Titelthema
Schwanenbussis vom See
Rauf auf den Berg, rein in den See: Das Salzkammergut ist nun einmal von einer solch magischen Aura umflort, dass auch noch die entlegenste angrenzende Peripherie gern dazugehören würde.
Ganz gleich, welche Bestimmungsmethode man anwendet: Es ist stets irgendein Punkt im Salzkammergut, der die geografische Mitte von Österreich darstellt. Natürlich findet unsereins diesen Umstand völlig normal, beinahe naturgegeben. Wo es so schön ist, muss ja die Mitte sein, und in der Mitte lässt’s sich bekanntlich bestens leben. Es gibt kein Ringen ums Wesen der eigenen Identität wie in den unsicheren, brüchigen Grenzlandlagen. Stattdessen kann man sich entspannt aufs Wesentliche konzentrieren, nämlich Geselligkeiten aller Art. Mamma mia, sind wir gesellig! Und wenn der Brauchtumskalender gerade keinen sozialen Fixtermin vorsieht, erfinden wir uns einen. Da sitzen wir dann bestens gelaunt und in uns ruhend, blicken uns um und wiederholen ein ums andere Mal tief befriedigt: „So schön hammas da!“ Die Bienenkönigin lebt ja schließlich auch im Herzen des Bienenstocks. Wen sollte es da noch weiter wundern, dass Kaiser Franz Josef, aus Wien kommend, 82 der 86 Sommer seines langen Lebens im Salzkammergut verbracht hat?
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Seen, Seen, überall Seen
Wir berufen uns nämlich gern aufs Kaiserliche. Und auf die literarische Sommerfrische. Und aufs Salz. Und auf die Hallstattkultur. Und auf viele Tausend Jahre archäologisch bestens dokumentierter Menschheits- und Handelsgeschichte. Das Salzkammergut ist nun einmal von einer solch magischen Aura umflort, dass auch noch die entlegenste angrenzende Peripherie gern dazugehören würde. Darum ist das Salzkammergut im Lauf der Zeit auch immer größer geworden. Und mit ihm die Zahl seiner Seen. Staunte der Wiener Reiseschriftsteller Joseph August Schultes Ende des 18. Jahrhunderts noch darüber, dass „hier auf einem Flecke von kaum 12 QMeilen nicht weniger als 20 Seen sind“, ist heute die Rede von mehr als 70. Da können es die Hallstätter, Ausseer, Bad Goiserer oder Bad Ischler, die sich sicher im Innersten des Inneren Salzkammergut verankert wissen, noch so sehr als Anmaßung empfinden: Was heute Salzkammergut heißt, reicht von der Stadtgrenze Salzburgs bis ins Almtal und von Vöcklabruck bis zum Grimming. Wer sich das nicht merken kann, merkt sich einfach eins: Heute wie früher handelt es sich beim Salzkammergut um eine aus Bergen und Seen gemachte oberösterreichisch-steirisch-salzburgische Landschaft. Kein fantastischer Blick von oben, ohne dass einem nicht auch ein See zu Füßen läge. Oder mehrere.
Langsame Jodler und das Glück vor der Tür
Große und kleine, helle und dunkle, badewannenwarme und frostig kalte, abgründig tiefe und seichte Seen. All das gibt es. Man kann Jahre zubringen, sie zu entdecken, und es ist schon so, wie Hubertus Czernin in der Nachbemerkung zu einer von ihm herausgegebenen literarischen Anthologie geschrieben hat: „Wenn sich das Salzkammergut überhaupt definieren lässt, dann ausschließlich anhand seiner Gewässer.“ Die vier großen sind der Hallstättersee, der Traunsee, der Attersee und der Wolfgangsee. Sie wissen schon: „Im Weißen Rössl am Wolfgangsee, dort steht das Glück vor der Tür …“ düdelt der Operettengassenhauer. Dann ist da der deutlich kleinere Altausseersee, das zentrale Gewässer des steirischen Salzkammerguts, wo man entlang der „Via Artis“ den Lebenslinien berühmter schreibender Sommerfrischler wie Jakob Wassermann oder Friedrich Torberg folgen kann.
Schließlich gibt es die vielen kleinen und winzigen Seen der Region: die Gosau- und Langbathseen, die gleich im Doppelpack und hintereinander gelegen auftreten, den villenumstandenen Grundlsee, den warmen Mondsee sowie den anmutigen Fuschlsee, an dessen Gestaden die außerirdisch anmutende Red-Bull-Zentrale mitsamt aus der Fassade herausgaloppierender Bronze-Büffelherde gelandet ist. Es gibt ruhige Waldseen wie den Nussensee bei Bad Ischl mit seinen stillen Fischern, Gebirgsseen wie den Taferlklaussee, wo Mitte August beim Echoblasen langsame Jodler aufs Wasser hinausgespielt werden, oder den Toplitzsee, wo Taucher bis heute nach einem angeblichen Nazi-Schatz suchen.
Rosenwind und Schwanenküsse
An der unterschiedlichen Wesensart der Seen mag es auch liegen, dass sich kaum ein Salzkammergütler findet, der nicht auf einen bestimmten See fixiert wäre. Den einen geht nichts über den dunkelgrünen, spiegelglatten und meist eiskalten Hallstättersee. Er ist groß, von majestätischer Ruhe und zwischen hohen Bergen eingebettet wie in einen Fjord. „Fuhren“ heißen hier die traditionellen Holzboote, die stehend mithilfe eines einzelnen Heck-Ruders wie eine venezianische Gondel bewegt werden.
Wie ganz anders ist da der Attersee: Seine Sommerfarbe ist ein leuchtendes Türkis, das entsteht, wenn ab einer bestimmten Wassertemperatur Kalkpartikel aus dem Ufergestein gelöst und von einer hoch stehenden Sonne reflektiert werden. Nachmittags lockt der Rosenwind, ein stabiler Schönwetterwind, die Segler gleich massenweise aufs Wasser. Ein Tal weiter, auf dem tiefen, kalten Traunsee, sausen derweil die Kitesurfer in der windreichen Bucht von Ebensee hin und her, während oben, am anderen Seeende, Spaziergänger an der eleganten Gmundner Seepromenade entlangspazieren. In der dortigen Konditorei Grellinger gibt es übrigens eine Leckerei namens „Schwanenküsse“. Dieser süße Traum aus Ei-Schnee in Schwanenform könnte vielleicht in Verbindung mit einem durchaus boshaft gemeinten Spitznamen stehen, den die städtischen Gmundner im übrigen Salzkammergut tragen: Sie sind die „Schwanenbussis“.
In diesem Sinne: Bussis aus dem Salzkammergut.
Städte
Mondsee
Direkt am gleichnamigen See gelegen wartet auf Besucher ein historischer Marktplatz mit schicken, bunten Häusern sowie eine dreischiffige, gotische Basilika.
Sankt Gilgen
Der Mozart- und der Kirchenplatz der Gemeinde am Wolfgangsee entzücken mit ihren Häuserensembles aus dem Barock.
Ausflugstipps
5fingers
Die Aussichtsplattform „5fingers“ in Obertraun bietet einen herrlichen Blick in das Innere Salzkammergut sowie über den Hallstättersee.
Toplitzsee
Weniger bekannt, aber nicht minder schön, ist der Toplitz see, der in einer tiefen Felswanne liegt