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Sie berichten für Rotary vor Ort

Rotary Aktuell - Sie berichten für Rotary vor Ort
Dynamische Redaktionssitzung: Beim Distriktreporter-Seminar in Wien arbeiteten Redaktion und Distriktberichterstatter eng zusammen und gaben sich kurzweilige Impulse. © photography_julius

Die Arbeit der Distriktberichterstatter ist zumeist ein einsames Geschäft. Oft fehlen Resonanz und Zuarbeit aus den Clubs.

01.01.2023

Die Lokalseiten sind für viele Leser der erste Teil, den sie sich morgens aus ihrer Zeitung fischen. Bei Rotary ist das etwas anders: Im Rotary Magazin gelten die Distriktberichte zwar als der Lokalteil („Rotary vor Ort“), doch wie stark sie gelesen werden, das ist für viele Berichterstatter eine unbekannte Größe, denn Rückmeldungen gibt es leider nur selten.

„Für viele Clubs ist es aber immer noch sehr wichtig, mit ihren Geschichten ins Heft zu kommen“, erzählt Can Özren (RC Bargteheide). „Daran ändern auch die Social Media nichts, die vor allem jüngere Rotarier erreichen.“ Der promovierte Historiker ist auch ausgebildeter Zeitungsredakteur und seit 16 Jahren verantwortlicher Rotary-Reporter im Distrikt 1890. Aufgrund der Tatsache, dass bei diesem Amt die jährliche Rotation ausgehebelt wird, sind auch die allermeisten seiner Kolleginnen und Kollegen in den anderen Distrikten oft schon fünf, sechs und mehr Jahre im Amt.

Netzwerk aufbauen

Das hat im Wesentlichen einen Grund: Man braucht Zeit, um sich ein Netzwerk an Kontakten aufzubauen und damit einen stetigen Informationsfluss einzuleiten. Das ist umso wichtiger für Distriktberichterstatter, die keine gelernten Journalisten sind, sondern sich mehr oder weniger mühsam ein Arbeitskonzept entwickeln müssen, um im monatlichen Rhythmus zuverlässig liefern zu können. Und zwar 2400 Anschläge für den Hauptbericht und 700 für die Meldung am Rande. Dazu kommen noch zusätzliche Artikel für die Online-Seiten des Rotary Magazins.

Trotz seiner insgesamt positiven Erfahrungen hadert auch Özren bisweilen mit „seinen“ Clubs beziehungsweise Leserinnen und Lesern. Denn dem Interesse am Abdruck steht auf der anderen Seite keine nachhaltige Bereitschaft gegenüber, den Distriktberichterstatter auch dann anzusprechen, wenn gerade kein Global Grant oder ein rundes Jubiläum zu feiern sind. „Man wünscht sich schon, auch mal ‚einfach so‘ mit Anregungen oder Projektideen beliefert zu werden.“ So muss er selbst immer wieder auf Themensuche gehen, wenn der Redaktionsschluss näher rückt.

Als „zunächst hart und steinig“ hat auch Verena Hahn-Oberthaler (RC Perg) den Weg zum Leser empfunden, als sie vor zweieinhalb Jahren das Amt im österreichischen Distrikt 1920 übernahm. Die gelernte Wirtschaftsjournalistin musste sich bei allen Clubs bekannt machen und für ihre Arbeit werben. „Im zweiten Jahr wurde ein Kipppunkt erreicht, von dem aus vereinzelten Artikeln und Hinweisen eine wachsende Welle wurde“, so Hahn-Oberthaler. „Inzwischen habe ich eine sehr komfortable Situation. Ich muss manchmal sogar vertrösten.“

Solche Wellen hat es in diesem Distrikt schon früher gegeben. 1995 gab der damalige Berichterstatter Anton Wagner (RC Linz) diesen Einblick in seine Werkstatt: „Ein von circa 200 Clubberichten pro Monat überquellender Hausbriefkasten, Stöße Papier auf dem Schreibtisch und ein Tag jeweils zu Monatsbeginn konzentrierte Arbeit.“ Während die Papierstapel sich dank Internet verflüchtigt haben, ist der Aufwand in etwa so geblieben. „Zwei bis sechs Arbeitsstunden“ plant Özren für den monatlichen Bericht ein. Die meiste Zeit entfällt bei ihm auf das Nachrecherchieren, etwa um vollständige Namen zu ermitteln.

Während andere gern fertige Texte entgegennehmen, genügen ihm Stichworte und Zitate. „Man entwickelt ein Gespür dafür, wie eine Geschichte in 2400 Anschlägen erzählt werden kann.“

Dass selbst er, der jahrelang beharrlich auf Distriktveranstaltungen präsent ist, nur rund die Hälfte aller Clubs im Distrikt für seine Arbeit interessieren kann, dürfte die Kollegen beruhigen, die noch relativ neu im Amt sind. Für Ulrike Vogt (RC Müllheim-Badenweiler), die im Distrikt 1930 Bericht und Öffentlichkeitsarbeit koordiniert, ist ebenfalls rund die Hälfte der Clubs nicht erreichbar. Für sie spiegelt sich darin ein grundsätzliches Problem mit der Öffentlichkeitsarbeit: „Viele Clubs sind in diesem Bereich zu wenig aktiv. Sie haben vielleicht das Amt besetzt, aber das muss nicht viel heißen.“ Im Distrikt 1830 setzt Julius Schölkopf (RAC Ludwigsburg) mit den Beauftragten für Internet (DICO) und Öffentlichkeitsarbeit auf regelmäßige Ansprache der Clubs in einem „Forum Öffentlichkeitsarbeit“.

Der steinige Weg zur richtigen Selbstdarstellung, der für Rotary in Deutschland überhaupt erst in den 1990er Jahren begann, trägt andernorts bereits reichlich Früchte. Das ist in den Distrikten der Fall, die alle dazugehörigen Aufgaben (Bericht, Newsletter, Website, PR, Social Media) organisatorisch zusammenfassen. Im Distrikt 1900 ist das schon weitgehend eingespielt, sodass etwa Distriktveranstaltungen auf allen Kanälen stattfinden. Im Gespräch mit Nicola Leffelsend, RC Bochum-Hellweg, fällt auf, dass sich im Distriktausschuss „Kommunikation“ die Talente von Rotariern und Rotaractern ideal ergänzen: „Die Rotaracter kümmern sich um die neuen Medien. Dank ihrem Know-how im Bereich Video konnten die Clubs in der Corona-Zeit schnell auf Zoom-Meetings umstellen“, hebt Leffelsend hervor.

Mit dieser neuen Struktur wird es möglich, weit über Rotary hinaus Resonanz zu finden. Sabine Meinert vom Rotary Magazin erinnert an eine tausendfache Wahrnehmung der vielen rotarischen Hilfsaktionen, die über soziale Medien in diesem Jahr gepostet wurden. „Auch Aktionen zum Welt-Polio-Tag – Tulpenpflanzungen, Benefizveranstaltungen, Spendenläufe – erreichten bei Facebook oder Instagram bis zu 5000 Personen.“

Gute Fotos gesucht

In den klassischen Medien hängt Rotary noch hinterher, was sich nicht zuletzt in handwerklichen Mängeln zeigt. Womit wir wieder beim monatlichen Distriktbericht wären. Ein Problem, das seit Jahren beklagt wird, ist der Mangel an gutem Bildmaterial. Das ist auch der erste Punkt, der den Redakteuren in Hamburg einfällt, wenn es um Verbesserungen beim Distriktbericht geht: „Viele Fotos sind sowohl technisch als auch vom Motiv her nicht für einen Abdruck geeignet“, sagt die stellvertretende Chefredakteurin Frauke Eichenauer. „Whatsapp-Fotos“, fasst Ulrike Vogt das Unwesen zusammen: Handy-Fotos, die per Whatsapp verschickt werden, haben eine zu kleine Auflösung für das anspruchsvolle Druckverfahren.

Diese Nachlässigkeit spiegelt sich auch in der Motivwahl beziehungsweise der Komposition – sie sind oft einfach zu langweilig, als dass man damit ein tolles Projekt illustrieren möchte. „Mit schwachen Fotos verkaufen viele Clubs ihre Projekte unter Wert. Die lokale Presse freut sich doch auch, wenn sie nicht nur ein interessantes Thema, sondern auch ansprechende Fotos erhält“, betont Eichenauer.

Matthias Schütt