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Buch des Monats

"Marseillaise der Reformation"

Buch des Monats - "Marseillaise der Reformation"
© Verlag Neukirchener Theologie

Gerhard Rödding (RC Bielefeld), Ein neues Lied wir heben an - Martin Luthers Lieder und ihre Bedeutung für die Kirchenmusik, Verlag Neukirchener Theologie, 201 Seiten, 28 Euro

04.04.2016

Im Vorfeld des Luther-Jahres beschreibt der Theologe Gerhard Rödding (RC  Bielefeld) den Reformator als Dichter und Musikanten:

Ziel Martin Luthers war es, dass die Gemeinde den Gottesdienst mitgestaltet durch Kirchenlied und Kirchengesang. Aus welcher Erfahrung und Sachkenntnis sich sein Bestreben speist, stellt der evangelische Theologe Gerhard Rödding im Vorfeld des Luther-Jahres 2017 eindrucksvoll dar: Luther war allseits vertraut mit den Liedern der Renaissance: Bergreihen, Studentenliedern, Abschiedsliedern und Tanzliedern, also mit den später sogenannten Volksliedern, zudem hatte er Erfahrung mit dem liturgischen Mönchsgesang und spielte Laute. Zu ihr griff er auch, wenn er seine abendliche Tafelrunde zum Singen anregen wollte. Rödding geht ausführlich darauf ein, dass Luther Psalmen zu Kirchenliedern umgestaltete, zu den großen Festen des Kirchenjahres neue Lieder schrieb und auf die Weiterbildung von Pfarrern durch Lehr- und Katechismuslieder drängte. Zu den einzelnen Aspekten bringt Rödding auch Notenbeispiele.

Bereits zu Luthers Lebzeiten entstehen Gesangbücher mit zahlreichen Liedern des Reformators. Johann Walter gab das erste evangelische Chorgesangbuch heraus und komponierte auch selbst. So wurde das vierstimmige Singen in den Kirchen gefördert. Rödding hebt die Dichtungen Paul Gerhardts hervor und deren Vertonung durch Johann Crüger, sie entsprechen dem markigen Stil der Dichtungen Luthers. Auch auf die Musiker Heinrich Schütz und Dietrich Buxtehude geht der Autor ein. Schütz lagen weniger die Kirchenlieder Luthers am Herzen, wohl aber schuf er Werke zu Bibeltexten in Luthers Übersetzung. Buxtehude dagegen formte in Leipzig viele Lutherlieder in Choralsätze um und komponierte zahlreiche Kantaten und Oratorien. Johann Sebastian Bach hat als  Zwanzigjähriger bei ihm gelernt. Dieses Studium hat Bachs späteres Wirken als Director musices in Leipzig mitgeprägt. Die weltoffene Handelsstadt entfaltete zu Bachs Zeiten ein reiches Kirchenleben, das sich in der Festigung lutherischer Theologie zeigte. Bach ging es darum, für das „reine unverfälschte Luthertum“ im kirchenmusikalischen Leipzig einzustehen.

Luthers Lied „Eine feste Burg ist unser Gott“ widmet Rödding ein eigenes Kapitel. Zur 300-Jahr-Feier der Reformation 1817 wurde Luther als „deutscher Mann“ gerühmt, der alles „Römische“ abgewehrt habe. Sein Lied erhalte Symbol-charakter, „einer Nationalhymne nicht unähnlich“. Als „Marseillaise der Reformation“ hat Heinrich Heine das Lied bezeichnet. In zahlreiche Kompositionen hat dieses Lied Eingang gefunden. Insgesamt eine „zweifelhafte Karriere“.

Rödding schildert auch die intensiven Bemühungen um ein für alle Landesteile einheitliches Kirchengesangbuch – sowohl für die evangelische Kirche als auch für die katholische. Ein Bemühen, das sich über anderthalb Jahrzehnte hinzog. Nun liegt jeweils eine Sammlung von alten, aber auch neuen Liedern vor, die sich im Gottesdienst bewähren müssen. Die meisten Werke Luthers und Gerhardts werden dem Anspruch, klassisch zu sein, standhaft gerecht bleiben.

Wilfried Hilker (RC Bielefeld)


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