelungen ist – und noch immer ein Grund zur Freude.

Jedes Jahr erleiden hunderttausende Menschen allein in Deutschland einen Schlaganfall – mit dramatischen Folgen bis hin zum Tod. Für diejenigen, die die plötzliche Durchblutungsstörung des Gehirns überleben, ist der Weg zurück ins Leben zumeist mühsam und langwierig; bleibende Schäden bis hin zu langfristiger Invalidität sind eher die Regel als die Ausnahme.
Der Rotary Club Ansbach entwickelte ein richtungsweisendes Projekt, das Mitmenschen dazu befähigt, betroffenen Schlaganfallpatienten zurück ins Leben zu helfen.

Soll man sich bei Rotary bewerben können? Diese Frage ist in vielen Clubs noch immer ein „heißes Eisen“. Zum einen hat sich die Praxis, dass sich bestehende Mitglieder in ihrem Umfeld umsehen und neue Freunde zur Aufnahme vorschlagen, bewährt. Zum anderen genießen es vermutlich nicht wenige Freunde, einer Organisation anzugehören, die sich ihre Mitglieder aussuchen kann. Doch wie umgehen mit jenen Damen und Herren, die von sich aus Interesse an einer Mitgliedschaft bekunden? Zum Beispiel weil ihr Kind im Rahmen des Jugendaustauschs ein Jahr mit Rotary im Ausland war und sie nun überlegen, wie sie dieser Organisation etwas zurückgeben können. Sollen und wollen wir diese Interessenten nur deshalb ablehnen, weil sie auf uns zugekommen sind – und nicht umgekehrt? Diesen und weiteren Fragen geht der aktuelle „Standpunkt“ nach.

 

Es grüßt Sie herzlichst Ihr

René Nehring
Chefredakteur